Ein Neuanfang. Der Abstieg als ein Schritt vorwärts. Für die erste Mannschaft des FC Würzburger Kickers Mädchen- und Frauenfußball darf das gelten. In der Saison 2022/23, die an diesem Sonntag, 4. September, mit einem Auswärtsspiel beim SV Frensdorf startet, treten die Kickers-Frauen wieder in der Bayernliga an.
2018/19 spielten sie zuletzt in der höchsten bayerischen Liga, damals noch als SC Würzburg Heuchelhof, ehe sie zu einem drei Jahre andauernden Höhenflug ansetzten: erst Meister in der Bayernliga, dann Dritter in der Regionalliga mit dem Recht, in die zweite Liga aufzusteigen.
Bitterer Abstieg durch ein Eigentor in der Nachspielzeit des Relegationsspiels
Nach zwei unglücklichen Abstiegen, der erste nach einer verschärften Versetzung in dieser zweigeteilten zweiten Liga, der zweite mit einem bitteren Eigentor in der Nachspielzeit des Relegationsrückspiels in Frankfurt, sind sie angekommen in einer Liga, die im Moment ziemlich gut zu den Kickers-Frauen zu passen scheint.
Hier können sich die überwiegend jungen Spielerinnen entwickeln. Kapitänin Maria Pfau ist mit 28 Jahren schon die Älteste im Team, Torfrau Lea Bosse und Nicole Kreußer folgen mit 25 Jahren. Stolz ist der Verein darauf, dass zwölf Jahre nach dem Start des organisierten Mädchen- und Frauenfußballs am Heuchelhof erstmals Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft aufrückten.
Dazu kamen sechs Spielerinnen von anderen Klubs, darunter drei, die zuvor eine Klasse höher spielten. Sie fühlten sich wohl bei den Kickers-Frauen, würden es genießen, dass sich hier mal alles um sie als Fußballerinnen dreht, sagt Heinz Reinders, Vorstandsmitglied beim FC Würzburger Kickers Mädchen- und Frauenfußball, dem inzwischen einzigen Verein in Unterfranken, bei dem es nur von Frauen gespielten Fußball gibt.
Anerkennung, Respekt und Akzeptanz als Antrieb zu starken Leistungen
Viermal in der Woche trainieren die Spielerinnen neben Schule, Studium und Arbeit auf Leistungssportniveau im Sportpark Heuchelhof, der viel zu groß für die Bayernliga erscheint. Dort ist aber auch das Nachwuchsförderzentrum für die Juniorinnen beheimatet. Von der U 8 bis zur U 17 sind die weiblichen Kickers mit Mädchen-Mannschaften vertreten. Der Stammverein bietet auf dem Gelände eine Nachmittagsbetreuung sowie ein Sport- und Bewegungsangebot für Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil an.
Sportlich als Trainer verantwortlich für die erste Mannschaft ist Georg Opfermann mit Co-Trainerin Jovana Markovic und Torwarttrainer Michael Hoffmann. Das Trio ist laut Reinders Teil eines Teams: "Für Spielerinnen muss vor allem das Umfeld passen, damit sie ihre Leistung abrufen können. Wir müssen verstehen, was jede braucht, um Leistungsfußball zu spielen, der sie viel Zeit kostet, aber keinen finanziellen Ausgleich bietet." Umso wichtiger seien Anerkennung, Respekt und Akzeptanz für sie.
Talentierte Spielerinnen, denen sich die Möglichkeit bot, weiterhin höherklassig zu spielen, nahmen diese wahr: Jeannette Harttung wechselte in die zweite Liga nach Ingolstadt, Christina Neufeld in die Regionalliga nach Frankfurt. Bereits in der Winterpause der vergangenen Saison schloss sich Luisa Scheidel dem VfL Wolfsburg II der zweiten Liga an. "Wir legen niemandem Steine in den Weg", sagt Reinders. "Für uns ist das auch eine Auszeichnung unserer Arbeit." Er räumt ein, dass es auch mal Wechsel gab, die "nicht gut moderiert" worden seien.
In Frensdorf, wo die Liga für die Kickers-Frauen startet, traten sie erst vor einer Woche im Verbandspokal an und warfen die Gastgeberinnen um die ehemalige Kickers-Spielerin Marsia Gath mit 8:5 (5:5, 2:2) nach Elfmeterschießen im Achtelfinale aus dem Wettbewerb. Reinders ahnt: "Jetzt wollen sie bestimmt Revanche für das Pokal-Aus nehmen."
Bayernliga bringt weite Fahrten, ist aber sportlich eine reizvolle Aufgabe
Er nennt die Bayernliga einerseits "eine aus finanzieller Sicht unattraktive Liga", denn die Fahrten sind mitunter weiter als in der Regionalliga. Nach Frensdorf und Ebing im Landkreis Bamberg führen die kürzesten Wege, danach folgen Ezelsdorf im Nürnberger Land und Theuern bei Amberg. Ruderting liegt bei Passau nahe der deutsch-österreichischen Grenze, Forstern östlich von München und Bad Aibling bei Rosenheim, die weiteste Strecke: circa 340 Kilometer einfach. Dazu kommen Auswärtsfahrten nach Augsburg, Ingolstadt und zweimal nach München.
Sportlich sei die Bayernliga andererseits als "Ausbildungsliga" sehr reizvoll: "Wir treffen dort auf viele Mannschaften, die schon lange im Kern zusammenspielen und sehr eingespielt sind. Das ist eine spannende Herausforderung. Auch taktisch agieren die Mannschaften sehr unterschiedlich. Dadurch können unsere Spielerinnen lernen, das Spiel der Gegner zu lesen und Lösungen zu finden."
Ziel sei es, die Mannschaft als Ganzes und jede Spielerin für sich weiterzuentwickeln. "Die Liga muss zu unseren Spielerinnen passen", sagt Reinders. Das sei auch die wichtigste Erkenntnis im Auf und Ab der vergangenen vier Jahre gewesen. "Wir haben hier nicht die Mittel, um eine Torjägerin zu holen, die uns nach oben schießt." Sollte sich in der Saison zeigen, dass sie auch eine Liga darüber mithalten und weitere Entwicklungsschritte gehen könnten, wäre das Motivation, wieder in eine höhere Spielklasse zu wechseln.
Kader Würzburger Kickers
Co-Trainerin: Jovana Markovic.
Torwarttrainer: Michael Hoffmann.