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Fußball: Aufstiegsspiele zur 3. Liga
Ein Spiel wie aus der Hölle: Die Würzburger Kickers verpassen in einer dramatischen Partie den Drittliga-Aufstieg
Bis ins Elfmeterschießen zittert sich der Regionalliga-Meister. Dann wird ausgerechnet ein Leistungsträger der Unterfranken zur tragischen Figur.
Fassungslos, leer, enttäuscht: die Würzburger Kickers nach der dramatischen Niederlage in Hannover
Foto: Markus Römer | Fassungslos, leer, enttäuscht: die Würzburger Kickers nach der dramatischen Niederlage in Hannover
Carolin Münzel
 und  Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 15.06.2024 02:49 Uhr

Ein Spiel wie aus der Hölle. Wer auch immer sich die Dramaturgie dieser Partie ausgedacht hatte, der kannte keine Gnade. Angst, Freude, Euphorie, Verzweiflung, Sorge, Hoffnung, Enttäuschung – es gab wohl kein Gefühl, das die Anhänger des bayerischen Regionalliga-Meisters FC Würzburger Kickers an diesem Sonntagnachmittag im Aufstiegsrückspiel gegen Hannover 96 II nicht durchlebten. Am Ende blieb nach dem 6:8 nach Elfmeterschießen einzig die Traurigkeit über den verpassten Aufstieg der Rothosen in die 3. Liga. Und die Sorge um die Zukunft des Profifußballs im Verein. Eine Chronologie der Ereignisse von Hannover.

13:30 Uhr: Anpfiff und schwungvoller Start

Die Kickers starten mit einem 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel in die Partie an diesem trüb grauen Sonntag in der großen Stadion-Schüssel am Hannoveraner Maschsee. 25.000 Menschen sind gekommen, es ist stimmungsvoll. Ganz besonders im picke-packe vollen Auswärtsblock. Die Kickers-Anhänger verschaffen sich von Beginn an Gehör und hätten in der Startphase auch beinahe jubeln können. Saliou Sané vergibt die erste Chance der Partie, dann aber werden die Gastgeber von Minute zu Minute besser. Den Kickers gleitet das Spiel aus der Hand. Die Rothosen wussten, was auf sie zukommt. Trotzdem wirken sie beeindruckt von der Vehemenz, mit der die Gastgeber zu Werke gehen.

Die Kickers-Fans sorgten für einen vollen Block und herausragende Stimmung in der Hannoverschen Heinz-von-Heiden-Arena.
Foto: Markus Römer | Die Kickers-Fans sorgten für einen vollen Block und herausragende Stimmung in der Hannoverschen Heinz-von-Heiden-Arena.

22. Minute: Ezeh trifft zum 1:0 für Hannover II

Der Zweitliga-Profi hat im Würzburger Strafraum Platz und Zeit und trifft mit einem satten Schuss ins obere rechte Eck zum 1:0 für die Gastgeber. Ein echter Sonntagsschuss. Nach Hin- und Rückspiel steht es in diesem Moment 1:1. Das Momentum, wie es die moderne Sportsprache nennt, kippt auf die Seite der Hausherren. Die Kickers tun sich schwer. Immer wieder verspringen Bälle. "Es war zu verkopft. Wir wussten, was heute auf dem Spiel steht", sucht Routinier Daniel Hägele später eine Erklärung.

Kickers-Torhüter Vincent Friedsam kann dem Sonntagsschuss von Brooklyn Ezeh nur hinterherschauen. 
Foto: Markus Römer | Kickers-Torhüter Vincent Friedsam kann dem Sonntagsschuss von Brooklyn Ezeh nur hinterherschauen. 

27. Minute: Innenverteidiger Daniel Hägele muss verletzt ausgewechselt werden

Bei Daniel Hägele reißt etwas, womöglich ein Band, wie er nach der Partie auf Krücken gestützt meint. Die Hüfte schmerzt. Es geht nicht weiter für den 35-Jährigen. Ausgerechnet ihn trifft es. Nicht nur, dass die Kickers von da an seine Routine schmerzlich vermissen. Wildersinn fehlt es zudem an echten Alternativen auf der Innenverteidiger-Position. Marius Wegmann sitzt zwar auf der Bank, kann aber, wie der Chefcoach später erklärt "höchstens zehn Minuten spielen".

Thomas Haas kommt ins Spiel, rückt auf die Linksverteidigerposition, Peter Kurzweg agiert anstelle von Hägele in der Mitte. Mit ihm und dem eigentlichen Mittelfeldspieler Tim Kraus bilden fortan zwei Ungelernte die Innenverteidigung. "Extrem bitter und eine Hypothek" seien die Ausfälle der Verteidiger gewesen, sagt Wildersinn. Auch Lukas Gottwalt kann nach seiner Muskelverletzung noch nicht mitwirken. Der Rückstand und Hägeles Verletzung machen den Rothosen sichtbar zu schaffen. Das Team, so scheint es, will sich irgendwie in die Halbzeitpause retten.

Ein Knackpunkt in der Partie: Routinier Daniel Hägele muss in der 27. Minute verletzt vom Feld.
Foto: Frank Scheuring | Ein Knackpunkt in der Partie: Routinier Daniel Hägele muss in der 27. Minute verletzt vom Feld.

45. Minute: Ivan Franjic trifft den Pfosten

Plötzlich klatscht der Ball an den Pfosten des Hannoveraner Tores. An Freund und Feind war der Freistoß von Ivan Franjic vorbeigerauscht. Die Kickers sind zurück im Spiel. "Wir haben probiert dagegenzuhalten und so ins Spiel zurückzukommen. Chapeau an die Jungs! Sie haben sich immer wieder zurückgekämpft", lobt der verletzte Hägele seine Mitspieler.

Der Freistoß von Ivan Franjic klatscht an den Pfosten.
Foto: Frank Scheuring | Der Freistoß von Ivan Franjic klatscht an den Pfosten.

74. Minute: Elfmeter für die Würzburger Kickers

Lange Zeit wogt das Spiel in der zweiten Halbzeit hin und her. Oben auf der Tribüne sitzt Hannovers Profi-Chef Martin Kind neben Kickers-Ehrenpräsident Michael Schlagbauer und schwärmt von der Partie. Schlagbauer hat keine Muse, etwas zu genießen. Zu viel steht für die Kickers auf dem Spiel. Die Würzburger sind nun besser drin in der Partie und plötzlich im Vorteil: Maximilian Zaiser wird im 96er-Strafraum zu Fall gebracht.

Tribünen-Nachbarn Kickers-Ehrenpräsident Michael Schlagbauer und Hannovers Profi-Boss Martin Kind.
Foto: Markus Römer | Tribünen-Nachbarn Kickers-Ehrenpräsident Michael Schlagbauer und Hannovers Profi-Boss Martin Kind.

Schiedsrichter Florian Exner entscheidet folgerichtig auf Elfmeter. Saliou Sané tritt an. "Fußball ist etwas Schönes, ich habe keine Angst", hatte er vor dem Rückspiel in seiner Heimatstadt mit Blick auf die zu erwartende Kulisse gesagt. Und tatsächlich verwandelt der 31-Jährige zum 1:1. Die Kickers stehen mit einem Bein in der 3. Liga. Nach Hin- und Rückspiel steht es 2:1 für die Unterfranken. Hannovers Widerstand scheint gebrochen. Die Gastgeber lassen die Köpfe hängen.

Mit einem Bein in der 3. Liga: Die Spieler der Würzburger Kickers bejubeln den Elfmetertreffer von Saliou Sané zum zwischenzeitlichen 1:1.
Foto: Frank Scheuring | Mit einem Bein in der 3. Liga: Die Spieler der Würzburger Kickers bejubeln den Elfmetertreffer von Saliou Sané zum zwischenzeitlichen 1:1.

83. Minute: Elfmeter für Hannover II

Und plötzlich flutscht den Kickers der Aufstieg doch noch durch die Finger. Nach einer Freistoßflanke foult Kickers-Torwart Vincent Friedsam Hannovers Tim Walbrecht. Es gibt Elfmeter. Eric Uhlmann trifft. Und da es nach 90 Minuten Spielzeit immer noch 2:1 steht, geht es folgerichtig in die Verlängerung. Stand nach Hin- und Rückspiel zu diesem Zeitpunkt 2:2.

105. Minute: Tor für Hannover II

Die erste Hälfte der Verlängerung ist fast um, da lässt der schon gelbgestrafte Pascal Moll Zweitliga-Profi Kolja Oudenne entkommen, Hayata Matsuda steht parat und trifft aus extrem spitzem Winkel an Friedsam vorbei in den Kasten: 3:1 für die Reserve von Hannover 96. In diesem Moment sind erneut die Niedersachsen Drittligist. Stand nach Hin- und Rückspiel 3:2. Alles vorbei? Die Kickers wirken demoralisiert. Wildersinn schickt mit Tim Sausen und Marius Wegmann zwei frische Kräfte auf den Platz.

110. Minute: Elfmeter für die Würzburger Kickers

Kaum fünf Minuten später wendet sich das Blatt erneut. Benyas Junge-Abiol wird im Strafraum zu Fall gebracht, es gibt Elfmeter – den dritten in dieser Partie. Und wieder trifft der Schütze, der diesmal Ivan Franjic heißt. Wer in die 3. Liga aufsteigt, ist zu diesem Zeitpunkt wieder völlig offen. Stand nach Hin- und Rückspiel 3:3.

Ab der 121. Minute: Elfmeterschießen und ein tragisches Scheitern

Ein Drama, dem ein eigener Akt gebührt. Nach den Treffern von Peter Kurzweg, Tim Sausen, der in keinem der Liga-Spiele ein Tor erzielt hatte, und Dardan Karimani steht es 3:3 zwischen Würzburg und Hannover. An den Punkt tritt Saliou Sané. Geboren und aufgewachsen in Hannover, ausgebildet bei 96, eine der Säulen der aktuellen Kickers-Mannschaft und in großen Teilen mitverantwortlich, dass die Unterfranken es überhaupt in die Aufstiegsspiele geschafft haben.

Der entscheidende Elfmeter: Hannovers Leo Weinkauf pariert gegen Kickers-Angreifer Saliou Sané.
Foto: Frank Scheuring | Der entscheidende Elfmeter: Hannovers Leo Weinkauf pariert gegen Kickers-Angreifer Saliou Sané.

Er läuft an, zieht ab – und Keeper Leo Weinkauf hält. Ein Stöhnen geht durch die Reihen der Kickers-Fans. Dann gellt ein Pfiff durchs Stadion. Der Elfmeter wird wiederholt, weil Hannovers Torwart, ebenfalls eine Leihgabe aus der Zweitliga-Mannschaft, vor der Torlinie stand. Sané geht erneut zum Punkt. Und scheitert wieder. Ausgerechnet er. Ausgerechnet in Hannover.

"So etwas hat keiner verdient. Aber er am allerwenigsten", sagt sein Trainer Wildersinn später. Schon in diesem Moment – noch bevor Kolja Oudenne und Uhlmann das Werk der 96er vollenden –ist klar, dass die Partie für die Unterfranken gelaufen, der Traum vom Aufstieg geplatzt ist. Wie es weitergeht am Dallenberg, wird sich in den kommenden Tagen entscheiden.

Nach Schlusspfiff: Die Fans feiern die Mannschaft

Die Fans feiern das Team und Trainer Marco Wildersinn tröstet die Spieler nach dem dramatischen Scheitern in Hannover.
Foto: Frank Scheuring | Die Fans feiern das Team und Trainer Marco Wildersinn tröstet die Spieler nach dem dramatischen Scheitern in Hannover.

Als die Spieler nach dem Schlusspfiff in die Gästekurve kommen, wird nicht nur gemeinsam mit den Fans getrauert. Die Anhängerinnen und Anhänger feiern das Team für eine starke Saison. "Es tut mir leid für die Mannschaft, für die Leute im Verein und für die Fans, die uns absolut aufstiegsreif unterstützt haben", sagt Trainer Wildersinn am Ende eines aufwühlenden Tages.

Fußball: Aufstiegsspiel zur 3. Liga
Hannover 96 II - FC Würzburger Kickers 8:6 n.E. (1:0, 2:1)

Hannover:
Weinkauf - Arkenberg, Börner, Uhlmann, Matsuda - Moustier (118. Busch), Walbrecht - Ezeh, Oudenne, Chakroun (77. Hesse) - Scott (77. Stepantsev).
Würzburg: Friedsam - Montcheu (80. Karimani), Kraus, Hägele (29. Haas, 106. Wegmann), Kurzweg - Franjic, Zaiser, Meisel (106. Sausen) - Junge-Abiol, Sané, Caciel (80. Moll).
Schiedsrichter: Florian Exner (Münster).
Zuschauende: 25.000.
Tore: 1:0 Brooklyn Ezeh (22.), 1:1 Saliou Sané (75., Foulelfmeter), 2:1 Eric Uhlmann (85., Foulelfmeter), 3:1 Hayate Matsuda (105.), 3:2 Ivan Franjic (112., Foulelfmeter).
Elfmeterschießen: 0:1 Peter Kurzweg, 1:1 Julian Börner, 1:2 Tim Sausen, 2:2 Hayate Matsuda, 3:2 Dardan Karimani, 3:3 Brooklyn Ezeh, Saliou Sané scheitert an Leo Weinkauf, 4:3 Kolja Oudenne, 4:4 Ivan Franjic, 5:4 Eric Uhlmann

 
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  • Michael Rotter
    Das 3-malige abbrennen von Pyrotechnik im Gästeblock wurde in keinster Weise erwähnt. Ist dies weniger gefährlich als im Gästeblock beim Derby und wird dies für Kickersfans toleriert und für Schnüdelfans nicht. Da erwarte ich Gleichheitsbehandlung.
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  • Bernd Burgis
    Kommen wir nun zu den Kickers. So richtig tauglich für die 3. Liga sind die Herren Friedsam, Kurzweg, Franjic (der uns ja leider verläßt!), Zaiser und Pechvogel Sane. Bei allen anderen Kickern muss man wohl Abstriche machen. Die Kickers hätten also auch bei einem gestrigen Sieg dringend 6-8 drittligataugliche Neuzugänge gebraucht. Jetzt liegt es nur an den Sponsoren, (ob sie wollen oder nicht?!) für die Runde 24/25 gleich Nägel mit Köpfen zu machen und eine Mannschaft zu formen, die nicht nur RL-Meister mit direktem Aufstieg sondern auch "spielstark" für die 3. Liga ist. An den Herren Wildersinn und Neumann sollte man festhalten, die haben einen guten Job gemacht, aber die "Fußballerqualität" muss stimmen, sonst wird das nichts!
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  • Bernd Burgis
    Frau Behringer und Herr Rödel haben Recht! Ich möchte noch ergänzen, dass die Kickers (auch wenn das viele nicht hören wollen!) in einer nicht sehr starken Regionalliga Bayern Meister geworden sind. Nehmen wir die jetzigen 3. Liga Aufsteiger Ulm (Regionalliga SW) und Münster (RL West), die vor einem Jahr Meister dieser Klassen waren und jetzt im Durchmarsch durch die 3. Liga gleich in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind. Vor einem Jahr hatte das Elversberg (auch Südwest) genauso geschafft und die haben jetzt auch in der 2. Bundesliga im Mittelfeld abgeschlossen! Man müßte (was leider ja nicht möglich ist!) die ersten 5 Vereine der Regionalliga Bayern mal "ein Probejahr" in der West oder Südwest spielen lassen, dann würden auch die Funktionsherren im DFB und ihren Landesverbänden merken, dass 5 Regionalligen nur das Niveau verwässern und 4 Klassen deutlich stärker als Unterbau der 3. Liga wären. Es liegt aber nicht nur am BFV , auch im früheren Osten will man eine eigene Regionalliga
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  • Peter Lorenz
    Sie haben vergessen zu erwähnen dass auch die Kickers diesen Durchmarsch von Liga 3 zu Liga 2 schon einmal geschafft haben..
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  • Ralph Rödel
    Genau das ist der Punkt gewesen. Die Kickers waren schon in der Liga im Angriff zu wenig kreativ und betrieben Chanchenwucher, bis endlich einmal ein Tor fiel- In der Liga fiel das nicht groß auf, reichte zumeist immer noch zum Sieg, gegen Ingolstadt verlor man dadurch das Spiel. Und Saliou Sané alleine war auch in Top-Form halt zu wenig - der zweite etatmässige Mittelstürmer indes gänzlich ohne Tor. Machen wir uns nichts vor- Die Mannschaft war so nicht drittligareif vor dem Hintergrund der aktuellen Zusammensetzung der dritten Liga mit den zu erwartenden hohen Hürden. Vielleicht besser so....
    Sich auf eine gute Standardstärke zu verlassen reicht halt nicht. Der Torwart zeigte eine solide leistung, darf (muss) aber, wenn man aufsteigen will, von 6 Elfern auch einmal einen halten....
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  • Gertraud Behringer
    In zwei Spielen kein einziges heraus gespieltes Tor.... das ist zu wenig.

    Trotzdem schade, dass der Meister nicht aufsteigen kann. Das ist wohl einzigartig in Deutschland und vielleicht weltweit.
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