
Eine Feuerwehrmann-Anekdote: Am 13. April 2000 übernahm Trainerlegende Udo Lattek fünf Spieltage vor Saisonende die stark abstiegsbedrohte Borussia Dortmund. Laut Experten war dem Klub diese Lattek'sche Rettung eine Summe jenseits der Millionengrenze wert.
Für den Randersackerer Sportleiter Jochen Gruß ist das selbstverständlich eine andere Welt. Parallelen gibt es trotzdem: Die SG möchte nach ihrem Kreisliga-Aufstieg in der Relegation Ende Mai vor einem Jahr den sofortigen Wiederabstieg verhindern. Die Randersackerer Führung zauberte dafür eine überraschende Lösung bis zum Saisonende aus dem Hut. Und einer fungiert als Feuerwehrmann.
Sechs Punkte fehlen Randersacker auf einen Nichtabstiegsplatz
Die SG Randersacker löste die Fahrkarte zur Kreisliga in der Relegation. Aktuell müsste sie sich ihr Ticket erneut in dieser verdienen. Sechs Punkte fehlen auf einen Nichtabstiegsplatz, ebenso groß ist der Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. In den vergangenen zehn Spielen sprangen aber nur zwei magere Punkte heraus.
Aufstiegstrainer Sven Krönlein machte den Weg, nachdem er ohnehin zum Saisonende aufgehört hätte, kürzlich vorzeitig frei, um für die Mannschaft im Abstiegskampf einen neuen Impuls zu ermöglichen. Jedoch war guter Rat teuer – allerdings nicht in monetärer Hinsicht wie beim Dortmunder Lattek-Coup.
Gruß setzte in Windeseile ein neues Trainerduo ein. Als Co-Trainer fungiert weiterhin Spieler Jeffrey Karl. Der 31-Jährige, langjähriger Landesliga-Fußballer bei der TG Höchberg, erzielte in dieser Saison wie Mitspieler Jens Müller bislang elf Tore. Beide zusammen markierten fast zwei Drittel aller Tore des Tabellen-14. Was ihre Wichtigkeit für die Mannschaft unterstreicht.
Thomas Hess unterstützt Jeffrey Karl von der Seitenlinie aus
Aus familiären und beruflichen Gründen bat Karl jedoch um eine Unterstützung, daraufhin warfen die Verantwortlichen ihre Angel noch mal aus und zogen einen "dicken Fisch" ans Mainufer: Thomas Hess ist nicht nur ein in Randersacker noch sehr gut bekannter, sondern auch ein Trainer mit großer Erfahrung.
Als Spieler war Hess wie Karl in der Landesliga unterwegs. Mit dem Würzburger FV verpasste der 48-Jährige 1997 und 1998 in der Relegation den Bayernliga-Aufstieg. Dies gelang ihm 2002 mit dem TSV Gerbrunn. Als Trainer hievte Hess unter anderem den Post-SV Sieboldshöhe in die Bezirksliga. Zuletzt war er im Nachwuchsleistungszentrum der Würzburger Kickers aktiv, trainierte die U 13, U 14 und U 15. In der Funktion des Bereichsleiters war er zudem für die U-17-Mannschaft mitverantwortlich.
Seit einigen Jahren stand Thomas Hess allerdings nicht mehr an der Seitenlinie und kann damit auch sehr gut leben: "Der Amateurfußball hat sich grundlegend verändert. Ich möchte einen Trainerjob zwar nicht generell ausschließen, aber da müsste schon viel passen." Was passierte aber, dass er nun in den restlichen acht Kreisliga-Partien dieser Saison bei der SG Randersacker an der Linie steht?
Mannschaft muss im Abstiegskampf näher zusammenrücken
"Ich kenne den gesamten Vorstand aus meiner sportlichen Vergangenheit und privat, teilweise von Kindesbeinen an. Randersacker ist für mich immer die private, bisweilen auch die sportliche Heimat gewesen. Für mich ist diese befristete Aufgabe gut machbar. Wenn noch kein Nachfolger feststehen würde, hätte ich nicht zugesagt." Doch zur neuen Saison übernimmt Thomas Finger, aktuell beim SV Waldbrunn, die SG-Fußballer.
Hohe Erwartungen weist Hess energisch zurück. Es ginge einzig und alleine um die Mannschaft. Zudem habe Jeffrey Karl bislang deutlich mehr Einfluss gehabt, während er sich erst einmal einarbeiten müsse. Karl ist von der Verpflichtung seines Unterstützers absolut überzeugt: "Thomas kann unbedarft an die Sache herangehen, kennt aber trotzdem die Strukturen. Mit seiner Erfahrung und Persönlichkeit erwarte ich einen weiteren Schwung für die Mannschaft, die nun noch näher zusammenrücken muss."
An diesem Spieltag, 16. April, empfängt die SG Randersacker auf der heimischen Sportanlage den Tabellen-Neunten (SG) Oberpleichfeld (15 Uhr). Mit drei Punkten, den ersten seit Mitte Oktober 2022, käme der Aufsteiger seinem Ziel einen großen Schritt näher. Zumindest gelang es zuletzt, mit einem 2:2 in Sickershausen den Abstand auf den Abstiegsplatz zu halten. Und auch die personelle Situation verbessere sich in Kürze, verrät Jochen Gruß: Verteidiger Julian Spöringer und Mittelfeldspieler Sekou Ouattara dürften bald wieder zur Verfügung stehen.