Das Resultat war nicht anders zu erwarten: der Vorstand des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) hat das beschlossen, was der Verband am Ende der vergangenen Woche als vermeintlich beste und einzig praktikable Lösung für den Spielbetrieb im hiesigen Amateurfußball in der Corona-Krise präsentiert hat. Die laufende Saison wird bis 31. August ausgesetzt. Das heißt: Die Ligen werden beim aktuellen Stand eingefroren und die Spielzeit soll, wenn denn die Behörden es dann zulassen, ab 1. September fortgesetzt werden.
Der BFV-Vorstand beruft sich bei seinem einstimmigen Votum auch auf eine Internetabstimmung, die der Verband am Wochenende unter seinen Vereinen durchgeführt hat. 68,13 Prozent der teilnehmenden Vereine waren dabei für den Verbandsvorschlag, die Saison nicht abzubrechen, sondern im September fortzusetzen. 73,53 Prozent der bayerischen Fußballklubs hatten mitgemacht. "Die Zeit ist nicht einfach, weil wir wissen, dass sämtliche Lösungen im Umgang mit dieser Saison Nebenwirkungen mit sich bringen. Natürlich auch unser Weg. Wir sind aber nach wie vor davon überzeugt, dass das vorgeschlagene Modell unter Abwägung aller Fragen die bestmögliche Lösung darstellt", wird Präsident Rainer Koch in der Mitteilung des BFV vom Donnerstag zitiert.
Wie die Lösung freilich genau aussehen wird, das lässt der Verband einstweilen noch offen. Insgesamt fünf "Lösungsarbeitsgruppen"- der BFV liefert in seiner Mitteilung gleich die Abkürzung LAG für diese mit - sollen sich nun mit den Details beschäftigen. Zum Beispiel mit Fragen des Wechselrechts. So hatte der Verband zwar bereit im Vorgriff die Regelung ausgesetzt, dass ein Spieler nach sechs Monaten ohne Einsatz den Verein ohne Zustimmung des abgebenden Klubs wechseln darf. In vielen anderen Fragen herrscht aber Unklarheit. So sind die Klubs, was Verträge beispielsweise mit Trainern angeht, wenn diese am 30. Juni enden, auch an die Regeln des Arbeitsrechts gebunden. Einige Vereine klagen bereits, dass ihnen einige Spieler im Sommer aus beruflichen Gründen abspringen. Können diese während einer Transferperiode ersetzt werden oder sind in diesem Sommer keine Vereinswechsel in Bayern erlaubt? All diese Fragen gilt es nun zu klären. Auch wie eine verkürzte kommende Saison aussehen könnte, lässt der BFV derzeit unbeantwortet.
Die Verbandsführung hatte den eigenen Vorschlag als "alternativlos" bezeichnet und nur über diesen abstimmen lassen. Der Westfälische Landesverband hatte indes zuletzt seinen Klubs verschiedene Szenarien zur Auswahl gegeben. Dort sprachen sich lediglich elf Prozent der Klubs für eine Fortführung der Saison im September aus. Der Rest votierte für einen Abbruch. Dabei freilich für verschiedene Modelle, also ein Teil für eine Wertung mit der gegenwärtigen Tabelle, andere wieder für eine komplette Annullierung der Spielzeit, also das Aussetzen von Auf- und Abstieg. Ein endgültige Verbands-Entscheidung steht dort aber noch aus.
Kritik am Verfahren des bayerischen Verbandes weist Geschäftsführer Jürgen Igelsbacher in einem von der BFV-Pressestelle geführten und auf der BFV-Internetseite veröffentlichten Interview zurück: "Wer mit Nein gestimmt hat, auch das haben wir wiederholt klar und deutlich vor Augen geführt, war für einen Abbruch oder eine Annullierung. Und dieser Weg hätte alleine schon aus Haftungsgründen einen Außerordentlichen Verbandstag zur Folge gehabt. Der Vorstand war immer gewillt, Verantwortung zu tragen und eine Entscheidung zu treffen. Diesen Weg haben wir aufgezeigt. Für diesen Weg wollten wir die Meinung der Vereine kennen. Alleine für den Fall eines Saisonabbruchs gibt es nochmals ganz unterschiedliche Wege. Abbrechen und den aktuellen Tabellenstand werten? Gar keine Wertung? Nochmal bei null beginnen? Nur Aufsteiger, keine Absteiger? Beides: also Auf- und Absteiger?"
Bei der weiteren Ausgestaltung der Regelungen gehe für den Verband nun "Gründlichkeit vor Geschwindigkeit." Deswegen, so Igelsbacher, habe man sich entschieden nun Arbeitsgruppen einzusetzen: "Wir wollen Lösungen, die der größtmöglichen Mehrheit unserer Vereine in ganz Bayern gerecht wird."
Ein Klub, der die Verbandslinie von Beginn an skeptisch gesehen hat, ist der TSV Großbardorf. Der Bayernligist aus dem Grabfeld hatte bereits am Wochenende in einer ausführlichen Stellungsnahme seine Gründe für die Ablehnung des Verbandsvorschlags dargelegt. Quintessenz: der Verband wälze viele Probleme auf die Vereine ab. TSV-Sportvorstand Andreas Lampert glaubt, dass die bayerische Lösung die Klubs vor große Probleme stellen wird. "Das wird drastische Folgen haben", sagt er, kritisiert die einseitige Informationspolitik des Verbandes sowie die kurze Vorlaufzeit zur Abstimmung und kündigt an: "Wir werden uns sicherlich noch einmal ausführlich dazu äußern."