Ein Schrei sagte alles: Als Marino Mallwitz in der letzten Auszeit, 29 Sekunden vor Schluss, sein Tor verließ, um sich im Kabinengang seinen Frust von der Seele zu schreien, stand schon das Endergebnis auf der Anzeigentafel in der s.Oliver Arena: 18:20. So knapp verloren die Handballer der DJK Rimpar Wölfe am Mittwochabend das Spitzenspiel des vierten Spieltages in der Zweiten Bundesliga gegen Spitzenreiter ASV Hamm-Westfalen und rutschten in der Tabelle von fünf auf acht. "Wir hätten das Ding gewinnen können", wusste Rückraumspieler Benedikt Brielemeier.
Trotz roter Corona-Ampel und einer Inzidenz von 72,7 in Würzburg waren 500 Zuschauer zugelassen. 350 Fans kamen. Sie mussten auch auf ihren Plätzen Masken tragen, wurden aber mit einer rasanten und rassigen Partie entschädigt.
Die Chancen für die Rimparer waren vor dem Anpfiff nicht allzu hoch gewesen. Zum einen, weil die Hammer mit ihrem hochkarätigen Kader zu den Aufstiegsfavoriten zählen. Zum anderen, weil die Wölfe personell geschwächt aufliefen. Neben Lukas Siegler fielen auch noch Rechtsaußen Julian Sauer und Torwart Andreas Wieser aus. Beide haben sich im Derby beim TV Großwallstadt am Samstag verletzt.
Wieser leidet nach einem Kopftreffer an einer Einblutung am Auge, Mallwitz war zwischen den Pfosten auf sich alleine gestellt. Er erledigte seinen Job verlässlich, parierte unter anderem zwei Siebenmeter. Sauer laboriert an einer Adduktorenverletzung. Er wurde würdig von Felix Karle vertreten.
Der 20-jährige führte sich gleich gut ein: Er traf nach 1:3-Rückstand per Konter zum ersten Ausgleich (3:3). Noch einmal legten die Roten vor, doch der abermals starke Tommy Wirtz erzielte per Konter die erste Führung für seine Farben (11.) und läutete damit die Wende ein.
Mit Leidenschaft und Disziplin
Die Rimparer kämpften sich mit Leidenschaft in der Abwehr in dieses "Kampfspiel", wie ASV-Trainer Michael Lerscht es nannte ("Zwischen der 15. und 45. Minute war es schwierig für uns.") Hinten zwangen sie den torgefährlichen gegnerischen Rückraum zu Fehlern, vorne erzwangen sie sowohl über schnelles Umschaltspiel als auch mit Tempo, Konzept und Disziplin im Positionsangriff gegen den hünenhaften Hammer Mittelblock ihre Chancen. Der ebenfalls erst 20 Jahre junge Yonatan Dayan zeigte - mit Verlaub - Eier statt Nerven und zog mutig die Strippen.
Nach einem 4:0-Lauf stand es 7:5 (17.), kurz darauf zauberten die Wölfe durch einen Heber von Kreisläufer Michael Schulz erstmals einen Drei-Tore-Vorsprung her (9:6, 20.). Hamm blieb in dieser Phase zehn Minuten ohne Treffer. Für Rimpar dagegen gab es donnernden Szenenapplaus von den Rängen - und fast fühlte es sich zwischendrin wie ganz normaler Handball an.
Spannung bis zum Schluss
Beim 12:9 zur Pause war die Frage: Würde die Kraft der Wölfe reichen? Erneut erwischten die Westfalen den besseren Start und glichen aus (35.). Beide Teams kämpften hart und teils hektisch. Noch einmal verschafften sich die Unterfranken etwas Luft (17:15, 42.), doch mit Beginn der Crunchtime übernahm der ASV erstmals wieder die Führung (17:18, 50.).
Vor allem die Flügelzange zwickte nun zu, erzielte sieben Tore - und damit mehr als alle Rimparer nach der Pause zusammen, die nur noch auf die Hälfte ihrer Treffer der ersten Halbzeit kamen. Das gab letztlich mit den Ausschlag in der spannenden Partie. "Wir hatten hintenraus nicht mehr die Energie und haben ein paar Bälle zu viel weggeworfen und verworfen", sagte Brielmeier. Es fehlte nun an Durchschlagskraft und Effektivität. Der Rimparer Rückraum, er war platt.
Warum wechselte Klatt nicht mehr?
Schwer nachzuvollziehen, warum DJK-Trainer Ceven Klatt nicht zwischendurch wechselte, obwohl er mit Linksaußen Dominik Schömig noch einen frischen Spieler auf der Bank hatte, der zuletzt stets einige Minuten gut auf der Mitte ausgeholfen hatte. Danach gefragt, antwortet Klatt: "Es war Hamm. Ich habe nicht gesehen, dass Domi uns heute hätte helfen können." Auch Steffen Kaufmann wurde erst am Ende auf Halbrechts noch kurz von Lukas Böhm entlastet. Valentin Neagu kam wie Schömig nicht zum Einsatz.
Zum Abschluss der ersten englischen Woche dieser Saison reisen die Rimparer am Samstag nach Fürstenfeldbruck. Beim Aufsteiger stehen ihre Chancen von vornherein deutlich besser.