Späterer Dienstagabend, europäischer Zeit. Das Handy macht Laut. WhatsApp-Nachricht von Maximilian Kleber, den man darum gebeten hatte, das einige Tage zuvor geführte Sommerinterview zu autorisieren. Zum Zeitpunkt des Gesprächs in Würzburg war die Basketball-Welt noch heil, es geht auf die Weltmeisterschaft zu. Die Deutschen haben vor, die Euphorie, die sie mit dem ziemlich überraschenden Gewinn der Europameisterschafts-Bronzemedaille im Vorjahr im eigenen Land entfacht hatten, mitzunehmen zur WM.
Dann erschien jüngst ein Podcast mit dem Kapitän dieser Nationalmannschaft, in dem Dennis Schröder Kleber heftig, auch persönlich attackierte. Deshalb Klebers Nachricht am Dienstagabend. Sinngemäßer Inhalt: Unser nettes Sommer-Interview kann so nicht stehenbleiben, weil ich bei der WM nicht teilnehmen werde.
Konflikt in der Basketball-Nationalmannschaft
Ein Paukenschlag – und einer, der Erklärung bedarf. Die liefert Kleber umgehend nach. Die Begründung, warum er auf die Weltmeisterschaft verzichten wird, hat natürlich mit Schröders Angriff auf ihn zu tun.
Die Vorgänge legen nahe: In der Basketball-Nationalmannschaft schwelt offenbar seit längerem ein Konflikt zwischen manchen Spielern. Den gab es im Vorfeld der EM bereits, er wurde jedoch nicht öffentlich gemacht. In diesem Podcast nun aber forderte Schröder recht wortreich Bundestrainer Gordon Herbert dazu auf, Kleber nicht für die WM zu nominieren. Weil er im vergangenen Jahr bei der EM nicht dabei war.
Kleber sagte EM wegen Verletzung ab
Dazu muss man wissen: Kleber hatte vor der EM seine Teilnahme abgesagt, weil er am Knöchel verletzt war und sich nicht hundertprozentig fit gefühlt hatte: "Wenn du nur mit 70 Prozent bei der Nationalmannschaft dabei sein kannst, bringt das niemandem was, erst recht nicht der Mannschaft", hatte er damals gegenüber dieser Redaktion seinen Verzicht begründet: "Ich habe die Entscheidung ja nicht getroffen, weil ich keinen Bock hatte, sondern weil ich nicht rennen und springen konnte. Und da machte es einfach keinen Sinn." Das sei so auch mit Bundestrainer Herbert besprochen gewesen.
Schröders für Mannschaftssportler sehr ungewöhnlicher öffentlicher Angriff auf den NBA-Kollegen zielt nun dennoch auf Klebers Fehlen bei der EM ab. Der in Braunschweig geborene Nationalmannschaftskapitän spricht von einer Übereinkunft auch mit Herbert und darüber, dass die EM-Spieler bei der WM zu bevorzugen seien.
In einer Reaktion auf den Wirbel um seine Aussagen legte Schröder dann sogar in einem Video auf seinem Youtube-Kanal noch einmal nach, rechtfertigte seine Aussagen und versuchte, die Schuld den Medien zuzuschieben: "Ich finde es nicht in Ordnung, dass die Medien immer versuchen, irgendein Feuer zu legen", sagte er. Dabei ist er ja selbst der Brandstifter.
Der Deutsche Basketball-Bund (DBB) hat am Mittwoch in einer Stellungnahme auf das ganze Ballyhoo reagiert. Demnach waren DBB-Vizepräsident Armin Andres und Bundestrainer Gordon Herbert zum Zeitpunkt von Schröders Angriff mit dem U-23-Kader in Toronto. In Kanada haben sie laut der Mitteilung umgehend mit Kleber, der auch in Toronto weilte, gesprochen und auch mit Schröder Kontakt aufgenommen.
Laut DBB nach Aussprache "intern alles geklärt"
Laut DBB kam es zu einer Aussprache zwischen Kleber und Schröder. Dabei sei "intern alles geklärt worden. Letztlich hat sich Maximilian Kleber so entschieden, wie er es in seinem Statement zum Ausdruck gebracht hat. Dem ist nichts hinzuzufügen", schreibt der Verband – und fügt an: "An der Situation können wir jetzt nichts mehr ändern, schauen aber natürlich positiv nach vorne. Wir werden das Trainingslager in Bonn am 31. Juli 2023 mit einer hoch motivierten Mannschaft um Kapitän Dennis Schröder in Angriff nehmen und freuen uns dann sehr auf die Testspielphase in Bonn, Berlin, Hamburg und Abu Dhabi sowie auf den World Cup 2023 in Okinawa/Japan."
Maximilian Klebers Erklärung im Wortlaut:
Die (sehr harte) Entscheidung im letzten Sommer, nicht zu spielen, war auf eine Verletzung zurückzuführen, mit der ich in den letzten vier Monaten der NBA-Saison 21-22 gespielt hatte. Ich brauchte vollständige Genesung und Ruhe.
Wäre ich gesund gewesen, hätte ich gerne und mit Stolz für unser NT gespielt.
Die gesamte Kommunikation von meiner Seite aus mit allen relevanten Personen erfolgte auf ehrliche und respektvolle Weise.
Ich habe den Erfolg der Mannschaft mit Freude verfolgt und war stolz auf das, was sie erreicht hat.
Ich begann diesen Sommer mit der vollen Absicht und Motivation, der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft beizutreten.
Die jüngsten unglücklichen und unangebrachten öffentlichen Äußerungen über mich haben jedoch zu 100 % deutlich gemacht, dass ich im NT nicht uneingeschränkt willkommen bin.
Es ist nicht mein Ziel, die gute Chemie im Team des letzten Sommers zu zerstören. Ich möchte auch nicht zu einer Quelle der Ablenkung werden.
Deshalb habe ich beschlossen, dass es für alle Beteiligten das Beste ist, wenn ich nicht spiele. Stattdessen werde ich die Mannschaft als Fan anfeuern und unterstützen.
Ich habe nicht vor, mich weiter öffentlich über diese Angelegenheit zu äußern.
Ich wünsche dem NT viel Erfolg!"