Nach seiner wohl mit ziemlichem Abstand besten Leistung der abgelaufenen Saison, es war bei der 75:90-Niederlage von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg gegen Bayreuth, wurde er vor der Fernsehkamera gefragt, ob die Handbremse in seinem Spiel denn nun endlich gelöst sei. "Wir werden sehen", war die diplomatische Antwort von Joshua Obiesie damals, Mitte März. Und das umschrieb die Situationen seinerzeit, in der sich der damals noch 20-Jährige und sein gegen den Abstieg kämpfender Klub befanden, ziemlich gut. Je mehr sich die Spielzeit dann dem Ende näherte, desto mehr kristallisierte sich heraus, dass sich die Wege des gebürtigen Münchners und des unterfränkischen Vereins wohl trennen werden – obwohl sein Vertrag auch für die kommende Saison noch gültig war.
Nun, am Montagnachmittag verkündeten die Baskets das Ende der Zusammenarbeit. Nicht wie sonst üblich bei Trennungen oder Neuverpflichtungen mit einer offiziellen Mitteilung an die Medien, sondern fast schon ein wenig verschämt mit einem relativ kurzen Text auf ihrer Homepage und einem natürlich noch kürzeren Tweet im Nachrichtendienst Twitter und mit einem Foto auf Instagram. "Nach insgesamt 60 Bundesliga-Spielen mit mehr als 12 Minuten durchschnittlicher Spielzeit pro Partie trennen sich die Wege von Youngster Joshua Obiesie und s.Oliver Würzburg: Auf Wunsch des 21-Jährigen und seiner Berater wurde der noch für die kommende Saison gültige Vertrag einvernehmlich aufgelöst", heißt es nüchtern auf der Internetseite der Baskets, auf der dann noch Kresimir Loncar, Manager Sport und Scouting des Klubs, wie folgt zitiert wird: „Er hat sein volles Potenzial noch nicht erreicht, jetzt möchte er sich bei einem anderen Club weiterentwickeln. So etwas ist im Profisport ein ganz normaler Vorgang. Wir wünschen Joshi nur das Beste und viel Erfolg auf seinem weiteren Weg.“
Für diejenigen, die auch ein wenig zwischen den Zeilen lesen können, klingt das alles freilich auch danach, dass die anfangs durchaus harmonische und innige, aber eben auch mit vielen Hoffnungen und großen Erwartungen beladene Beziehung zwischen dem Klub und dem 21-Jährigen ziemlich erkaltet ist. Auf der Homepage behauptet der Klub, dass Cheftrainer Denis Wucherer die Trennung bedauert, und lässt den 48-Jährigen sagen: „Ich bin mir sicher, dass in der kommenden Saison der Knoten bei ihm geplatzt wäre und die viele Arbeit, die Joshi und wir zusammen in den letzten Jahren investiert haben, Früchte getragen hätte.“
Begleitete man Joshua Obiesie und die Baskets in den vergangenen zweieinhalb Jahren regelmäßig, darf man ungestraft behaupten: Obiesie blühte seit seinem überaus erstaunlichen Debüt im Baskets-Leibchen am zweiten Weihnachtsfeiertag 2018 ausgerechnet in seiner Heimatstadt und in den Wochen danach letztlich nicht wirklich so groß auf, wie er selbst und auch der Klub es sich erhofft hatten. Freilich: Der junge Mann mit seinen an den Seiten zurechtgestutzten schwarzen Locken und deshalb an ein Vogelnest erinnernden Frisur hat sich entwickelt und warf sogar im Nationaltrikot Punkte. Aber bei diesen Prognosen war einfach noch mehr erwartet worden.
Das Gerücht mit den Münchner Bayern
Angetreten war Obiesie mit den Vorschusslorbeeren von vielen Experten, eines der größten Talente Deutschlands zu sein und mit dem von seinem Jugendtrainer und ihm selbst auch öffentlich klar formulierten Ziel, möglichst bald in der NBA, also in der stärksten Liga des Planeten, unterzukommen. Die erscheint derzeit nahezu himmelweit entfernt zu sein. Zwischenzeitlich war Obiesie in Wucherers Rotation in der jüngsten Spielzeit ziemlich weit nach hinten gerutscht. Im Saisonschnitt kam er in seinen 32 Partien zuletzt auf gut 13 Minuten pro Spiel und jeweils gut fünf Punkten dabei. Der Trainer haderte immer wieder mal vor allem mit Obiesies Defensivverhalten, und im Umfeld der Baskets war dann auch häufiger zu hören: Nun, in seiner dritten Saison, der zweiten kompletten in Würzburg, ist der Welpenschutz aber mal aufgebraucht – da muss mehr kommen. Offensivtalent Obiesie, der am Montag nicht zu erreichen war, beteuerte mehr als einmal auch selbstkritisch: "An meiner Verteidigung muss ich noch weiter hart arbeiten."
Wo er das künftig tun wird, ist noch nicht offiziell bestätigt. Es wurde häufiger darüber spekuliert, dass er nach Braunschweig gehen könnte, das stark auf deutsche Talente gesetzt hatte. Das zuletzt heißeste Gerücht, auch wenn es auf den ersten Blick erstaunen mag: Der FC Bayern München nimmt Obiesie unter Vertrag und leiht ihn dann erst einmal aus.
Wie dem auch sei: Könnte spannend werden zu beobachten, ob und wo der noch ungeschliffene Rohdiamant seinen Feinschliff bekommt.