Die Schlussphase der Partie verfolgte Bernhard Trares einem Treppenaufgang hinter der Ersatzbank aus. Ein bisschen sah der Kickers-Trainer aus, als er dort oben seine Anweisungen gab, wie bei einer Predigt auf einer Kanzel. Gefruchtet haben die Zwischenrufe nicht. Die Schlussphase rauschte vorbei, ohne dass der 1:0-Erfolg des SC Paderborn gegen die Würzburger Kickers in dieser Zweitliga-Begegnung auch nur noch ein bisschen in Gefahr geriet.
Beim Auswärtsspiel in Aue am kommenden Dienstag wird Kickers-Coach Trares sein Team wieder nur aus der Ferne verfolgen können. Denn der Grund für seinen ungewöhnlichen Standort am Samstag war ein Platzverweis. Schiedsrichter Lasse Koslowski hatte dem 55-Jährigen in der 76. Minute die Rote Karte gezeigt. "Ich habe mit Paderborner Spielern diskutiert und zu ihnen gesagt: 'Ihr seid doch blind. Der ist doch nur reingerutscht'", erzählte Trares bei der Pressekonferenz, was zuvor passiert war. Verstehen könne er die Rote Karte nicht, schließlich seien die Unparteiischen ja gar nicht die Adressaten seines Ausrufs gewesen: "Der Schiedsrichter und der Linienrichter waren ja 70 Meter weit weg."
Um eine Sperre wird Trares aller Voraussicht nach trotzdem nicht herum kommen. Bereits an diesem Montag wird der Fall vor dem DFB-Sportgericht verhandelt. Mitmachen wird der Übungsleiter die Fahrt ins Erzgebirge auf jeden Fall. Eine halbe Stunde vor dem Spiel darf er sich, wenn er denn gesperrt wird, aber nicht mehr bei der Mannschaft aufhalten. Das Verbot gilt bis 30 Minuten nach Schlusspfiff. Während der Partie werden in erster Linie die Co-Trainer Benjamin Sachs (39), der Trares bereits in seiner Zeit bei Waldhof Mannheim assistierte, und Philipp Eckart (31), bei den Kickers zuständig für die Analyse, das Coaching übernehmen. "Das ist nicht schön, keine Frage. Es ist ein blödes Gefühl, wenn der Chefcoach nicht dabei ist. Da tragen wir auf dem Platz auch eine Eigenverantwortung. Da gilt es, dem Trainer auf der Tribüne ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern", sagt Kickers-Neuzugang Christian Strohdiek.
Trares' Platzverweis war der letzte Akt einer Hinrunde, die aus Kickers-Sicht vieles zu bieten hatte - außer Erfolgserlebnisse. Trainerwechsel, Spielerkarussell, Corona-Quarantäne - für Gesprächsstoff war reichlich gesorgt. Unterm Strich stand das 0:1 in Paderborn dann aber stellvertretend für die gesamte Halbserie. Vom Gegner vorgeführt wurden die Kickers in dieser Saison selten. Am Ende aber reichte Paderborn eine dürftige Leistung zum Erfolg, weil die Kickers selbst nach dem Rückstand überhaupt nicht mehr gefährlich wurden. Am Ende blieb nicht viel mehr, außer sich an der Moral festzuhalten: "Ich habe Mannschaften erlebt, die nach solchen Situationen auseinanderbrechen und dann 0:4 verlieren. Wir haben weiter gekämpft. Das war kein fußballerisches Highlight, aber das muss man von uns in dieser Situation auch nicht erwarten", so Strohdiek.