Wenn in diesen Tagen über den Fußball und seine Rolle im Land gesprochen wird, dann geht es meist um die Profis, um die Rettung eines großen Geschäftszweigs. Im bayerischen Amateurfußball indes hat man sich längst festgelegt: Geisterspiele kommen ab der Regionalliga abwärts nicht in Frage. Sie sind in unteren Spielklassen praktisch gar nicht durchführbar und würden obendrein viele Vereine ihrer einzigen Einnahmequellen berauben. Was also tun mit den Amateurkickern? Dem Vorbild anderer Sportarten wie dem Tischtennis oder Basketball folgen und die Saison in unteren Spielzeiten vorzeitig abbrechen?
Einheitliche Regelung ab der Bayernliga
Der Bayerische Fußballverband (BFV) strebt eine andere Lösung an. Und die soll möglichst für alle Spielklassen ab der Bayernliga abwärts einheitlich sein. Die Regionalliga spielt eine Sonderrolle, weil man dort auch davon abhängig ist, wie es in der Dritten Liga weitergeht, ob und unter welchen Voraussetzungen der bayerische Regionalliga-Meister aufsteigen darf. Nach 23 Spieltagen liegt hier Türk Gücu München mit neun Zählern Vorsprung vor dem FC 05 Schweinfurt an der Tabellenspitze. Fest steht freilich aus Sicht des BFV auch, dass bis September keine Spiele in der höchsten bayerischen Spielklasse stattfinden werden, denn Geisterspiele hält der Verband auch in der vierten Liga für ausgeschlossen.
Beispiele aus Österreich und England
Wie aber soll es nun weitergehen? Ein Abbruch wäre aus Sicht des BFV eine schlechte Lösung. Der Verband fürchtet vor allem rechtliche Unsicherheit. Viele Klubs, die sich im Falle eine frühzeitigen Saisonendes benachteiligt fühlen, könnten klagen, glauben die Verantwortlichen und verweisen auf Beispiele im Ausland. So wackle der Beschluss, die Amateurfußball-Saison in England für beendet zu erklären, wegen angekündigter Klagen von Klubs bereits beträchtlich. Und auch in Österreich gebe es schon lautstarke Widerspruch gegen einen solchen Verbandsbeschluss. "Wir wollen keine Prozesse und keine einstweiligen Verfügungen, deshalb wollen wir die Saison zu Ende spielen," sagte BFV-Präsident Rainer Koch bei einer Presserunde im Internet am Freitag.
Neustart im September
Und so will der BFV die Saison in Bayern nicht abbrechen sondern unterbrechen. Bis Anfang September soll die Pause dauern. Wenn es die staatlichen Vorgaben dann zulassen, dass der Ball wieder rollt, soll die Saison bei Männern und Frauen fortgesetzt werden. "Die Vereine wollen Klarheit", stellt Koch fest. Mit dem anvisierten Neustart am 1. September gebe man diese den Klubs. Gleichzeitig will der Verband bei neuen Entwicklungen flexibel bleiben. Schließlich stehe aus heutiger Sicht ja längst nicht fest, ob im Herbst überhaupt gekickt werden kann. Im Falle eines Abbruchs könne man derzeit gar nicht genau sagen, ob und wann eine neue Saison starten kann. "Wir wollen so viel Flexibilität wie möglich", so Koch. "Wer jetzt abbricht, zerschießt sich die laufende Saison und hat gleichzeitig auch keinerlei Garantie für die Spielzeit 2020/21, was Startzeitpunkt, Mannschaftsstärke pro Liga und Anzahl der Auf- und Absteiger anbelangt."Da hält es der Verband für das kleinere Übel, die Saison irgendwann mit zeitlicher Verzögerung auf sportliche Art und Weise zu beenden
In der Spielordnung des Verbandes sind die Voraussetzungen für eine solche Saisonverlängerung in den Herbst bereits gegeben. Auch, wenn es um Spielerwechsel geht, will der Verband seine Statuten möglichst der neuen Realität entsprechend auslegen und hat die Regeln angepasst. Wie die folgende Saison ablaufen könne, darüber soll im Anschluss an eine Entscheidung über die laufende Spielzeit ausführlich debattiert werden. Fest steht, diese soll im Sommer 2021 beendet sein. Möglich wäre im Frühjahr nächsten Jahres also auch eine verkürzte Spielzeit, in der nur eine Vorrunde absolviert wird oder auch ein Play-off-System. Ab der Saison 2021/22 soll der Spielbetrieb dann wieder normal laufen.
"Keine Alternative"
"Für dieses Szenario bitten wir unsere Klubs nun um Zustimmung", sagte Koch. In Videokonferenzen wollen die Verbandsoberen an diesem Wochenende um Zustimmung für ihr Modell werben. Die Vereine sollen dann schon bis Sonntag im Internet über den Lösungsvorschlag, der für den Männer- und Frauenfußball gelten soll, abstimmen. "Der Vorstand hat sich einstimmig für dieses Modell ausgesprochen. Für uns gibt es keine Alternative", stellt Koch klar. Das Problem: der Verband sieht sich bei möglichen Klagen in der Haftung. Auch die Vorstandsmitglieder würden persönlich haftbar gemacht. Im Falle eins Saisonabbruchs sei das Risiko schlichtweg zu groß.
Das letzte Wort hätten trotzdem die Klubs, so Koch. "Am Ende werden wir uns dem Votum der Vereine beugen." Sollten die dem Vorschlag des Verbandes mehrheitlich folgen, werde der BFV-Vorstand bereits am Mittwoch darüber beschließen. Sollte der Vorschlag keine Mehrheit finde, müsse ein außerordentlicher Verbandstag her. Als Rücktrittsdrohung wollte Koch dieses Vorgehen freilich nicht verstanden wissen. Sollten die Klubs mehrheitlich einen Saisonabbruch wünschen, müsse allerdings die Haftungsfrage in der Satzung geklärt werden. Was die Fortsetzung im Nachwuchsbereich angeht, müsse man differenzierter vorgehen, so Koch. Dazu gibt es noch keinen Vorschlag.
Ob das bayerische Modell ein Vorbild für den deutschen Amateurfußball sein kann? Koch, immerhin auch Vize-Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, ist von seinem Lösungsvorschlag überzeugt: "Aber auch der Fußball in Deutschland ist föderal organisiert. Und wenn die Klubs in dem einen oder anderen Landesverband eine andere Lösung bevorzugen, dann ist das ihr gutes Recht."