Nun, wo sich das Jahr 2023 langsam dem Ende zuneigt, ist auch die Zeit, in der Bilanz gezogen wird: Für die Würzburger Kickers steht an diesem Freitagabend (18.30 Uhr, Akon Arena) in der Fußball-Regionalliga Bayern gegen den FV Illertissen das letzte Heimspiel vor der Winterpause an. Und am Dallenberg wird man mit dem sportlichen Status Quo durchaus zufrieden sein. Sucht man nach einem prägenden Akteur der bisherigen Saison, landet man schnell bei ihm: Marius Wegmann.
Der 25-Jährige ist nicht nur als clever agierender, kompromissloser Verteidiger maßgeblich daran beteiligt, dass die Kickers in 20 Spielen erst 14 Gegentore kassiert haben. Der Innenverteidiger hat auch selbst bereits fünfmal getroffen. Zuletzt sorgte er mit seinem Tor im Auswärtsspiel beim FC Bayern München II in der Nachspielzeit zum 1:1-Ausgleich dafür, dass die Kickers noch immer ungeschlagen sind. "Natürlich gehört auch und vor allem eine Mannschaft dazu", sagt Wegmann, wenn er über seine persönlichen Erfolge spricht: "Irgendjemand muss mir die Dinger ja auf den Kopf legen."
Es ist die Kopfarbeit, die ihn in jederlei Hinsicht auszeichnet: Auf dem Rasenviereck, wo er seine Tore allesamt mit Kopfbällen erzielt hat, und in der Uni, wo er nach bestandenem Bachelor-Abschluss inzwischen sein Master-Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen hat. "Ich bin ein Typ, der auch mal Ablenkung vom Fußball braucht", sagt er: "Ich will auch über andere Dinge nachdenken. Das Studium ist ein guter Ausgleich und ein zweites Standbein neben der Fußball-Karriere."
"Wir müssen in dieser Liga einfach Meister werden"
Die freilich genießt derzeit erste Priorität. Den Sprung in die Dritte Liga zu schaffen, dafür ist Wegmann im Sommer 2022 vom kommenden Gegner FV Illertissen nach Würzburg gewechselt. "Jeder, der hierher gekommen ist, hat höhere Ambitionen. Wir haben uns natürlich gewünscht, dass es letzte Saison schon geklappt hätte. Aber jetzt sind wir auf einem richtig guten Weg." Und den wollen die Kickers nun möglichst nicht mehr verlassen.
Zwei Siege vor der Winterpause gegen Illertissen und in Aubstadt könnten da sehr wertvoll sein, meint Wegmann: "Wir kennen das aus der letzten Saison. Als Verfolger schaust du immer zum Spitzenreiter und denkst: Mist, jetzt gewinnen die schon wieder. Das ist auch für den Kopf unheimlich anstrengend." Die lange Winterpause soll diesmal keinen Bruch bringen. "In der letzte Saison hatten wir danach tatsächlich ein bisschen nachgelassen. Das soll diesmal auf keinen Fall passieren." Am Ende, findet Wegmann, "müssen wir in dieser Liga einfach Meister werden". Und dann würden die Aufstiegsspiele gegen den Nord-Meister warten.
Ein Aufstieg wäre für Wegmann eine Rückkehr. Immerhin zwei Drittliga-Einsätze hat er schon in seiner persönlichen Bilanz stehen. Zeugnisse eines ungewöhnlichen Karrierewegs, der in seiner südbadischen Heimat, in Pfullendorf, unweit des Bodensees, begann. Von dort wechselte er 2016 nach Thüringen zu Rot-Weiß Erfurt. Der Auswahlspieler war dem Späher des damaligen Drittligisten beim Nachwuchs-Länderpokal aufgefallen. "Es war für mich die letzte Möglichkeit, den Schritt in den Profi-Fußball noch einmal zu wagen. Das lässt man sich als 17-jähriger Junge nicht entgehen."
Drei Jahre beim FV Illertissen
Bereut habe er den Schritt nie. "Ich habe dort unheimlich viel für das Leben gelernt", meint Wegmann, und sich auch fußballerisch weiterentwickelt. Als die Erfurter aber nach der Insolvenz des Klubs mit ihrer ersten Mannschaft nur noch in hinteren Regionen der Regionalliga Nordost herumdümpeln, reift in Wegmann der Entschluss, wieder näher an die Heimat zu ziehen. Der FV Illertissen ist 2019 sein Ziel.
Drei Jahre kickt er für die bayerischen Schwaben, startet dort sein Studium, ehe er mit dem Wechsel nach Würzburg einen neuen Anlauf in Richtung Profi-Fußball nimmt. "Kaum vergleichbar", seien die beiden Klubs, die am Freitag am Dallenberg aufeinandertreffen: "In Illertissen hatten wir drei bis vier Mal pro Woche abends Training. Du bist halt fünf Minuten vorher gekommen. Da ist hier alles ganz anders. Nach Würzburg zu wechseln, war genau der richtige Schritt."
Kopfbälle sind schon immer sein Markenzeichen
Dabei lief es in der vergangenen Saison längst nicht so gut für Wegmann wie aktuell. Nach gutem Start hatte er seinen Stammplatz verloren. "Ich wurde durch zwei Verletzungen ausgebremst", sagt der Abwehrspieler rückblickend. An den internen Konkurrenzkampf musste er sich auch erst einmal gewöhnen. "Ich fühle mich in dieser Saison auch besser. Mein Fitnesslevel ist höher und ich habe mich weiterentwickelt."
Das Spiel mit dem Kopf, sei aber schon immer sein Markenzeichen gewesen. "Ich habe schon in der Jugend viele Kopfballtore gemacht. Dabei kommt es nicht unbedingt auf die Körpergröße, sondern auch auf die Koordination und das Timing an." Speziell trainiert habe er das nicht. "Das ist irgendwie in mir", sagt Wegmann, dessen Kopfbälle womöglich gerade jetzt, wo die Platzverhältnisse schwierig sind, besonders wertvoll sein können: "Wir haben einige sehr gute Standardschützen im Team und einige Spieler, die diese Bälle verwerten können. Es ist klar, dass das irgendwann Früchte trägt. Und derzeit ist es auf vielen Plätzen auch sehr schwer, mit Flachpässen Chancen herauszuspielen."