
Otis Livingston I ist in seinem Element. Die Kamera ist auf ihn gerichtet, die Scheinwerfer sind an. "Das ist ein guter Pass", kommentiert er eine Szene seines Sohns. Oder: "Da muss er cleverer sein. Jetzt hat er sein zweites Foul begangen und muss auf der Bank über seinen Fehler nachdenken." Für seine Social-Media-Kanäle hat Basketball-Bundesligist Würzburg Baskets ein Video produziert. Livingston Senior, der derzeit seinen Sohn, Otis Livingston II, in Deutschland besucht, kommentiert dabei Szenen seines Nachwuchses. Livingston I ist in den USA TV-Journalist. Zwar kommentiert er mittlerweile selbst keine Spiele mehr, aber für den Sender CBS berichtet er über die New Yorker NBA-Teams New York Knicks und Brooklyn Nets, sowie das NFL-Team New York Jets.
Vor seiner zweiten Karriere im Fernsehen hatte Livingston I auch eine als Basketballer. "Es war immer mein Traum Profi zu werden, und dann ins Fernsehen zu gehen", berichtet er. Weil er es nach dem College aber nicht in die NBA schaffte, begann er direkt als Fernsehkommentator. Zunächst für den Sender seiner Universität in Idaho, später als Sprecher der Sportnachrichten und schließlich beim Sender NBC. 2004 berichtete er von den Olympischen Spielen in Athen, 2006 von den Winterspielen in Turin, ehe er vor 15 Jahren zu CBS wechselte.
Otis Livingston III ist möglich
Die Woche in Würzburg mit dem Heimspiel gegen Hamburg und dem Auswärtsspiel in Ulm ist für ihn aber vor allem eins: Urlaub. "Außerdem möchte ich Zeit mit meinem Sohn verbringen", sagt er. Der Würzburger Aufbauspieler ist der älteste Sohn und deshalb auch nach seinem Vater benannt. Was in Deutschland etwas unkreativ wirkt, ist in den USA gängige Praxis. "Wenn ich einen Sohn bekomme, wäre das Otis Livingston III", sagt der 27-jährige Baskets-Akteur.
Wie sein Sohn war auch Livingston I Aufbauspieler. "Ich habe das Spiel gemanagt, war ein guter Passgeber und Verteidiger", sagt der 51-Jährige. Während seiner Karriere am College verbuchte er im Schnitt mehr Korbvorlagen als Punkte pro Spiel. "So habe ich auch meinem Sohn das Spiel beigebracht, uneigennützig und als Teamspieler", erklärt er.
Stolzer Vater auf Instagram
Damit enden aber auch die Gemeinsamkeiten. Anders als sein Vater ist Livingston II mittlerweile auch für seine Punktzahlen bekannt. Mit 42 Zählern setzte er gegen Tübingen den Liga-Höchstwert in dieser Saison, dazu führt er die Basketball-Bundesliga als bester Punktesammler an. Eine Entwicklung, die ihn als Vater stolz mache, sagt Livingston I. Das zeigt er auch in den sozialen Medien.
Als die Fans der Würzburg Baskets ihren Spielmacher nach dem Sieg in Ludwigsburg als besten Spieler der Liga ("MVP, MVP") feierten, teilte Livingston Senior das auf seinem Instagram-Kanal. Wenn er von den Leistungen seines Sohns schwärmt, blüht er auf. Dann setzt er sein Fernsehlächeln auf und es sprudelt förmlich aus ihm heraus. Dabei seien die individuellen Leistungen nicht das Wichtigste. Es gehe eher um den Teamerfolg. Der Rest ergebe sich dann, glaubt der begeisterte Vater.
Bleibt Livingston II in Würzburg?
Mit "der Rest wird sich ergeben", meint er auch den Fortgang der Karriere. Noch habe er mit seinem Sohn nicht darüber gesprochen, ob er sich einen Verbleib in Würzburg vorstellen könne. Schon jetzt soll es Angebote en masse für den MVP-Kandidaten geben. Er weiß nur, wie sehr sein Sohn den Verein, die Trainer und seine Mitspieler mag. Auch Livingston II lässt sich nichts entlocken. Mit den Medien können sie beide umgehen. Es gibt also doch noch eine weitere Gemeinsamkeit.