Es war alles vorbereitet auf dem Verbandstag des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) in Bad Gögging: Der scheidende Präsident Rainer Koch wurde von vielen Seiten – vom DFB-Boss Bernd Neuendorf bis hin zum bayerischen Innenminister Joachim Herrmann – mit Lob und Anerkennung für seine 18-jährige Amtszeit förmlich überhäuft und nach seinem Tätigkeitsbericht von den Delegierten mit stehenden Ovationen bedacht.
Obwohl sich Koch im Vorfeld der Wahl zu seiner Nachfolge nicht öffentlich geäußert hatte, so schien es doch ziemlich klar, wen er unter den drei Kandidaten gerne als neuen bayerischen Fußball-Boss gehabt hätte. Sein Vizepräsident Robert Schraudner hatte im Vorfeld den "Leitantrag zum BFV 2022 – 2026" erarbeitet, der die Aufgabengebiete des Verbands für die kommenden Jahre umreißt und der (nach der Wahl des neuen Präsidenten) auch einstimmig angenommen wurde. Was nach einem klaren Votum für ein "Weiter so" klingt.
Doch das Ergebnis der Wahl zum neuen BFV-Präsidenten machte klar, dass ein "Weiter so" eben doch nicht gewollt war. Bereits im ersten Wahlgang erhielt der gebürtige Unterfranke und Vorsitzende des Fußball-Bezirks Schwaben, Christoph Kern, mit 137 von 257 gültigen Stimmen die absolute Mehrheit. Gewählt wurde also der Kandidat, der als 39-Jähriger einen "Generationenwechsel" und ein Ende der "Ein-Mann-Show" versprochen und der bei seinen Präsentationen den Namen Rainer Koch nicht in den Mund genommen hatte.
Wie ist die Diskrepanz zu erklären?
Wie kommt also die Diskrepanz zwischen einer großen Zustimmung für die aktuellen Inhalte der Verbandsspitze und der Wahl eines Kandidaten, der Veränderung verspricht? Die Antwort liegt wohl in der Art des menschlichen Umgangs. Koch selbst, der den Verband wirtschaftlich gesund und in vielen Bereichen modernisiert an seinen Nachfolger übergeben hat, bezeichnet sich selbst als "streitbar". Das hieß: Der Verbandsboss konnte auch mal ungemütlich werden, wenn Dinge nicht in seinem Sinne liefen. Verantwortliche der unteren Verbandsebene und auch in Vereinen hatten – sagen wir's mal freundlich – einen Heidenrespekt vor ihm.
Daher rannte ein Kandidat wie Kern, der verspricht, "nahbar" zu sein und "auf Augenhöhe" zu kommunizieren, offene Türen ein. Inwieweit sein Anliegen, für jeden ein offenes Ohr zu haben, bei über 4000 Fußballvereinen im Freistaat praktisch umsetzbar ist, wird die Zukunft zeigen. Denn Nahbarkeit kann auch ziemlich anstrengend sein. Und die Erwartungen an den neuen Präsidenten sind hoch: Er soll den Verband vor allem im Stil und in der Art des persönlichen Umgangs erneuern, ohne Dinge, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind, zu verspielen.