Der 1:0-Erfolg bei Türkgücü München könnte für die Würzburger Kickers ein Meilenstein sein auf dem Weg zum großen Ziel, das da lautet: Rückkehr in die Dritte Liga. Schließlich haben die Rothosen mit dem Sieg im direkten Duell sieben Zähler Differenz zwischen sich und die Münchner gebracht. Die Zuverlässigkeit, mit der die noch ungeschlagenen Kickers punkten, macht es den Kontrahenten derzeit schwer, mitzuhalten. Von einem Big-Point im Meisterschaftsrennen wollte Trainer Marco Wildersinn am Ende zwar nicht sprechen, wohl aber von „einem wichtigen Sieg, weil wir eine starke Mannschaft geschlagen haben. Das ist gut für das Selbstvertrauen.“
Die Kickers sind dabei, ein Selbstverständnis im Gewinnen zu entwickeln, das der Konkurrenz durchaus den Nerv rauben kann. Es war am Donnerstagabend ja nicht so, dass Türkgücü schlecht gespielt hätte. "Der Gegner hatte guten Ballbesitz. Wir mussten viel hinterherlaufen", stellte Torhüter Norman Quindt nach seiner Premierenpartie in der Regionalliga Bayern fest. Trotzdem waren die Münchner letztlich chancenlos. Denn dort, wo es drauf ankommt, vor beiden Toren, da waren die Kickers einfach besser. Sowohl, was das Verteidigen, als auch das Angreifen angeht. Angesichts von drei Aluminiumtreffern von Angreifer Saliou Sané hätte das Ergebnis dieses eigentlich umkämpften Spiels gut und gerne auch noch deutlicher ausfallen können.
Letztlich war es dann aber – auch das ist Teil des Laufs, den die Kickers derzeit haben – das gute Händchen von Trainer Wildersinn, das den Unterschied machte. Es mutete mutig an, als er in der Halbzeit mit Top-Scorer Dardan Karimani und Benjika Caciel, seine mit jeweils fünf Treffern bislang erfolgreichsten Torschützen auswechselte und obendrein noch Mittelfeld-Organisator Maximilian Zaiser vom Feld holte. „Weil sie gefühlt nicht so im Spiel waren“, wie der Cheftrainer fand: „Wenn man gute Spieler auf der Bank hat, hat man die Möglichkeit, ein bisschen früher zu wechseln und denen ein bisschen mehr Zeit zu geben, sich zu zeigen.“
Pascal Moll, Tim Kraus und Benyas Junge-Abiol kamen. „Alle drei haben die Chance genutzt“, so Wildersinn. Besonders gilt das für den Siegtorschützen Junge-Abiol, der nach einer Verletzung zu Saisonbeginn zuletzt einen schweren Stand hatte. Der erste Saisontreffer werde dem Flügelstürmer, dem nach einigen vergebenen Chancen von manchem Beobachter schon der Stempel Chancentod aufgedrückt worden war, Auftrieb geben. „Er ist auf einem guten Weg“, ist auch Wildersinn überzeugt.
Seine Chance genutzt hat auch Quindt. Der Keeper, der beim von lediglich 375 Zuschauerinnen und Zuschauern besuchten Top-Spiel am Donnerstagabend für den erkrankten Vincent Friedsam in den Kasten gerückt war, dürfte mit seiner Leistung Wildersinn in eine Zwickmühle gebracht haben. „Ich hoffe, auch am Dienstag im Tor zu stehen“, sagte Quindt, der mit klugem Verhalten in Eins-gegen-Eins-Situationen und energischem Herauslaufen bei Flankenbällen aufflammende Gefahr bereits im Keim erstickt hatte. An Selbstvertrauen mangelt es dem 26-Jährigen nicht: „Mein Ziel ist die Dritte Liga schon die ganze Zeit. Ich habe in dem Jahr mit Havelse in der Dritten Liga schon gezeigt, dass ich da im Profi-Fußball mithalten kann. Da will und muss ich wieder hin. Das ist mein Anspruch“, sagt er.
Nun muss Wildersinn entscheiden, wem er in den kommenden Spielen das Vertrauen schenkt. „Dass er gut drauf ist, sehe ich jeden Tag im Training. Es gibt, glaube ich, keinen, der mit so einem Eifer dabei ist“, lobt er Quindt: „Er macht einen sehr ruhigen, abgeklärten Eindruck, versucht alles einfach zu lösen und macht keine verrücken Sachen.“ Ein gutes Zeugnis für den Neuzugang. „Aber Vini hat seine Sache auch gut gemacht“, so Wildersinn mit Blick auf Friedsam. Der Zweikampf um den Posten im Tor, er scheint entflammt zu sein. Quindt spricht trotzdem mit viel Respekt von seinem teaminternen Rivalen: „Jeder von uns will spielen. Wir sind beide gute Torhüter. Für denjenigen, der gerade draußen ist, ist das natürlich schwer.“
Schließlich steht am Dienstag (14 Uhr, Sachs-Stadion) ein besonderes Spiel auf dem Programm. Die mitgereisten Anhänger sangen sich nach Schlusspfiff bereits warm für das Derby gegen den FC 05 Schweinfurt. Am Montag (17 Uhr) wollen sie ihre Kickers beim öffentlichen Abschlusstraining am Dallenberg noch einmal einschwören auf einen der emotionalen Höhepunkte dieser Saison. Es sind bewegte Zeiten bei den Rothosen.