Es klingt ein bisschen wie ein Basketball-Märchen: 2007 wurden "die Baskets" in einer Pizza-Bude gegründet. Mittlerweile spielt der Klub, der inzwischen s.Oliver Würzburg heißt, seine siebte Saison in der Basketball-Bundesliga. Und am 1. Mai winkt der erste internationale Titel.
Die Zahl dürfte den flüchtigen Beobachter der hiesigen Basketball-Szene dann doch ein wenig überraschen. Tatsächlich erst zwölf Jahre gibt es sie, "die Baskets", wie die Bundesliga-Korbjäger von s.Oliver Würzburg gemeinhin genannt werden. Vermutlich liegt es daran, dass der Basketball in Würzburg eine Vorgeschichte hat: vor exakt 50 Jahren, in der Saison 1968/69, spielt die TG Würzburg in der damals noch zweigleisigen Bundesliga in der Süd-Staffel, steigt aber sieglos wieder ab.
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30 Jahre später, in der Spielzeit 1998/99, gehen die "DJK s.Oliver Würzburg" mit den "jungen Wilden" um den damals 18-jähigen Dirk Nowitzki in der BBL auf Korbjagd. Es war die erste Blütezeit des Würzburger Basketballs, die bis 2005 andauerte, ehe die "X-Rays" sportlich absteigen und finanziell am Ende sind. Es folgt der untaugliche Neustart-Versuch von Nowitzki-Mentor Holger Geschwinder, mit dem "USC Mainfranken" in der zweiten Liga, der kläglich scheiterte.
Anfänge der Baskets in der Regionalliga
Ein Jahr war der Basketball danach komplett von der Bildfläche verschwunden, ehe im Frühjahr 2007 die Unternehmer Jochen Bähr und Klaus Heuberger, später Geschäftsführer der Landesgartenschau 2018, einen weiteren Versuch wagen, den Spitzen-Basketball in der Domstadt nachhaltig zu etablieren. Legendär ist die Geschichte, dass die beiden Würzburger in einer Pizzabude in der Randersackerer Straße erste Pläne für den Neustart schmieden. Ein halbes Jahr später gehen die "SCH Würzburg Baskets" als Kooperationspartner des SC Heuchelhof in der viertklassigen Regionalliga Südost in der Spielzeit 2007/08 an den Start.
Die Macher geben sich nach den Eskapaden in den zurückliegenden Jahren bescheiden: Binnen fünf bis sieben Jahre wird die Rückkehr in die zweite Liga angepeilt. Doch die Entwicklung überholt schnell die internen Zielvorgaben: nach Rang drei in der Premieren-Saison steigen die Baskets im Folgejahr in die ProB auf, die nur Durchgangsstation ins Basketball-Unterhaus ist: Da Vize-Meister Herten auf den Aufstieg verzichtet, sind die "Würzburg Baskets", wie der Verein in dieser Saison heißt, als Dritter nur drei Jahre nach ihrer Gründung bereits wieder zweitklassig.
s.Oliver wird Haupt- und Namenssponsor der Würzburger Basketballer
Sein Faible für den heimischen Basketball entdeckt 2010 auch das Rottendorfer Mode-Unternehmen s.Oliver wieder. Für zunächst drei Jahre wird es Haupt- und Namenssponsor der Baskets. Das erklärte Ziel: die Rückkehr ins Oberhaus. Die Konkurrenz ist groß, der FC Bayern München, insbesondere Klub-Patron Uli Hoeneß, hat sein Herz für den Basketball entdeckt. Am Ende steigen beide auf, unvergessen die Begegnung vor 12 000 Zuschauern in der ausverkauften Münchner Olympiahalle, darunter mehr als 2000 Baskets-Anhänger.
Mit dem Aufstieg ist den "s.Oliver Baskets" Historisches geglückt: Noch nie zuvor schaffte ein Verein den Durchmarsch von der Regional- in die Bundesliga. "Klassenerhalt" lautet dort das offizielle Saisonziel, doch schnell wird klar, dass der Aufstieg auch in der BBL ungebremst seine Fortsetzung findet. Auf Rang sechs schließen die Würzburger die reguläre Saison ab, in den Play-offs wartet Ex-Serien-Meister Alba Berlin. Am 15. Mai 2012 werfen die Baskets mit einem 66:60 den hohen Favoriten mit 3:1 aus dem Wettbewerb und ziehen ins Play-off-Halbfinale ein, wo sich ratiopharm Ulm als eine Nummer zu groß erweist: 0:3 endet die Serie aus Würzburger Sicht.
Trotz des sportlichen Höhenflugs beurlaubt der Klub den mit einem Zwei-Jahres-Vertrag ausgestatteten Erfolgstrainer John Patrick vier Tage nach Saisonende, von zwischenmenschlichen Problemen ist hinter vorgehaltener Hand die Rede. Im zweiten Erstliga-Jahr 2012/13 betreten die s.Oliver Baskets auf internationalem Parkett Neuland und schlagen sich im zweithöchsten europäischen Wettbewerb, dem "EuroCup" wacker. Immerhin drei Siege in sechs Partien lautet die respektable Bilanz, darunter ein Heimerfolg gegen Valencia. In der Bundesliga verpassen die Baskets hingegen das erklärte Saisonziel Play-offs mit Rang neun – hinzu ziehen dunkle Wolken am Horizont auf.
Streit, Beinahe-Kollaps und Abstieg
In der spielfreien Sommerpause 2013 verkündet Bähr seinen Rückzug. Gegenseitige Schuldzuweisungen mit den Mehrheitsgesellschaftern um Rechtsanwalt Bruno Fraas bestimmen plötzlich die Schlagzeilen des bis dato skandalfreien Klubs. Hinzu tauchen Gerüchte um wirtschaftliche Probleme auf, die im November 2013 konkretisiert werden: Auf 835 000 Euro werden die Schulden beziffert, das sofortige Aus droht. s.Oliver-Chef Bernd Freier und flyeralarm-Boss Thorsten Fischer übernehmen zu je 50 Prozent die Gesellschaftsanteile der "Würzburg Baskets Sport- und Event GmbH" und retten den Klub in letzter Minute vor dem Kollaps.
Die internen Querelen gehen nicht spurlos an der Mannschaft vorbei. Am Ende steigen die Baskets in die ProA ab, rufen umgehend für die Spielzeit 2014/15 die Mission Wiederaufstieg aus "(WUEcomeback") und kehren nur ein Jahr später in die Beletage der Korbjäger zurück ("WUEareback").
Bester Aufsteiger, Bauermann und Benzing
Dort beenden die Baskets mit elf Siegen in 17 Spielen die Hinrunde als bis dato bester Aufsteiger der BBL-Geschichte. In den Play-offs sind die Baskets gegen Bamberg jedoch dreimal chancenlos, und nach einer verkorksten Hinrunde 2016/17 muss Aufstiegs-Trainer Doug Spradley bei "s.Oliver Würzburg", wie der Klub seit Saisonbeginn heißt, seinen Hut nehmen. Nachfolger wird im Januar 2017 Ex-Bundes- und Meistertrainer Dirk Bauermann, der große Ambitionen verkündet: binnen drei Jahren sollen die Baskets in die nationale Spitze vorstoßen, ein "ernsthafter Anwärter auf das Play-off-Halbfinale" werden.
Mit der Verpflichtung von Nationalmannschafts-Kapitän Robin Benzing zur Saison 2017/18 gelingt den Baskets ein echter Coup, doch sportlich hinken sie den hohen Erwartungen hinterher. Am Ende verpassen sie als Neunter die Play-offs, Bauermann hatte schon zuvor seinen Abschied nach China bekanntgegeben. Nachfolger wird sein Ex-Zögling Denis Wucherer, der nach Startschwierigkeiten die Mannschaft im siebten Erstliga-Jahr des Klubs im Dunstkreis der Play-offs etabliert – und ins Finale des Fiba Europe Cup-Wettbewerbs führt. Der Titelgewinn wäre für s.Oliver Würzburg der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die nicht frei von Rückschlägen ist, im langfristigen Trend aber eine klare Tendenz aufweist: nach oben.