In dieser an Erfolgserlebnissen bislang randvollen Saison der Würzburger Kickers, erscheint vieles selbstverständlich. Dass der Klub, auch wenn er zwei Spiele weniger absolviert hat als Verfolger DJK Vilzing, mit drei Zählern Vorsprung an der Tabellenspitze der Fußball-Regionalliga steht. Und auch, dass die Rothosen am Samstag durch das Halbfinal-1:0 (0:0) beim Bayernligisten FC Pipinsried das Endspiel des Toto-Pokal-Wettbewerbs erreicht haben. Logisch, die Kickers, ist dann oft zu hören, seien ja auch Profis und die meisten Gegner eben echte Amateure. Da dürften die Siege doch gerne auch etwas eindeutiger und souveräner ausfallen, als der im TV-Spiel am Samstag.
Wer so redet, übersieht freilich, dass einige bayerischen Profiteams froh wären, wenn sie im Toto-Pokal-Wettbewerb noch im Rennen wären: der TSV 1860 München, zum Beispiel, der selbst im Viertelfinale in Pipinsried scheiterte, aber auch die anderen Drittligisten aus Unterhaching und Regensburg, die in diesem Wettbewerb schon vorzeitig die Segel streichen mussten. "Man hat nicht so oft die Chance, einen Titel zu gewinnen. Deshalb sollte man jede Gelegenheit dazu am Schopfe packen", sagte Trainer Marco Wildersinn.
Klar, im Vergleich zum großen Ziel Drittliga-Aufstieg könnte man den bayerischen Pokalwettbewerb leicht gering schätzen. Umso bemerkenswerter ist es, mit welcher Ernsthaftigkeit sich die Rothosen bis ins Finale durchgekämpft haben, wo sie entweder auf Liga-Kontrahent FV Illertissen, offiziell ein Amateurteam, oder die Profis von Drittligist FC Ingolstadt treffen. Das zweite Halbfinale steigt am 9. April. "Es war nicht das erste komplizierte Spiel", stellte Wildersinn in Pipinsried fest und dachte dabei vor allem an das 1:0 beim mittelfränkischen Landesligisten SC Großschwarzenlohe im Viertelfinale.
Schon wieder ein Standardtor
Glänzen, so die Botschaft, kann man bei solchen Pflichtaufgaben nur selten. "Ich will dieses Spiel nicht zu hoch hängen. Klar hätten wir einige Dinge besser ausspielen können. Das wirkte manchmal schlampig. Aber am Ende geht es in solchen Spielen um den Willen", stellte Kapitän Peter Kurzweg fest. Er hatte höchstselbst per Kopf nach einer Ecke von Dardan Karimani per Kopf das entscheidende 1:0 erzielt (71.). Nicht zum ersten Mal in dieser Saison war es also ein Standardtor, das den Kickers den Weg bereitete. Eine ganz besondere Stärke der Rothosen, die gerade bei schwierigen Platzverhältnissen wie am Samstag immer wieder zum Tragen kommt.
Überhaupt sind es oft die scheinbar einfachen Dinge, die die Kickers besonders gut machen. Am Samstag war es die Absicherung gegen Konter, die dem Außenseiter fast alle Chancen schon im Ansatz raubte. Dabei, und das ist dann doch eine für die Restsaison wertvolle Erkenntnis, machte es auch nichts, dass drei von vier Innenverteidigern ausfielen. Lukas Gottwalt ist nach seiner Muskelverletzung im Oberschenkel noch lange außen vor. Und auch die Zwangspause von Daniel Hägele wird wohl noch länger dauern. Der Routinier habe nach seinem Muskelriss in der Fußsohle nach wie vor Probleme, verriet Wildersinn. Weil Marius Wegmann für die restliche Pokalsaison, also auch für das Endspiel, rotgesperrt ist, improvisierte Wildersinn in Pipinsried.
Tim Kraus, zuletzt wegen einiger kleiner Wehwehchen immer wieder außen vor, rückte auf die zentrale Rolle in einer Dreierkette und lieferte eine Top-Leistung ab. Der gelernte Mittelfeldspieler überzeugte mit gutem Kopfballspiel, viel Übersicht und strahlte vor allem so viel Ruhe und Souveränität aus, dass die Gastgeber nicht so recht an ihre Chance zu glauben schienen. Pipinsried, das neben den Münchner Löwen auch die Regionalligisten FC Memminen und Wacker Burghausen ausgeschaltet hatte, blieb letztlich harmlos.
Dass die Kickers im vierten Pflichtspiel des Jahres zum dritten Mal ohne Gegentor blieben, zeigt, dass sie im Defensivverbund nicht von der Klasse einzelner Spieler abhängig sind. Ob die Dreierkette auch in der Liga öfter eine Option ist? "Es ist gut, dass wir dieses System auch drauf haben", sagt Wildersinn. Letztlich habe das gewohnte 4-3-3 aber den Vorteil, dass damit die Kickers-Offensivstärke auf den Flügel besser zum Tragen komme.
Damit war das Pokalspiel in Pipinsried schnell abgehakt. Der Finaleinzug auf der Habenseite dieser bislang so außergewöhnlichen, weil nach wie vor ungeschlagenen Saison verbucht. Blieb noch die Frage, ob Wildersinn einen Wunschgegner für das Endspiel, das am 25. Mai am Dallenberg steigt, hat. "In den Runden zuvor habe ich immer FV Illertissen gesagt, weil wir mit dem aus dem Halbfinale in der letzten Saison noch eine Rechnung offen haben. Jetzt sind wir schon im Endspiel. Da ist es mir egal."
Fußball: Toto-Pokal Halbfinale, Männer
FC Pipinsried - FC Würzburger Kickers 0:1 (0:0)
Pipinsried: Retzer - Greifenegger, Lobenhofer, Willibald - Mayer, Gutia, Rodriguez-Benitez (78. Wiegart), Benko, Gutia, Gerstmeyer, Keßler (85. Scintu) - Conti (46. Kampmann).
Würzburg: Hipper - Scholz, Kraus, Kurzweg - Montcheu (80. Haas), Zaiser (90.+1 Meisel), Wessig, Junge-Abiol (72. Hemmerich), Karimani (72. Franjic) - Caciel (82. Sausen), Sané.
Schiedsrichter: Lothar Ostheimer (Pfaffenhofen). Zuschauende: 1020. Tor: 0:1 Peter Kurzweg (71.).