Das Münchner Stadion an der Grünwalder Straße war in der jüngeren Vergangenheit kein gutes Pflaster für die Würzburger Kickers. Ob die Gegner nun 1860 München, FC Bayern München II oder eben Türkgücü München hießen, bei den letzten vier Auftritten der Unterfranken in der bayerischen Landeshauptstadt gab es ein Remis und setzte es drei Niederlagen. Bei den letzten drei Gastspielen in München-Giesing blieben die Rothosen zudem torlos. Ein Fluch, den sie am Donnerstagabend besiegt haben.
Wie erwartet gab der im Sommer vom TSV Havelse nach Würzburg gekommene Torhüter Norman Quindt sein Punktspieldebüt in der Regionalliga Bayern. Stammkeeper Vincent Friedsam fehlte erkrankt. Ansonsten ließ Trainer Marco Wildersinn die Startelf nach dem 3:0-Heimsieg gegen Burghausen am vergangenen Wochenende unverändert. Ex-Türkgücü-Akteur Thomas Haas hatte sich, nachdem er am Mittwoch noch wegen einer Knie-Blessur den Trainingsplatz humpelnd verlassen musste, am Spieltag zwar fit gemeldet. Auf der rechten Abwehrseite erhielt aber erneut Fabrice Montcheu den Vorzug. Haas nahm genauso wie der erst am Mittwoch verpflichtete Luke Hemmerich bei Spielbeginn auf der Bank Platz.
Die Konstellation vor dieser Partie zur Abendbrotzeit am Donnerstag ließ durchaus einiges erwarten. Kickers-Coach Wildersinn hatte bereits vor der Begegnung angemerkt, dass er im türkisch geprägten Münchner Klub einen echten, ja vermutlich gar den gefährlichsten, Kontrahenten im Kampf um die Meisterschaft sieht. Umso verlockender war die Perspektive, die Distanz zum aktuellen Tabellendritten durch den fünften Ligasieg in Serie auf sieben Punkte anwachsen zu lassen.
Als der Ball auf dem Rasenviereck dann rollte, zeigte sich schnell, was Wildersinn gemeint hatte, als er Türkgücüs Spielweise als „erwachsen“ bezeichnete. Dieses Spiel, es war kein Zuckerschlecken für die Akteure und nichts zum Zunge schnalzen für die Zuschauer. Türkgücü zeigte, dass es sich gut darauf versteht, Sand ins Getriebe des Gegners zu streuen. Mit Robustheit und taktischer Disziplin versuchten die Gastgeber vom Start weg den Kickers die Spielfreude zu rauben und den Spielfluss zu unterbrechen. Mit Erfolg. Vieles wirkte unrund: Mal versprang den Gästen der Ball schon bei der Annahme, dann trudelte ein Pass ins Aus. Etliches blieb Stückwerk.
Trotzdem fehlten den Kickers nur ein paar Zentimeter, um schon vor der Pause in Führung zu gehen: Nach einer Flanke von Benjika Caciel köpfte Saliou Sané den Ball an den Außenpfosten des Heim-Tores (13.). Und als dem Mittelstürmer in der 38. Minute der Ball im Strafraum vor die Füße fiel, konnte Türkgücü-Torhüter Sebastian Kolb diesen mit den Fingerspitzen gerade noch so an die Latte lenken.
Und die Gastgeber? Die blieben in Halbzeit eins ohne echte Torchance. Quindt konnte und brauchte, wie schon bei seinen bisher drei Auftritten im Toto-Pokal-Wettbewerb, in den ersten 45 Minuten keine Parade zeigen. Gleichwohl war der 26-Jährige mit der Ruhe und Souveränität, die er ausstrahlte, durchaus daran beteiligt, dass der Tabellendritte einem Torerfolg nicht allzu nah kam.
Dass Trainer Wildersinn mit dem Kickers-Spiel trotzdem nicht wirklich zufrieden war, zeigte sich in der Halbzeitpause, als gleich drei Rothosen-Akteure sich für ihre Einwechslung bereit machten: Pascal Moll, Tim Kraus und Benyas Junge-Abiol ersetzten zu Beginn von Durchgang zwei Caciel, Maximilian Zaiser und Dardan Karimani. Sie sollten wohl auch für mehr körperliche Robustheit sorgen.
Wie rasch sich diese Wechsel auszahlten, damit hatte wahrscheinlich nicht mal Wildersinn gerechnet. Es war der erste Angriff nach dem Seitenwechsel, als Kapitän Peter Kurzweg auf dem linken Flügel flanken konnte und seine Hereingabe am langen Pfosten den gerade ins Spiel gekommenen Junge-Abiol fand, der den Ball aus rund sechs Metern zum 1:0 für die Gäste ins Tor beförderte (47.). Ausgerechnet Junge-Abiol also, dem in dieser Saison noch nicht allzu viel gelungen war und der in den letzten vier Partien insgesamt gerade einmal 13 Minuten auf dem Feld gestanden hatte, erzielte mit seinem ersten Saisontreffer das Führungstor in diesem Topspiel.
Es war ein Treffer, der die Statik der Partie deutlich veränderte. Denn fortan waren die Gastgeber gefordert, versuchten das Geschehen weiter in die gegnerische Spielhälfte zu verlagern und vor dem Kickers-Tor Unruhe zu stiften. Doch die Würzburger nahmen den Kampf an, brachten immer wieder einen Fuß dazwischen und hatten, wenn Türkgücü doch einmal eine Lücke fand, in Quindt einen sicheren und umsichtigen Rückhalt. Weil aber Junge-Abiol bei einem Konter gegen den heraus eilenden Türkgücü-Keeper Kolb das 2:0 verpasste (64.) und Moll nach Sanés drittem Alutreffer den Ball am leeren Tor vorbei setzte (90.), mussten die Kickers, bei denen Neuzugang Hemmerich in der Schlussviertelstunde sein Comeback im alten Dress feierte, noch bis zum Abpfiff energisch um den Dreier kämpfen, der ihnen in der Tabelle nun einen kleinen Vorsprung auf die Verfolger sichert.
Fußball, Regionalliga Bayern, Männer
Türkgücü München - Würzburger Kickers 0:1 (0:0)
München: Kolbe - Karaoglu (71. Gracic), K. Hingerl, Rech, Morou (81. Abrangao) - Berwein, S. Hingerl, Tosun, Laverty - Tunc, Imsak (71. Müller).
Würzburg: Quindt - Montcheu, Wegmann, Hägele, Kurzweg (77. Hemmerich) - Franjic (87. Scholz), Zaiser (46. Kraus), Meisel - Caciel (46. Junge-Abiol), Sané, Karimani (46. Moll).
Schiedsrichter: Maximilian Riedel (Augsburg).
Tor: 0:1 Junge-Abiol