Es ist der 2. September 2021. Donnerstagabend in der Kabine des Fußball-Bayernligisten SV Wüchtelberg. Die Stimmung ist gut. Im August war der Spielplan vollgepackt, drei Englische Wochen in der Liga. Dazu ein Pokalspiel. Insgesamt neun Spiele absolvierten die Wüchtelberger. Sechsmal gewannen sie, dazu kamen zwei Unentschieden und eine Niederlage. Der Manager und gleichzeitige Großsponsor sowie Gönner des Vereins kommt nach dem Training in die Kabine und verteilt Umschläge an die Spieler. Sie sind gut gefüllt mit Punkt- und Auflaufprämien. Dies ist ein fiktives Szenario. Den SV Wüchtelberg gibt es nicht, erst recht nicht in der Bayernliga. Doch der Rest ist real. Wie Recherchen dieser Redaktion zeigen, könnten sich mehrere 100, ja sogar mehr als 1000 Euro in den Kuverts befinden. Auch in Unterfranken gab es das in der Vergangenheit.
Ob das Geld versteuert ist? Unklar. Eine Recherche des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) und des Investigativ-Kollektivs Correctiv (Essen) kommt zu dem Ergebnis, dass an Amateurfußballer in Deutschland jährlich mehr als eine Milliarde Euro gezahlt wird. Etwa die Hälfte davon soll schwarz an die Spieler ausgezahlt werden. Dieses Phänomen scheint in Deutschland bisher nur im Männerfußball vorzukommen. Die an der Umfrage beteiligten Frauen erklärten, dass Bezahlung im Frauenfußball bei den Amateuren nicht vorkommt.
Gut die Hälfte unter der Hand: So viel Schwarzgeld fließt im Männer-Amateurfußball
An einer Online-Befragung im Zuge der Recherchen von Correctiv und RBB haben mehr als 10 000 Amateurfußballerinnen und -fußballer teilgenommen. Davon bilden 8085 Männer im Alter zwischen 18 und 39 Jahre die Stichprobe ab, auf der die Hochrechnung basiert, nach welcher pro Monat mehr als 100 Millionen Euro im deutschen Amateurfußball bezahlt werden.
Laut der Recherche haben 60,2 Prozent der in der Studie Befragten bereits Geld fürs Kicken erhalten, sei es als monatlicher Festbetrag, Punkt- oder Siegprämie. Im Oktober 2020 waren es 36,9 Prozent der Fußballer – vor allem in Deutschlands fünften Ligen, welche regional der Bayernliga entspricht, wird das Kicken entlohnt. Aus der errechneten Stichprobe gaben 90 Prozent der Spieler in diesen Spielklassen an, im Oktober 2020 Geld fürs Fußballspielen erhalten zu haben. Das mittlere Einkommen lag bei monatlich 500 Euro. Auch noch in der achten Liga, in Bayern gleichzusetzen mit der Kreisliga, waren es immerhin noch 36,4 Prozent, die für ihr Hobby bezahlt wurden – mittleres Einkommen hier: 200 Euro im Monat.
Wie die Recherchen von Correctiv und RBB zudem ergeben haben, berichten viele der Teilnehmer davon, dass Geld bar in Umschlägen bezahlt werde. Einigen Spielern ist dabei bewusst, dass es sich um Schwarzgeld handelt. Außerdem: Etwa die Hälfte der Zahlungen soll laut Umfrageteilnehmern nicht schriftlich dokumentiert worden sein beziehungsweise bar stattgefunden haben. Ein nicht namentlich genannter Teilnehmer meint im Rahmen der Befragung: "Eine Sauerei, was hier oft betrieben wird." Im Frauenfußball besteht das Problem derweil eher nicht oder spielt zumindest kaum eine Rolle - das sagen die 170 Teilnehmerinnen der Befragung.
Ein bisschen kicken für den eigenen Bauplatz?
Es ist aber nicht immer "nur" Geld, dass im Amateurfußball für die angeblich schönste Nebensache der Welt den Besitzer wechselt. 18,2 Prozent der Befragten haben schon einmal Sachwerte oder Dienstleistungen entgegengenommen. Beispielsweise ein Auto, einen Nebenjob oder sogar ein Baugrundstück. Und wer würde sich nicht die Fußballschuhe schnüren, um seinen Bauplatz zu bekommen? Aber ist das auch in Unterfranken so? Deutlich wurde in der Recherche, dass Schwarzgeld auf verschiedenen Wegen fließen kann. Mutmaßlich am gängigsten ist der Umschlag mit Bargeld, der im Vereinsheim oder in der Kabine übergeben wird.
Aber auch private Investoren stecken manchmal den Spielern die Euros bar zu. Möglich sind auch Scheinarbeitsverhältnisse beim Team-Sponsor, wobei das Geld zwar auch offiziell den Weg zum Spieler findet, dieser aber nicht dafür arbeitet. Oder Prämien werden mit der Kilometerpauschale gegengerechnet. Die Wege sind also vielfältig, das Gesetz aber ist eindeutig. "Wenn es schwarze Kassen gibt, dann ist das per se schon ein Straftatbestand, nämlich Untreue", erklärt Sportjurist Thomas Summerer im Zuge der Recherche. Ein Spieler kann wegen Steuerhinterziehung bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe erhalten. Außerdem werden diese Recherchen "ein kleines Erdbeben" auslösen, glaubt Summerer.
Zoll: Wie kommt das Geld in die Taschen der Spieler?
Denn dem Zoll in Unterfranken ist das Problem durchaus bekannt, die Handlungsmöglichkeiten sind aber gering. Hinweisen zur Prüfung von Arbeitsverhältnissen geht der Zoll nach. Solche Hinweise bekommt das Hauptzollamt in Schweinfurt aber nur selten. Lediglich ein vergleichbarer Fall wurde in den vergangenen Jahren beim Hauptzollamt Schweinfurt verfolgt. Denn um erfolgreich zu ermitteln, muss der Zoll nachweisen, dass zwischen Spieler und Verein ein nicht angemeldetes Arbeitsverhältnis besteht. Wenn das gelingt, ist nicht nur der Geldgeber oder der Verein dran, sondern auch Spieler, die schwarz erhaltenes Geld nicht bei der Steuererklärung angegeben haben.
Laut Zoll kommt es auch vor, dass Firmen ihr unter der Hand erwirtschaftetes Geld als Sponsoring an Vereine weitergeben. Dieses Geld taucht nirgendwo offiziell auf und kann dann auch schwarz beispielsweise als Prämie an die Spieler weitergegeben werden. Und Firmen können mit Scheinanstellungsverhältnissen (wie oben beschrieben) noch auf einem weiteren Weg profitieren, denn die Unternehmen verringern damit ihren Gewinn und sparen somit am Ende bei der Steuer.
Wie Amateurspieler Geld verdienen dürfen und wie nicht
250 Euro Aufwandsentschädigung dürfen Amateurfußballer steuerfrei verdienen. Spieler, die mehr verdienen, brauchen einen Amateurvertrag, bei dem Steuern und Sozialabgaben fällig werden. Einen solchen haben in Deutschland laut DFB 8000 Amateurfußballer, was nur etwa einem Prozent aller Aktiven entspricht. Auch in Bayern bewegen sich die Zahlen hierzu in diesem Bereich: Auf 131 000 Spieler kommen laut BFV 1500 Amateurverträge. Außerdem können Vereine Spieler auch als 450-Euro-Kraft, als sogenannte Minijobber beschäftigen. Dann werden Abgaben fällig, die sind jedoch geringer. Für den Verein entstehen dann Zusatzkosten in Höhe von etwa 100 Euro. Doch auch dann sind Zusatzzahlungen wie Auflauf-, Punkt- oder Torprämien steuerpflichtig. Diese Sonderprämien müssen Spieler nachträglich versteuern.
Viel wird sich in dieser Beziehung nicht geändert haben wie Gert-raud schreibt, die Einheimischen sind/waren die Dummen
Auch durch ihren Artikel nicht. Fußball macht was er will. Da traut sich keiner richtig ran.
Die Einheimischen Spieler sind meistens die Dummen, die nichts bekommen.