Es gibt Menschen, die man auf Anhieb mögen muss. Giada Glaser ist so ein Mensch. Extrovertiert, humorvoll, schlagfertig. Wann und wie sie zum Fußball gekommen ist? "Ich stand schon vor meiner Geburt auf dem Sportplatz", sagt die junge blonde Frau im roten Langarm-Trikot und kurzen schwarzen Hosen trocken. Erklärend schiebt sie nach: "Im Bauch meiner Mutter. Die hat bei unserem Ortsturnier 2003 hier ihre Wehen bekommen."
Hier, das ist der Fußballplatz des 1. FC Kirchheim, auf dem an diesem sonnigen Juli-Nachmittag die Ruhe vor dem Trainingssturm am Abend herrscht. Zwar kam Giada Glaser dort nicht zur Welt – ihre italienische Mama, der die Tochter ihren Vornamen zu verdanken hat, schaffte es noch in die Uniklinik nach Würzburg. Giada Glasers Welt ist dieser Ort trotzdem geworden.
Mit fünf Jahren begann sie, in Kirchheim Fußball zu spielen – "so früh, wie es ging. Quasi alle im Verein kennen mich von Kind auf, auch durch meinen Papa, der lange Trainer war, und durch meine Oma." Sie deutet in Richtung eines kleinen Gebäudes neben dem Spielfeld. "Oma hat früher die Würstchenbude geschmissen." An diesem Sonntag, 21. Juli, feiert Giada Glaser hier ihren 21. Geburtstag. Wie im Prinzip jedes Jahr während des traditionellen Ortsturniers.
Aus Spaß in der Jugend mit den Jungs wird nun Realität
Eine Woche später, am ersten August-Wochenende, beginnt ein Abenteuer für die Halbitalienerin: Sie startet mit der zweiten Mannschaft ihres Heimatvereins in der B-Klasse Würzburg 2 in die Saison. Als deren Trainerin. "Vor ein paar Jahren hab' ich zu meinen Jungs gesagt, mit denen ich bis 16 zusammengespielt habe: Irgendwann trainiere ich euch. Tja, jetzt ist aus Spaß Realität geworden. Sie haben es gut aufgenommen."
Alexander Münz übernahm die Erste in der Kreisklasse Würzburg 1. Er leitet auch das Training für den insgesamt 32 Spieler starken Kader. Da Giada Glaser noch mitten in der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten am Landratsamt Würzburg steckt und selbst noch spielt, "kann ich keine Einheiten organisieren". Wenn es zeitlich möglich ist, wie in der Vorbereitung, unterstützt sie Münz aber als Co-Trainerin. An Spieltagen trägt sie die Verantwortung für die Zweite, in der der jüngste Spieler 17 und der älteste 41 Jahre alt ist: "Ich stelle auf, lege die Taktik fest und kümmere mich auch um alles Organisatorische."
Trainerinnen von Männermannschaften im ländlichen Raum selten
Fußball-Trainerinnen von Männermannschaften sind – spätestens seitdem Sabrina Wittmann im Mai beim Drittligisten FC Ingolstadt erste Cheftrainerin der Profis wurde – keine Sensation mehr. Aber in Amateurvereinen im ländlichen Raum sind sie doch eher selten wie vierblättrige Kleeblätter. In Geroldshausen, nur fünf Kilometer von Kirchheim im Landkreis Würzburg entfernt, trainiert mit Sabine Heldt ebenfalls eine Frau die Herren zwei. Nur ist die nicht mehr blutjunge 21.
Dass Giada Glaser Trainerin geworden ist, daran habe Benjamin Geiger wesentlichen Anteil, sagt sie. Er war schon in der Jugend ein Jahr lang ihr Coach, heute ist er es bei den Frauen des SV Bütthard. Für den Bezirksligisten steht die Anhängerin des FC Bayern München und der AC Milan im Tor. "Durch Benjamin habe ich gemerkt, dass es auch mir Spaß macht, anderen etwas zu erklären." Sie ergänzt: "Ich hab' allgemein fußballerisches Verständnis – nicht nur am Fuß, auch im Kopf. Ich kann Taktiksachen ganz gut. Das ist cool." Giada Glaser ist auch cool.
Giada Glaser ist auch Co-Trainerin von Alexander Münz
Im Herbst 2023 stieg sie mit dem Lehrgang zum DFB-Basis-Coach in die Trainerinnenausbildung ein, im Frühjahr 2024 absolvierte sie die C-Lizenz. Beides in Kursen, die der Bayerische Fußball-Verband (BFV) speziell nur für Frauen anbot, um mehr von ihnen zu werben. Dafür trug der BFV die Kosten.
Eigentlich habe sie erst eine Jugendmannschaft im Verein trainieren wollen, aber dann suchte der 1. FC Kirchheim Verantwortliche für die erste und zweite Männermannschaft. Giada Glaser bot sich für die Reserve an. "Giada liebt Fußball, ist sehr wissbegierig und ehrgeizig", beschreibt Alexander Münz seine junge Kollegin, als er an diesem Nachmittag auf den Sportplatz kommt. "Sie macht eine gute Figur in ihrer Rolle."
"Wir sind eine große Freundesgruppe"
Was Giada Glaser an ihrer neuen Aufgabe reizt? "Ich sag' mal so: Ich hätte mich nicht auf eine Anzeige als Trainerin irgendeiner dahergelaufenen zweiten Mannschaft beworben. Ich konnte mir das hier gut vorstellen, weil ich die Jungs fast alle kenne – und fast alle kennen mich. Wir sind eine große Freundesgruppe." Daher fürchte sie keine frauenabwertenden Sprüche und glaube auch nicht, dass sie sich erst Respekt verschaffen müsse. Sie gehe davon aus, dass ihr Geschlecht keine Rolle spiele.
Wovor sie dennoch Respekt hat? "Ich hoffe, dass ich der Sache gerecht und mit komplizierten Ideen nicht zu übermütig werde." Ihr Ziel sei weniger, "die Jungs mit Biegen und Brechen zum Aufstieg zu kriegen, auch wenn der das i-Tüpfelchen wäre". Vielmehr "würde ich mich freuen, wenn wir jedes Wochenende 16 Leute fürs Spiel zusammenkriegen. Das würde zeigen, dass die Jungs Spaß haben und eine Gemeinschaft sind."
Die Gemeinschaft beim 1. FC Kirchheim, das ist deutlich zu spüren, ist Giada Glaser heilig. Kein Wunder: In die wurde sie ja schon reingeboren.