Bis zur buchstäblich letzten Sekunde der Nachspielzeit hatten sich die Würzburger Kickers gegen die 1:2-Niederlage gegen Drittligist FC Ingolstadt gewehrt. Nein, diese Titelchance einfach so vorbeiziehen lassen, wollten sie nicht. Als dann das Finale des Toto-Pokal-Wettbewerbs vorüber war, der Gegner mit dem Pott vor den mitgekommenen Fans jubelte, ging der Blick aber wieder nach vorne. "Gebt alles für den Traum!", sang der eigene Anhang und: "Rot-Weiß in Liga drei!"
Angreifer Saliou Sané, der bei einer ganzen Flut an Kickers-Torchancen an diesem Nachmittag einen Treffer erzielt hatte, stand mit seiner Erinnerungsmedaille an dieses Endspiel am Hals auf dem Rasen. "Die wichtigen Spiele kommen jetzt", sagte er: "Den Pokalsieg hätten wir gerne mitgenommen. Aber es hat halt leider nicht geklappt." Was also bleibt an Erkenntnissen vor den Drittliga-Aufstiegsspielen gegen Hannover 96 II am Mittwoch (19 Uhr) und Sonntag (13.30 Uhr), den bedeutendsten Kickers-Partien seit Jahren?
Die Form stimmt
Die Kickers scheinen tatsächlich genau zum richtigen Zeitpunkt in Top-Form zu sein. Wie die Mannschaft von Trainer Marco Wildersinn die Defensive des FC Ingolstadt zeitweise durcheinanderwirbelte, das war beeindruckend. Und nicht nur das. Auch in der Defensive agierten die Rothosen über weite Strecken der Partie äußerst aufmerksam. Dass die zweite Halbzeit, nachdem die Kickers den ersten Durchgang komplett dominiert hatten, etwas ausgeglichener verlief, wunderte Trainer Wildersinn nicht.
"Eine solche Intensität über 90 Minuten durchzuziehen, ist Ingolstadt aus der Liga eher gewohnt. Dass man deren Physis, ihre Körperlichkeit in der zweiten Halbzeit eher spürt, war klar. Aber wir haben uns auch da gut gewehrt", sagte er. Und ein Chancenplus verzeichneten die Würzburger auch nach der Pause. Am Ende war nur die fehlende Effizienz vor dem gegnerischen Kasten zu kritisieren, ansonsten war es trotz der Niederlage ein starker Kickers-Auftritt.
Die Chancenverwertung bleibt ein Problem
Es zieht sich wie ein Roter Faden durch diese Saison: Die Kickers müssten, gemessen an den klaren Torchancen, die sie sich erspielen, eigentlich deutlich häufiger treffen. Am Samstag hatten sie Gelegenheiten für vier oder fünf Treffer. Regelmäßige Trainingsbeobachter wissen, dass Torabschlüsse eigentlich immer zum Übungsprogramm gehören. Was also tun? "Die Jungs sollen sich keinen Kopf machen", sagte Wildersinn: "Manchmal klappt es besser, manchmal schlechter. Dominik Meisel zum Beispiel hat zuletzt oft getroffen. Gegen Ingolstadt wollte der Ball einfach nicht rein."
Am Ende gehe es darum, sich möglichst viele Gelegenheiten zu erspielen, dann steige auch die Wahrscheinlichkeit auf Tore. "Wenn wir am Mittwoch genauso auftreten, dann haben wir womöglich noch mehr Chancen und dann schießen wir auch mehr als ein Tor", ist Widersinn überzeugt.
Von Nervosität spricht niemand
"Mit Freude" gehe man nun die entscheidende Woche an, sagte Wildersinn. Die besondere Drucksituation, dass sich in zwei Spielen entscheidet, ob die Aufbauarbeit der vergangenen beiden Jahre belohnt wird, scheint derzeit noch keinen Akteur besonders zu belasten. Jeder Spieler solle in den kommenden Tagen "schauen, was ihm guttut", betonte Wildersinn: "Vielleicht macht ja der ein oder andere Yoga." Er selbst will sich indes lieber in die Analysearbeit stürzen: "Ich weiß, wie Hannover spielt. Nun geht es darum, das Wichtigste herauszufiltern, was ich an die Mannschaft weitergebe."
Die Stimmung im Umfeld steigt
Mehr als 4000 Zuschauende waren – gemessen daran, dass es im Toto-Pokal-Finale um nichts mehr ging – eine ordentliche Zuschauerzahl, sind aber kein Vergleich damit, was am Mittwoch am Dallenberg los sein wird. Der Heimbereich für das Relegations-Hinspiel ist annähernd ausverkauft. Lediglich für Stehplatz-Block 4a auf der Gegentribüne gibt es noch Restkarten.
Viele Spieler besitzen schon Drittligaformat
Im Hintergrund laufen inzwischen auch die Personalplanungen für einen möglichen Aufstieg. "Gute Aufschlüsse" habe der direkte Vergleich mit einem Drittligisten gegeben, fand auch Trainer Wildersinn. Wirklich abgefallen ist am Samstag nämlich kein Kickers-Akteur. Einen so groß gewachsenen Akteur wie Torschütze Ryan Melone haben die Kickers nicht im Kader.
"Natürlich wollen wir die guten Spieler behalten. Alle werden wir aber nicht behalten können. Ivan Franjic verlässt uns ja", sagte Wildersinn: "In einigen Bereichen müssten wir für die 3. Liga auch nachlegen. Dass wir uns in Zukunft mit Drittligisten messen dürfen, müssen wir uns in den nächsten acht Tagen verdienen. Darauf konzentrieren wir uns jetzt erst einmal."
Fußball, Toto-Pokal-Endspiel:
Würzburger Kickers - FC Ingolstadt 1:2 (1:1)
Würzburg: Friedsam - Montcheu (79. Hemmerich), Kraus, Hägele, Kurzweg - Franjic, Zaiser (84. Sausen), Meisel (79. Wessig) - Karimani (75. Junge-Abiol), Sané, Moll (59. Caciel).
Ingolstadt: Funk - Deichmann, Malone, Lorenz, Costly - Kopacz, Fröde, Keidel (43. Seiffert), Kanuric - Andersen, Testroet (67. Kügel).
Schiedsrichter: Lothar Ostheimer (Pfaffenhofen a. d. Ilm)
Zuschauende: 4131.
Tore: 1:0 Saliou Sané (25.), 1:1 Sebastian Groenning (45.+1), 1:2 Ryan Melone (81.).