
Im Grunde hat es Klaus Greier seiner Krawatte zu verdanken, dass er vor gut zehn Tagen zum Bezirksvorsitzenden des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV) gewählt wurde. Natürlich nicht direkt, aber irgendwie eben schon. Weil er in den 1990er-Jahren immer mit dem Schlips um den Hals vom Bad Neustadter Stadtteil Brendlorenzen (Lkr. Rhön-Grabfeld) zu seiner Arbeit bei Siemens im Industriegebiet lief, kam ein Kegler aus Heustreu auf eine abenteuerliche Idee. Einer, der so piekfein daher kommt, der müsse doch gut reden können. Und eh er sich versah, war Greier Mitglied im Vorstand der örtlichen Kegelvereinigung. 1995 begann seine Zeit beim BLSV, für den er sich bis heute mit Herzblut engagiert. "Ich weiß, dass ich mich einbringen kann, dass ich den Ehrgeiz habe, etwas zu bewegen", sagt der 58-Jährige über sich.
Dass es in seinem Verband in den vergangenen Jahren so turbulent zuging und viele Streitereien gab, wurmt den Controller. Im Interview mit dieser Redaktion erklärt er, wie er im BLSV-Bezirk Unterfranken wieder für gute Stimmung sorgen will, warum es für die Vereinsarbeit heutzutage eine Manager-Ausbildung braucht und wie für ihn gelungene Digitalisierung aussieht.
Klaus Greier: Bei Jörg Ammon merkt man, dass er für den Sport brennt. Er ist unheimlich engagiert und es ist unglaublich motivierend für mich, zu sehen, wie er sich hier einbringt. Er versucht auch, Dinge zu verändern. Die Intrigen der vergangenen Jahre waren nicht nur für ihn, sondern für den gesamten bayerischen Sport absolut schädlich. Es war unerträglich, wie man mit ihm umgegangen ist. Das Schlimme ist, man hat sogar versucht, die Arbeit des BLSV schlechtzureden, um der Person Jörg Ammon zu schaden.
Greier: Nein. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen ihn ja nicht grundlos eingestellt. Wenn an den Vorwürfen etwas dran gewesen wäre, dann hätten die zuständigen Behörden etwas gefunden. Dieses Vertrauen habe ich in unsere Staatsanwaltschaft.
Greier: Menschen, die gerne mehr Macht hätten. Ich brauche da keine Namen nennen. Diese kann man hinlänglich in den Medien recherchieren. Es geht dabei nicht nur um Einfluss im Präsidium, sondern auch um die Machtverhältnisse im BLSV, zwischen den Sportfachverbänden und den Kreisen und Bezirken.
Greier: Anders als vorher werden wir im Kreis der Bezirksvorstandschaft Sitzungen abhalten. Dort sollen die aktuellen Themen besprochen werden, in einem konstruktiven Miteinander. Ich will versuchen, möglichst alle auf einem Wissensstand zu halten. Dabei müssen wir natürlich aufpassen, dass wir die Leute nicht mit Information überfrachten. Wir müssen einen Weg finden, wie wir die Information so nach unten bringen, dass jeder auf Kreisebene Bescheid weiß, ohne jede Woche ein Protokoll lesen zu müssen. Und noch wichtiger für ein friedliches Miteinander und eine gute Zusammenarbeit ist, dass wir im Juni auf Verbandsebene die richtigen Personalentscheidungen treffen.
Greier: Die, die heute nur gegen Jörg Ammon arbeiten, sollten in meinen Augen nicht mehr gewählt werden. Die neuen Präsidiumsmitglieder müssen nicht unbedingt Freunde des Präsidenten sein, denn konstruktive Diskussionen sind sinnvoll und gewünscht. Im Präsidium müssen Leute sein, die beim BLSV in die richtige Richtung arbeiten, um der beste Dienstleister für alle Vereine und deren Mitglieder zu sein.

Greier: Man muss bei den Vorwürfen vorsichtig sein. Der BLSV hat vor einiger Zeit entschieden, das Haus des Sports in München zu sanieren. Das ist ein sechsstöckiges Gebäude in München, mit einer recht maroden Infrastruktur. Das hieß, viel Geld in die Hand zu nehmen, damit die Infrastruktur einigermaßen den Anforderungen der heutigen Datenverarbeitung entspricht. Was das Thema Vereinsdigitalisierung angeht, sind wir meines Erachtens auf dem richtigen Weg und dabei gar nicht so schlecht unterwegs. Die Vereine haben mittlerweile eine Vereinsverwaltung light, sie können über die BLSV-eigene Plattform verein360 ihre Mitglieder an den BLSV melden. Das passierte vorher über Excel-Tabellen. Die Vereine können dort auch E-Mailadressen und Telefonnummern hinterlegen und die Plattform so für ihre Verwaltungsarbeit nutzen.
Greier: Ja. Die Plattform verein360 muss die Basis sein. Die gibt es als kostenlose Version, deren Umfang für die Nutzer gerade erweitert wurde. Anträge zur Förderung des Sportstättenbaus sind schon seit längerem über diese Anwendung möglich. Zuletzt erfolgte eine Erweiterung um die eben angesprochene Verwaltungsfunktionen sowie die Unfallschadenmeldung an die ARAG-Sportversicherung. Andere Module können Vereine dazukaufen, wie etwa für die Beitragsverwaltung.
Greier: Da muss man differenzieren. Reden wir über die Vereinsdigitalisierung oder über die interne Digitalisierung im Verband. Bei den Vereinen stehen wir bei vielleicht 30 Prozent. Was den Verband angeht, sind wir noch nicht soweit, wobei der Fokus auch ganz klar bei unseren Vereinen liegt, von daher ist das nicht verwunderlich.
Greier: Ich bin Realist und weiß, was da alles dranhängt. Ich war Mitglied in dem Ausschuss, der sich um das Thema Verbandsdigitalisierung kümmert. Die Vereine haben so unterschiedliche Anforderungen. Wir reden hier über eine Bandbreite von Vereinen mit einem Vorstand und Kassier, bis hin zu solchen, die etliche hauptamtliche Mitarbeiter haben. Nachdem ich einigermaßen durchschaue, was bei der Digitalisierung hinten dranhängt, muss ich sagen, man kann zufrieden sein mit dem, was man bisher erreicht hat.
Greier: Vollendet sein wird sie nie. Die ganze Gesellschaft und ihre Struktur verändern sich so schnell, da kommen wir nie ans Ende. Ich bin zufrieden, wenn ein System die Basis-Anforderungen der Vereine abdeckt. Zum Beispiel Ehrungen. Bis 2018 gab es noch einen Ehrungsantrag für Verbandsehrungen, das war ein dreifach durchschlagendes Papier. Es gab welche, die haben das sogar noch mit Schreibmaschine ausgefüllt, andere mit Kugelschreiber. Im Moment gibt es ein recht gut zu händelndes PDF-Formular, das man ausfüllen kann. Das ist digital, aber natürlich noch keine Digitalisierung. Die ist erreicht, wenn der Verein die Anwendung verein360 nutzen kann, um einen Ehrungsantrag zu erstellen. In einem Workflow genehmige ich als Kreisvorsitzender diesen Antrag, der dann nach München geht, wo die Urkunde automatisiert entsteht. Das stelle ich mir unter Digitalisierung vor.
Greier: (lacht) Die Kollegen in München haben es aufgegeben, uns konkrete Termine bei Weiterentwicklungen zu nennen. Das ist ein stetiger Prozess, der wird sicherlich noch die nächsten zwei Legislaturperioden dauern. Also mindestens zehn Jahre. Eher länger.
Greier: Vereinsmanagement betrifft in erster Linie den Vorstand. Da kommt immer mehr Bürokratie auf die Leute zu. Deshalb gibt es eine Vereinsmanager-Ausbildung, die ist vom Umfang vergleichbar mit der Übungsleiter-Ausbildung (120 Unterrichtseinheiten, Anm. d. Red.) und wird vom Freistaat gefördert. Allerdings wird nur eine Vereinsmanager-Lizenz pro Verein voll gefördert und Voraussetzung ist, dass es in dem Verein auch mindestens einen Übungsleiter gibt. Bisher ist die Nachfrage noch relativ gering, das müssen wir ändern. Denn in meiner Erfahrung ist jeder, der eine Vereinsmanager-Ausbildung gemacht hat, gut gerüstet. Der bekommt einen Werkzeugkasten an die Hand und weiß dann zum Beispiel, wie er Vorstands-Mitglieder gewinnen kann, wie er mit Behörden oder dem Sponsoring umzugehen hat. Diese Ausbildung brauchen wir, die müssen wir forcieren. Man darf diese Säule des Vereins nicht vernachlässigen.
Greier: Ich sag mal, wenn es uns gelingt, Digitalisierung und Vereinsmanagement zu forcieren, ohne die Sportpraxis mit den Übungsleitern zu vernachlässigen, dann sind wir auf einem guten Weg. Deshalb werden das die Schwerpunkte sein. Generell gilt, wir müssen unser Wissen im Verband zum Wohl der Vereine einsetzen. Wir müssen die Lobbyisten der Vereine sein.
Greier: (lacht) Wir sind bis dahin mit der Digitalisierung weiter gekommen, wir schaffen es, dass das Ehrenamt immer noch einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft hat. Wir haben dann nicht mehr die Anzahl an Vereinen, die wir heute haben – die Tendenz ist leider rückläufig – aber ich bin zuversichtlich, dass wir mehr Mitglieder in die Vereine bringen können. Wir werden nicht in einem Tal der Tränen landen.