Ob Glückwünsche oder doch eher aufmunternde Worte angesichts des neunten Platzes bei der Hochschul-Weltmeisterschaft im chinesischen Jinjiang angebracht wären, da sind sie sich nicht ganz einig. Kapitän Stefan Wasser und Teamkollege Ben Müller drucksen in der Cafeteria des Würzburger Hochschulsportzentrums herum, ehe Trainer Gerhard Bömmel selbstbewusst klar macht: "Für mich war das Turnier ein voller Erfolg."
Das angepeilte Ziel, das WM-Viertelfinale zu erreichen, hat die 23-köpfige unterfränkische Delegation nicht erreicht. Mit einem Sieg aus drei Vorrundenspielen musste das Team in die Trostrunde, drehte im Kampf um Platz neun aber noch einmal richtig auf. Mit zwei spektakulären Siegen nach Rückstand und in Unterzahl, gegen Split (4:2) und Kiew (3:2), sicherte sich die Mannschaft die beste noch mögliche Platzierung und durfte den Heimflug doch noch mit einem Lächeln antreten.
Moritz Lotzen leitet Aufholjagd mit Traumtor ein
Das sah eine Woche zuvor noch anders aus. Nach der entscheidenden Pleite gegen Sydney hingen die Köpfe kollektiv auf Kniehöhe. "Wir saßen minutenlang in der Kabine, ohne irgendein Wort zu sagen. Jeder wusste, dass wir gerade etwas Großes verspielt haben", sagt Wasser. Müller fügte hinzu: "Die Niederlage gegen Sydney war verdient, das muss man schon zugeben." Würzburg war raus aus dem Kampf um den Titel, den sich Uruguay mit einem 2:1-Sieg im Finale gegen Australien schnappte.
Dass seine Jungs dennoch nicht aufgesteckt haben, ist für Bömmel sportlich die wichtigste Erkenntnis des Trips. "Es ist immer wieder geil zu sehen, was die Mannschaft für einen Charakter hat. Auch wenn es nur die Trostrunde war: Keiner hat den Kopf in den Sand gesteckt. Wir haben guten Fußball gezeigt und doch noch etwas gerissen."
Dass sich seine Schützlinge ausschließlich auf das Kicken konzentrieren konnten, dafür sorgte der Veranstalter mit einem Rundum-Sorglos-Paket. 5-Sterne-Hotel, Mannschaftsbus, zwei exklusiv für das Team abgestellte Betreuer. Sogar beim "Austricksen" in Sachen zensiertem Mobilfunk waren die Veranstalter hilfreich. "Die Organisatoren haben uns geholfen, neue Sim-Karten zu kaufen", sagt Wasser.
Überhaupt seien viele Vorurteile widerlegt worden. "Dass das Handy überwacht wird, dass du nur in die vorzeigbaren Ecken kutschiert wirst - alles Quatsch. Da ist nichts verheimlicht worden, es gab keine Einschränkungen", sagt Bömmel, während er Fotos des hektischen und grauen Stadtlebens Jinjiangs auf seinem Smartphone heraussucht. "Wir waren völlig frei und haben keine Form der Einschränkung gespürt", ergänzt Wasser. Ein Blick auf das Teilnehmerfeld verrät dann doch, das im Reich der Mitte nicht alles eitel Sonnenschein ist. "Hongkong hatte sich qualifiziert, durfte aufgrund der politischen Lage aber nicht einreisen und wurde durch ein chinesisches Team ersetzt", erzählt Müller.
Zwar standen vor allem westlich geprägte Einkaufszentren wie das "Wanda Plaza" bei den Studenten hoch im Kurs, doch verschlug es die Uni-Fußballer auch auf einheimische Märkte. "Als wir auf dem Markt angekommen sind, haben uns alle angeschaut. Es war interessant, aber schon gewöhnungsbedürftig", erzählt Wasser. "Da hingen tote Hühner, deren Blut auf den Boden tropfte, direkt neben dem Gemüse." Auch die chinesischen Supermärkte seien nicht mit den europäischen zu vergleichen. "Bei der Fischtheke standen ein paar offene Bottiche auf dem Boden. In einem davon war ein kleines Krokodil", erzählt Bömmel. Auf die tatsächliche Größe des Reptils (Wasser: "Klein? Das war so ein Teil!") wollen sich die Würzburger nicht festlegen (Bömmel: "Ich sag jetzt mal besser nicht, wer sich total erschrocken hat").
Medaillen hatte die Mannschaft beim Heimflug nicht im Gepäck, dafür neben zahlreichen Eindrücken aber auch viele Kontakte zu anderen Uni-Kickern - und dank des Strafenkatalogs eine mit 300 Euro gut gefüllte Mannschaftskasse. Die häufigsten Vergehen: Unpünktlichkeit und falsche Kleiderwahl. "Das Zimmer von Simon Wengeler und Alexander McBride hat einiges in die Kassen gespült", sagt Wasser grinsend.
Aus den Augen verloren haben die Würzburger das Edelmetall aber nicht. Im Juli finden im serbischen Belgrad die "EUSA-Games" statt. Dann soll mehr herausspringen, aufgrund der gelockerten Altersbeschränkungen auch wieder mit Tim Lorenz und Sebastian Fries auf dem Rasen. "Mit diesem Geist in der Unimannschaft bin ich mir sicher, dass wir noch etwas holen werden", sagt Bömmel.
Trainer: Gerhard Bömmel
Co-Trainer: Tim Lorenz (WFV)
Physiotherapeuten: Eva Wenzlik (WFV)
Betreuer/Schriftführer: Sebastian Fries (TSV Karlburg), Michael Dietl (TSV Abtswind)
Abwehr: Max Wolf (TSV Abtswind), Paul Obrusnik (WFV), Stefan Wasser (WFV), Franz Ruppel (SG Barockstadt Fulda), Simon Wengeler (TSV Rottendorf)
Mittelfeld: Ben Müller (TSV Aubstadt), Lukas Illig (TSV Großbardorf), Adrian Dußler (TSV Abtswind), Moritz Lotzen (WFV), Erik Schnell-Kretschmer (WFV), David Bröer (TG Höchberg), Alexander McBride (ASV Rimpar), Levi Wendel (TSV Kleinrinderfeld)
Angriff: Pascal Jeni (TSV Karlburg), Ferdinand Hansel (TG Höchberg), Yannick Reinhart (TSV Forst)