An diesem Samstag (14 Uhr) steht für Martin Lanig die Premiere an. In seinem ersten Spiel als Trainer des Fußball-Regionalligisten Würzburger Kickers trifft er am Dallenberg auf den unterfränkischen Rivalen TSV Aubstadt. Nach drei Spielen ohne Niederlage unter dem Interims-Trainerduo mit Sebastian Neumann und Ronny Ermel plant Lanig keine großen personellen Veränderungen im Team. Vor der Partie spricht der 40-Jährige im Interview über seine Profi-Karriere, seine Trainer-Philosophie und seine Ziele in Würzburg.
Martin Lanig: Am meisten werde ich mit Frankfurt und meinem Siegtor 2013 im Euroleague-Spiel gegen Bordeaux in Verbindung gebracht, bei dem 18.000 Eintracht-Fans dabei waren. Darauf sprechen mich extrem viele Leute an. Das war ein schöner Moment, aber noch mehr hat es mir bedeutet, als ich 2008 den Vertrag beim VfB Stuttgart unterschrieben habe. Das war etwas ganz Besonderes.
Lanig: Da ist der große Traum in Erfüllung gegangen, den ich schon als kleiner Junge hatte. Plötzlich war ich in einer Mannschaft mit Mario Gomez, Cacau, Thomas Hitzelsberger und Jens Lehmann. Ich war 23. Dass mich der VfB unter Vertrag genommen hat, war eine große Wertschätzung.
Lanig: Das würde ich so nicht sagen. Jeder Verein hat mich auf seine Weise geprägt. Ich mag den VfB. Das ist ein toller Verein. Ich hatte dort ein absolut professionelles Umfeld, das so gut strukturiert war, wie ich es nie mehr erlebt habe. Ich war noch jung, als ich dort spielte, und habe dann ab 2010 in Köln das Geschäft von einer ganz anderen Seite kennengelernt.
Lanig: Da bist du in einer riesigen Stadt, in der sich gefühlt alles und jeder 24 Stunden am Tag mit dem FC auseinandersetzt. Du verlierst komplett deine Anonymität, der Druck ist enorm hoch. Köln ist eine Medienstadt. Es war interessant zu sehen, wie die Boulevardmedien in den Verein und die Gremien verstrickt sind. Sportlich war es dort immer durchwachsen, im zweiten Jahr sind wir schließlich abgestiegen. Das alles im Kopf beiseite zu wischen, um in den Spielen möglichst gut zu sein, war eine Herausforderung. Letztlich war es eine gute Zeit. Ich habe in Köln meine Frau kennengelernt (lacht). Heute haben wir zwei Kinder und einen Hund. Die Familie und gute Freunde, das ist es, was einem in schwierigen Zeiten Halt gibt.
Lanig: Es gibt Situationen, die schwierig sind, in denen man nicht direkt Zugriff auf eine innere Kraftquelle hat. Da war zum Beispiel mein Kreuzbandriss in Stuttgart. Eine schlimme Verletzung, von der ich mich zurückgekämpft habe. Man erleidet im Lauf einer Karriere viele Rückschläge unterschiedlichster Art. Am Schluss ist entscheidend, wer mit Rückschlägen am besten umgehen kann. Ich bin meinen Weg immer konsequent gegangen, habe nie vergessen, wo ich herkomme und immer versucht, mich zu verbessern. Ich habe gelernt, dass es sich auszahlt, wenn man hart arbeitet, neugierig ist und offen für Neues.
Lanig: In Frankfurt auf jeden Fall die Euro-League-Reisen und der Fan-Support. Das sind Dinge, die vergisst man nicht. Bei der Eintracht habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, dass eine Mannschaft charakterlich zusammenpasst. Von Zypern habe ich Erfahrungen mitgenommen, die über den Fußball hinausgehen: die Lebenshaltung, die Einstellung der Menschen. Wenn man da mit Freunden und Familie zusammensaß, da spielten ganz andere Dinge eine Rolle als in Deutschland. Da ging es um gutes Essen, guten Wein und die Gemeinschaft. Nicht um die neusten Autos.
Lanig: Ja. Und um Statussymbole im Allgemeinen.
Lanig: Das nicht. Aber die finanziellen Möglichkeiten von Profifußballern sind immer größer geworden und entsprechend werden die Statussymbole teurer. Bei mir war es irgendwann so, dass ich mir die Frage gestellt habe, ob das alles sein soll. Zu vergleichen, wer welche Uhr trägt, das erfüllt einen nicht. Das war auch der Grund, warum ich mit meinem Sportmanagementstudium begonnen habe.
Lanig: Eine Zeit lang haben mich die Abläufe im Profigeschäft, die Themen in der Kabine gelangweilt. Aber der Fußball hat einen unheimlichen Reiz. Und ich bin reifer geworden, gehe Sachen anders an. Mir macht es Spaß, mit Menschen zu arbeiten, sie zu begleiten. Ich bin absolut davon überzeugt, dass du die Leistungsfähigkeit einer Mannschaft langfristig nur steigern kannst, wenn du in deiner Arbeit als Trainer über die Rolle eines reinen Taktik-Anweisers hinausgehst. Das ist die spannende Aufgabe.
Lanig: (lacht) Ich weiß es nicht. Ich kann nicht in die Zukunft schauen!
Lanig: Wir wollen Tag für Tag besser werden. Mit der Arbeit an diesem Ziel haben wir als Team schon begonnen. Und wenn wir das erreichen, dann wird unser Weg nach oben gehen – auch ohne festen Zeitplan (lacht).
Lanig: Ich lebe ganz in der Nähe, in Lauda-Königshofen. Bin dort aufgewachsen. Ich habe also schon immer einen regionalen Bezug zu Würzburg, kenne ja auch das Gelände hier. Das macht es natürlich leichter. Trotzdem ist vieles neu für mich. Derzeit bin ich dabei, die ganzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen, die Struktur des Klubs zu verstehen. Es geht jetzt darum, mit den Menschen, mit denen ich in Zukunft täglich zusammenarbeiten werde, eine tiefere Beziehung aufzubauen. Da gibt es sehr viel zu tun.
Lanig: Wenn es zeitlich passt, dann ja. Das darf sich natürlich nicht mit der Tätigkeit bei den Kickers überschneiden. Aber ich denke, wenn ich das ab und zu mache, profitieren alle Seiten davon.
Dann hätte auch der eingefleischte Kickers-Sportredakteur Frank Kranewitter Anlass, nicht täglich lediglich jeden Grashalm am Dallenberg umzudrehen, hierüber endlos zu schreiben und auch noch zu kommentieren. Allzu Belangloses in mepischer Breite nervt auf Dauer. Wie man aus diesem Interview eines Hofberichterstatters ersieht, besteht durchaus noch berechtigte Hoffnung. Mit Martin Lanig auf zu neuen Ufern!