Reibung schafft Wärme. Das gilt auch für die Präsidenten der Golfclubs Würzburg (GCW), Kitzingen und Schloss Mainsondheim. Ein – längst beigelegter – (Wett)Streit zwischen Bernhard May und seinen Kollegen Jürgen T. Knauf und Peter Siegel aus dem vergangenen Jahr hat nicht nur eine konstruktive Wendung genommen, sondern auch zu einem konkreten Ergebnis geführt: einer Kooperation zwischen ihren Clubs - und sogar zwei weiteren. Zusammen mit den Präsidenten der Clubs Main-Spessart Marktheidenfeld-Eichenfürst und Steigerwald (Geiselwind), Rainer Herold und André Göpfert, haben die drei am Freitag bei einem Pressegespräch im Würzburger Clubhaus eine Partnerschaft vorgestellt, mit der sie den Golfsport in der Region fördern und ihren Mitgliedern Mehrwerte bieten wollen. "Das schaffen wir als Gemeinschaft besser als jeder für sich", sind sie überzeugt. Die gleichberechtigten Clubs bleiben dabei souverän und auch Mitbewerber am Markt.
Vernetzung von Sport und Tourismus
"Weinfranken Golf" haben die fünf ihr Projekt genannt, das sowohl einen sportlichen als auch einen touristischen Ansatz verfolgt und der Vernetzung der Clubs untereinander sowie mit Hotels, Restaurants und Weingütern dient. Sie möchten, zusammen und jeder für sich, golfspielende Gäste und neue Mitglieder gewinnen. Letztere profitieren, indem sie die Anlagen der Kooperationspartner gegen eine vergünstigte Greenfee nutzen und ab 9. Mai an einer 15 Turniere umfassenden Serie um den "Weinfranken Cup" teilnehmen können, bei der nur Startgeld anfällt. "Das soll das Miteinander fördern, das es bisher nicht gab", erklärt Herold. "Und der Tourismus in der Region soll durch unsere Sportart befeuert werden", ergänzt Knauf, der schon von einer "Golfdestination" träumt, wie man sie etwa am Gardasee findet.
Keine Vorwürfe von Abwerbung mehr
May gesteht angesichts der Tatsache, dass ihm Knauf und Siegel im Sommer 2018 aufgrund einer Werbeaktion des GCW noch "Wildern in der Region" und "aggressives Abwerben" von Mitgliedern vorgeworfen hatten: "Ich war nach der Vorgeschichte skeptisch." Doch bereits im November hatten sich die drei ausgesprochen, "das Buch 2018 geschlossen", wie sie am Freitag einträchtig erklären. "In der Vergangenheit haben wir mehr gegen- als miteinander gearbeitet", so May bei der Eröffnung des Pressegesprächs in gelöster Atmosphäre. "Heute brechen wir gemeinsam in die Zukunft auf."
Längst sind alle per Du und haben die Partnerschaft seit Anfang Januar zusammen auf den Weg gebracht. Herold und Göpfert bestätigen, dass "ein sehr positives Gesprächsklima" vorherrsche: "Es ist kein Misstrauen mehr da", so der Präsident aus Main-Spessart. Ihre aller Hoffnung nun: mehr Einnahmen und eine andere, nämlich bessere und breitere Wahrnehmung des Golfsports in der und für die Region.
Natur entlang des A3-Asphalts
Wer in der Republik vom Norden in den Süden, vom Westen in den Osten oder in umgekehrter Richtung reist, "der kommt früher oder später genau bei uns vorbei", heißt es auf der Hompage weinfranken-golf.de, und weiter: "Zwischen Frankfurt und Nürnberg gibt es nicht nur Asphalt, sondern herrlich viel Natur mit Kultur, Golf und Wein." Ein Blick auf die Karte zeigt: Die Anlagen der Kooperationspartner reihen sich wie Perlen auf eine Kette entlang der A3.
Golfsport fristet Nischendasein
Gemeinsam ist ihnen nicht nur die regionale Nähe innerhalb der landschaftlich reizvollen Weinregion Franken, sondern - wie sie es positiv ausdrücken - "das Potenzial" ihrer Sportart und auf ihren Anlagen. Man könnte auch sagen das Nischendasein, das vielen Golfclubs zu schaffen macht. Der GCW etwa hat laut May eine Auslastung von 20000 Runden pro Jahr hat - und Potenzial für 50000 weitere. "Wir haben alle noch genügend Kapazitäten für Mitglieder und auf den Plätzen", versichert Siegel. "Die Kultur, dass Golf ein Allgemeinsport ist wie in zum Beispiel in Schweden, ist in Deutschland leider noch nicht da", ergänzt Göpfert.
Angestrebter Imagewechsel: Hip und cool statt elitär
Die Präsidenten verhehlen nicht, dass "der Golfsport selbst einiges für sein negatives Image getan hat", so May. "Wir wollen ihm das Elitäre wegnehmen", kündigt Siegel an, und Knauf geht sogar noch weiter: "Wir wollen zeigen, dass Golf jung und hip und cool und sein kann." Für das Logo von "Weinfranken Golf" habe man daher auch nicht etwa "einen Golfer mit einer Rolex am Handgelenk" gewählt, sondern einen in sportlicher Pose. "Billig" werde ihre Sportart aufgrund der Kosten, die allein für die Instandhaltungen der Anlagen anfielen, freilich nie werden können, aber "erschwinglich für Durchschnittsbürger".
Jeder Club geht auch eigene Wege
Abseits der Kooperation geht jeder der fünf Clubs, die trotz ihrer jeweiligen 18-Loch-Anlagen etwas anders aufgestellt sind, auch eigene Wege zum angestrebten Imagewandel. Drei Beispiele: Der GC Kitzingen bietet Turniere für Noch-Nicht-Golfer an, "No-Ni-Gos", wie Knauf sie nennt, die auch als Teamevents bei Firmen Anklang fänden. Der GC Marktheidenfeld veranstaltet an je einem Sonntag in den nächsten vier Monaten einen Erlebnistag für die ganze Familie. Und der GC Steigerwald verfügt seit ein paar Jahren einen öffentlichen Sechs-Loch-Platz, der ohne Mitgliedschaft, nur gegen eine Gebühr öffentlich nutzbar ist.
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Um ihre Partnerschaft auch auf dem Platz zu leben, würden die Präsidenten, die es übrigens auf ein durchschnittliches Handicap von 14 bringen, gerne mal ein Turnier zusammen spielen. Allerdings scheitert das am Reglement, das nur Flights (Gruppen) von maximal vier Personen erlaubt. Ihre neue Harmonie soll das nicht stören.
In den Kooperationsclubs von „Weinfranken Golf“ – Würzburg (930), Kitzingen (730), Schloss Mainsondheim (600), Main-Spessart (615) und Steigerwald (600) – haben insgesamt 3475 Menschen eine Mitgliedschaft, etwa ein Drittel davon sind Frauen. Ihr Altersdurchschnitt beträgt zwischen 50 (Würzburg, Kitzingen, Steigerwald) und 56 Jahre (Mainsondheim, Main-Spessart).
Bundesweit 730 Golfanlagen gibt es nach Angaben des DGV aktuell ,174 davon in Bayern. Die fünf Clubs von „Weinfranken Golf“verfügen jeweils über eine 18-Loch-Anlage. „Allerdings ist Golf aus Zeitgründen heute nur noch einen Neun-Loch-Sportart“, sagt Bernhard May, Präsident des Golf Club Würzburg (GCW). „Mehr als untereinander stehen wir mit dem völlig veränderten Freizeitverhalten der Menschen und der heutigen Wisch-und-weg-Mentalität im Wettbewerb. Wäre Golf eine App, wäre er wesentlich populärer“, glaubt May.
Der GCW verfügt im Vergleich zu seinen Partnerclubs über ein Alleinstellungsmerkmal: Er gehört zu den 35 „Leading Golf Courses of Germany“. Die Clubs in Kitzingen, Mainsondheim und Main-Spessart sind Mitglieder im Verbund Golf-Region Franken, der 18 Anlagen umfasst.
Im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) belegte der Deutsche Golf Verband in einer mit Mitgliederzahlen aus 2018 erstellten Rangliste Platz neun – hinter den Verbänden von Fußball (mehr als sieben Millionen), Turnen, Tennis, Schützen, Deutscher Alpenverein, Leichtathletik, Handball und Reiten sowie unter anderem vor denen von Schwimmen, Tischtennis, Ski, Volleyball und Basketball (rund 208 000).