Sollte es wirklich nur eine Kopfsache sein, eine mentale Barriere, die die Ursache für das bislang miserable Abschneiden der Würzburger Kickers in dieser Drittligasaison ist, dann gibt es vielleicht doch noch Hoffnung im Kampf um den Klassenerhalt. Mit der Verpflichtung von Marvin Stefaniak und Peter Kurzweg haben die Kickers zwei Aussortierte an den Dallenberg geholt. Zwei, die ums Überleben im Profifußball kämpfen. Genau wie ihr neuer Verein. Passt das?
Kritikern fiele es leicht, die Würzburger Wintertransfers Nummer zwei und drei als Fehlbesetzung abzutun. Kurzweg kommt in dieser Saison auf 56 Spielminuten, Stefaniak trat kein einziges Mal in einem Punktspiel gegen den Ball. Kurzweg verpasste den Saisonbeginn in Ingolstadt aufgrund einer Schulterverletzung und wurde danach kaum berücksichtigt, Stefaniak kam nicht einmal bei der Wolfsburger Reserve zum Zug und musste sich Anfang Dezember einer Leistenoperation unterziehen. Und diese beiden sollen in Würzburg den Karren aus dem Dreck ziehen?
Die Kickers haben die nötige Qualität, um nicht abzusteigen
Setzt man die Puzzlestücke aus den Äußerungen von Trainer Danny Schwarz und denen der beiden Neuen zusammen, wird die grundlegende Aussage deutlich: Der aktuelle Kader der Kickers verfügt über die nötige Qualität, um die Klasse zu halten. Aber: Stefaniak und Kurzweg "bringen eine gewisse Unbefangenheit mit. Das ist eine Frische und eine Art der Kommunikation, die für viele neu ist, weil wir zu wenig solcher Typen in der Mannschaft haben", sagt Schwarz. "Ein paar Dinge fehlen einfach: Kommunikation und die gewisse Gier auf dem Platz", meint Stefaniak. Und Kurzweg: "Wir wollen helfen, dass der Kopf wieder frei wird, dass wir Spaß am Fußball haben. Dann kommen die Ergebnisse von allein. An der Qualität fehlt es nicht."
Der Trainer erhofft sich von seinen Neuzugängen natürlich auch aus fußballerischer Sicht ein Plus. Der Plan: Stefaniak soll als Kreativkopf, Vorlagengeber und auch Vollstrecker in Personalunion hinter der Spitze wirken, Kurzweg als Linksverteidiger über Tempo und Kampfgeist kommen, zudem mit Flankenläufen die bislang fehlende Tiefe ins Würzburger Spiel bringen. Ob beide schon am Samstag (14 Uhr) gegen Waldhof Mannheim mitwirken können, steht nicht fest, näher an einem Startelfeinsatz dran zu sein scheint Kurzweg.
Die beiden Transfers machen den Eindruck, als sei es Sportdirektor Sebastian Neumann vor allem darum gegangen, Typen ins Team zu holen. Kurzweg, der die Kickers 2019 in Richtung Ingolstadt verlassen hatte, macht keinen Hehl daraus, wie viel ihm an diesem Verein liegt, bei dem er den Sprung zum Profi geschafft hatte. "Ich liebe den Verein, ich liebe die Stadt, mir gefällt es hier super. Ich bin nicht gekommen, um nach einem halben Jahr wieder zu gehen", sagt er unverblümt. Stefaniak ist sichtlich froh um sein neues Engagement, das ihn quasi aus der De-facto-Arbeitslosigkeit holt: "Es ist gut, dass ich jetzt wieder eine neue Aufgabe vor der Brust habe und diesen Impuls bekomme, dass ich gebraucht werde."
Beide können bei der Pressekonferenz am Donnerstag nur unter ärgster Anstrengung verbergen, was sie von ihrem jeweiligen Ex-Arbeitgeber halten. Beide kommen vom Abstellgleis, überspitzt gesagt aus der Bedeutungslosigkeit. Und sollen nun in Würzburg den drittjüngsten Kader der 3. Liga aus dem Tabellenkeller treiben. Das muss funktionieren, denn sonst sieht es auch für ihre persönliche Zukunft als Profi nicht allzu rosig aus.
Stefaniak und Kurzweg kommen ablösefrei zu den Kickers
Es könnte, das wird sich natürlich erst noch herausstellen, ein kluger Schachzug Neumanns gewesen sein, die beiden zu verpflichten. Zwei, die es sich und allen anderen mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch beweisen wollen, und den Rest der Mannschaft einfach mitreißen. Selbstverständlich bleiben den Kickers schlicht auch wenig andere Möglichkeiten. Sowohl Stefaniak als auch Kurzweg kosten keine Ablöse. Anders als Spieler, die bei ihrem aktuellen Verein beweisen, was sie wert sind. Für derlei Akteure fehlt jedoch das Geld.
"Vielleicht passiert ja noch was", sagt Schwarz außerdem mit Blick auf die am 31. Januar endende Transferperiode. Das sollte es auch, schließlich dreht mit Marvin Pourié der wohl teuerste Spieler im Würzburger Kader einsam in Randersacker seine Runden und drischt den Torhütern im Anschluss an das Mannschaftstraining die Bälle derart um die Ohren, als wolle er damit betonen, wie fahrlässig es sei, auf ihn und seine Qualität zu verzichten. Im Grunde gilt für Pourié dasselbe wie für Stefaniak und Kurzweg. Und eigentlich würde der Angreifer ja auch ganz gut zum Team passen, so als Aussortierter.