
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Bei den Wölfen Würzburg brennt am Abend des vierten Advent sinnbildlich fast schon der Baum. Zeitgleich mit dem Finale bei der Fußball-WM in Katar verlor das Schlusslicht der 2. Handball-Bundesliga am Sonntag vor der bisher kleinsten Saisonkulisse von 347 Menschen in der tectake Arena auch das Kellerduell gegen den VfL Eintracht Hagen mit 31:33 (18:11). Durch die 15. Saisonniederlage wächst der Abstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz, den weiter Hagen belegt, auf sechs Punkte.
Das ist theoretisch aufholbar. Doch praktisch stellt sich die Frage: Wenn eine Zehn-Tore-Führung, die sich die Wölfe nach 25 Minuten erkämpft hatten, nicht reicht – was soll ihnen dann noch helfen? Darauf hatte auch Trainer Julian Thomann keine richtige Antwort. "Unbegreiflich", "unverständlich" und "unfassbar" waren die Worte, die er immer wieder verwendete, um das Unerklärliche doch zu erklären.
Nur noch Leere in den Blicken der Würzburger Spieler nach dem Abpfiff
Co-Trainer Josef Schömig nannte das, was in der zweiten Hälfte passierte, kurz und knapp eine "Kollektiv-Panik". Thomann stimmte zu. "Aber wenn uns Erfolgserlebnisse wie in der ersten Halbzeit nicht Mut machen und Angst nehmen...", sagte er und ließ den Satz unvollendet. Ja, was dann?
Die Leere in den Blicken seiner Spieler, die nach dem Abpfiff teils ihre Hände über den Köpfen zusammenschlugen, sprach Bände. Während der siebenfache Torschütze Steffen Kaufmann wortlos verschwand, sprach Kreisläufer Oliver Seidler von "riesiger Enttäuschung". "Wir spielen so eine gute erste Halbzeit und schenken dann in der zweiten Halbzeit alles her."
Julian Thomann geht weiter davon aus, dass er Trainer der Wölfe bleibt
Auf die Frage, ob er nach dem Jahresabschluss am zweiten Weihnachtsfeiertag bei den Eulen Ludwigshafen und der Winterpause in der Rückrunde noch Trainer der Wölfe sein werde, antwortete Thomann: "Davon gehe ich aus." Seine Mannschaft könnte bis dahin gut die Hilfe eines Sportpsychologen gebrauchen.
Bei den Würzburgern fehlte neben den Langzeitverletzten Dominik Schömig und Benedikt Brielemer diesmal Kreisläufer Alexander Merk, der sich am Mittwoch im Derby beim HSC 2000 Coburg am Fuß verletzt hat. Dafür gab Linus Geis nach langer Pause sein Comeback. Die Hagener, die unter der Woche wegen einer Spielverlegung freigehabt hatten, musste auf fünf Feldspieler und zwei Torhüter verzichten.
Wölfe ziehen in der ersten Halbzeit auf 15:5 davon
Nach ausgeglichenen Anfangsminuten nutzten die Gastgeber Fehler und Fehlwürfe der Gäste zu einem 5:0-Lauf zur 8:3-Führung (14.). Kämpferisch in der Abwehr, konzentriert im Angriff und Abschluss, bauten sie ihre Führung in Überzahl auf 11:4 (17.) aus. Als VfL-Coach Stefan Neff im Anschluss die ersten Auszeit nahm, reckten die Grün-Weißen ihre Fäuste in die Höhe.

Während bei Hagen auch in der Folge wenig zusammenlief – Neff sprach vom bisherigen "Tiefpunkt der Saison" –, klappte bei Würzburg fast alles. Einen Steal von Felix Karle warf Valentin Neagu übers Spielfeld ins leere gegnerische Tor zum 15:5 (23.). Bis zur Pause verkürzte der nun aggressiver verteidigende VfL dank vier Toren des starken Linksaußen Josip Jukic auf 18:11.
Wölfe gehen volles Risiko mit dem siebten Feldspieler
Nach dem Seitenwechsel rührten die ausgeruhten Hagener hinten Beton an und erhöhten das Tempo nach vorne. Sie eroberten Bälle und konterten. Beim 22:17 (37.) rief Thomann seine Schützlinge zusammen. Mit deren nachlassenden Kräften schwand auch die Konzentration.
In der 45. Minute war das Zehn-Tore-Polster der Wölfe zusammengeschmolzen. Jan-Lars Gaubatz glich per Tempogegenstoß zum 23:23 aus. Thomann nahm die letzte Auszeit. Er brachte Andreas Wieser für Jonas Maier im Tor sowie den siebten Feldspieler. Volles Risiko.
Symbolträchtig verpufft die Luft aus dem Wolfskopf
Dennoch übernahmen die Gäste die Führung: 27:29 (53.). Nach einem an die Latte geworfenen Siebenmeter von Pierre Busch glich Karle von Rechtsaußen noch mal aus: 30:30 (55.). Maier kam zurück ins Wölfe-Tor, parierte beim Stand von 31:32. Dann ein Fehlwurf von Seidler vom Kreis.
Für den letzten Angriff blieben Hagen nach der finalen Auszeit 20 Sekunden. Während symbolträchtig die Luft aus dem Wolfskopf-Einlauftunnel verpuffte, zog Jukic mit seinem achten und insgesamt 33. VfL-Treffer Würzburg den Stecker.
Die Statistik des Spiels
Wölfe Würzburg - VfL Eintracht Hagen 31:33 (18:11)