Es war das letzte Spiel in dieser Saison - aber das wusste damals, an jenem Abend des 6. März, natürlich noch niemand. Weil Corona sich zwar auch nach Deutschland aufgemacht hatte, es zwar auch Warnungen gab - aber die drastischen Folgen noch niemand wirklich abschätzen konnte. Fast genau zwölf Wochen also ist es her, dass Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg zwar soeben eine 77:95-Heimklatsche gegen Brose Bamberg kassierte - der Anhängerschaft aber noch vor dem Sprungball die frohe Kunde übermittelt hatte, den Vertrag mit Cheftrainer Denis Wucherer um zwei weitere Jahre bis Sommer 2022 verlängert zu haben. Und jetzt, drei Monate und null Spiele später? Schreiben mehrere Hamburger Medien, dass der unlängst 47 gewordene Wucherer heißester Kandidat auf den Cheftrainerposten bei Würzburgs Liga-Konkurrent Hamburg Towers sei.
Dort ist Marvin Willoughby Geschäftsführer und sportlicher Leiter und hat entschieden, den nun auslaufenden Vertrag mit Aufstiegstrainer Mike Taylor nicht zu verlängern. Willoughby und Wucherer waren 2001 kurzzeitig in Würzburg und jahrelang in der Nationalmannschaft Teamkollegen. Und auch Baskets-Sportmanager Kresimir Loncar ist freundschaftlich mit dem Hamburger verbunden. Während das "Hamburger Abendblatt" neben Wucherer zumindest noch Thorsten Leibenath, lange Jahre erfolgreicher Trainer bei ratiopharm Ulm und dort derzeit Sportdirektor, auf die Towers-Wunschliste setzt, schreibt die Hamburger "Bild-Zeitung" ausschließlich vom Baskets-Trainer als heißen Kandidaten auf die Taylor-Nachfolge. Dem Boulevardblatt hat Wucherer offenbar auch Auskunft gegeben, das Blatt schreibt von einer Textnachricht und zitiert ihn so: "Fakt ist, dass ich in Würzburg Vertrag habe. Fakt ist auch, dass Corona den Markt verändert und verschiedene Teams auf eine Ansage der BBL warten (Saisonstart, wann und wie, mit oder ohne Zuschauer), um für sich herausfinden zu können, ob sie es durch diese Krise wirtschaftlich schaffen und nächste Saison mit einem BBL-tauglichen Kader an den Start gehen können. Dazu gehört Würzburg.“ Dann bezeichnet Wucherer den Hamburger Klub noch als "hochinteressant" und meint, dass "man mit diesem tollen Budget nicht ein zweites Mal gegen den Abstieg spielen darf".
Die Towers gewannen in ihrer ersten Bundesligasaison lediglich drei von 20 Spielen (alle interessanterweise auswärts) und waren Tabellenletzter - bei einem angeblichen Gesamtbudget von 4,5 Millionen Euro, und nach allem, was man so hört in der Szene, war auch der Spieleretat der Hamburger um einiges größer als der der Würzburger (die vor der Corona-Pause mit elf Siegen aus 21 Spielen Achter waren). Erst unlängst hat Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler erneut betont, dass der Klub weiterhin um seine Existenz kämpfen muss. Und nach Informationen dieser Redaktion für eine künftige Spielzeit mit einem erheblich reduzierten Budget planen muss. Da täte eine Ablöse für den soeben weiterverpflichteten Trainer der Vereinskasse sicher gut.
Wucherer hatte vor Jahren schon einmal ein Angebot der Towers, als die sich aufmachen wollten, in die Bundesliga aufzusteigen - er verlängerte damals aber bei Erstligist Gießen. Nach Informationen dieser Redaktion soll nun auch Brose Bamberg bereits bei Wucherer angeklopft haben. Der bestätigte auf Nachfrage zwar das Interesse anderer Vereine, wollte aber nicht ins Detail gehen. Der alleinerziehende Vater Wucherer betonte stattdessen, wie wohl er und sein Sohn sich in Würzburg fühlen - andererseits ist er natürlich Profi genug, finanziell und sportlich lukrative Angebote sich sehr genau anzusehen. Gerade in diesen sehr unsicheren Zeiten, in denen ja niemand prognostizieren kann, ob, wann und wie es nach dem an diesem Wochenende beginnenden Meisterturnier weitergehen wird in der Basketball-Bundesliga.
Sein (noch aktueller) Verein hat jedenfalls auch reagiert auf die Gerüchte und veröffentlichte auf der Homepage in Anspielung auf die Textnachricht, aus der die "Bild" zitierte, dies: "Wir haben natürlich auch bei unserem Headcoach nachgefragt und nicht per Text-, sondern per Sprachnachricht folgende Antwort bekommen: ,Der Brückenschoppen nach Feierabend auf der Alten Mainbrücke ist mir dann doch lieber als der Hamburger Fischmarkt.'“