Am Ende hatten sie bei den Würzburger Kickers genug Gründe, sich über dieses 1:1 (0:0) bei der SpVgg Greuther Fürth zu ärgern. Zuvorderst natürlich diese Szene in der Nachspielzeit, als Fürths Raul Marita Kickers-Angreifer Benjamin Girth in die Hacken trat und Schiedsrichter Peter Dotzel (Heidenfeld) trotz freier Sicht keinen Elfmeter gab. Eine klare Fehlentscheidung.
So stand am Schluss dann dieses alles in allem ernüchternde 1:1-Endresultat auf der Anzeigetafel im Zweitliga-Stadion im Ronhof. Die Möglichkeit, nach dem eher glücklich erkämpften 1:0-Derbysieg gegen Schweinfurt in einen echten Siegeslauf zu kommen, den vierten Dreier in Serie nachzulegen und im Umfeld für größere Zuversicht zu sorgen, ist erst einmal verstrichen.
Klar, die Kickers sind noch immer seit neun Spielen ungeschlagen, und Trainer Martin Lanig hat mit den Würzburgern noch kein Spiel verloren. Aber in der Saisonbilanz stehen nun auch schon fünf Unentschieden. Zu viele, um ganz oben in der Tabelle zu stehen. Kein anderes Team in der oberen Tabellenhälfte hat so oft remis gespielt. Fünf statt drei Punkte beträgt nun der Rückstand auf Tabellenführer Schweinfurt.
Die Ursache für den entgangenen Sieg einzig beim nicht gegebenen Elfmeter in der Nachspielzeit zu suchen, wäre freilich zu einfach. Die Kickers hatten, so musste man es am Ende sehen, eine große Chance liegen lassen, weil sie sich in der Summe einfach zu viele kleine Unkonzentriertheiten erlaubt hatten. Das gilt zum einen für das Ausnutzen von eigenen Torchancen, aber auch für das Verhalten vor dem Gegentor.
Unnötiger Fehler vor dem Gegentor
Da hatte Maximilian Zaiser die Fürther Hausherren mit einem ebenso unnötigen wie folgenschweren Fehlpass im Mittelfeld erst in Position gebracht. "Normalerweise machen wir solche Fehler nicht", meinte Trainer Lanig. Zudem wirkte die Kickers-Abwehr in dieser Phase, kurz nachdem Torjäger Girth die Gäste mit seinem neunten Saisontreffer mit 1:0 in Führung gebracht hatte (50.), ungewohnt luftig. Die von Trainer und Spielern viel gerühmte defensive Stabilität schien kurzfristig abhanden gekommen zu sein, was Fürths Routinier Daniel Adlung zum 1:1 nutzen konnte (57.).
Besonders ärgerlich, weil die Kickers eigentlich über den Großteil der Partie bewiesen hatten, wie gut sie sich inzwischen auf das Verteidigen verstehen. "Eiskalt bestraft" sei sein Team da geworden, fand Lanig, der sich mit dem Ärger über den nicht gegebenen Elfmeter und das Unentschieden gar nicht lange aufhalten wollte.
Martin Lanig sieht eine Entwicklung
Als der Kickers-Trainer nach der Partie in den für Zweitliga-Kapazitäten ausgelegten Räumlichkeiten im Tribünenbauch Bilanz zog, wirkte er so ruhig, gefasst und überlegt wie eigentlich immer in den letzten Wochen. "Ich kann nur betonen: Ich denke nicht irgendwohin", sagte er auf die Punktausbeute aus den letzten Wochen angesprochen. Von dem Motto, von Spiel zu Spiel zu denken, will er offenbar, zumindest in der Öffentlichkeit, unter keinen Umständen abweichen: "Mir geht es darum, jedes Spiel danach zu beurteilen, was wir uns vorgenommen hatten. Ich will eine Entwicklung sehen. Und diese Entwicklung sehe ich nach wie vor."
Nachdem auch in Fürth, bis auf ein paar Minuten des Leichtsinns, das Vorhaben, die Abwehr mit der vor einigen Wochen formierten Fünfter-Kette zu stabilisieren, aufgegangen war, will Lanig nun "im nächsten Step", wie er selbst sagt, das eigene Spiel mit dem Ball optimieren. "Es geht darum, das Spiel an uns zu reißen. Wir wollen aktiver sein und den Ball öfter in gefährliche Zonen auf dem Feld hineinspielen und dort aufdrehen", sagte der 40-Jährige. Und da habe sein Team gegen einen Gegner, "der ähnlich aggressiv spielt wie Schweinfurt", ein paar Fortschritte gemacht.
Lanig ist, so hat man das Gefühl, gerade dabei, die Mannschaft auf links zu drehen. In Idealbesetzung kommt das Team mit dem neuen Fünferketten-System auch besser zurecht. Nur scheint der Kader eben doch für eine andere Formation zusammengestellt zu sein. Nicht für jeden Spieler gibt es in Lanigs System einen Platz.
Martin Lanig wechselt nur zwei Mal
Ein Beispiel dafür ist Flügelstürmer Maximilian Fesser, der nach der Trennung von Ex-Coach Markus Zschiesche vom Trainerwechsel zu profitieren schien, unter dem Interims-Duo mit Sebastian Neumann und Ronny Ermel stark aufgespielt hatte, zuletzt aber gar nicht mehr berücksichtigt wurde. Überhaupt machte Lanig nur von zwei der insgesamt fünf Möglichkeiten zum Auswechseln Gebrauch. Fabrice Montcheu für Dominik Meisel auf er rechten Außenbahn und Alem Japaur für Benyas Junge-Abiol im Sturm waren freilich komplett positionsgetreue Wechsel.
Die Kickers werden in den verbleibenden sechs Partien bis zur Winterpause nun versuchen, den Anschluss an die Spitze zu halten und den Umbau voranzutreiben. Dann werden sie die Möglichkeit haben, am Kader nachzujustieren. Sie werden, auch im Hinblick auf die kommende Saison, die Weichen stellen müssen. Und Lanig wird dabei die Richtung vorgeben.