In Fifa 13, so erzählt er, ist Florian Meißner das erste Mal auf Fifa Ultimate Team (FUT) gestoßen. "Anfangs hat man ein bisschen rumgeschaut, was das ist. Dann hat man es ausprobiert. Aber nur gegen den Computer, Online kam erst später dazu." Florian Meißner heißt eigentlich anders, will aber anonym bleiben. Er kommt aus dem hiesigen Spitzensport, ist Ende 20. Er weiß um die Gefahren, die der beliebteste Spielmodus der Fußball-Simulation mit sich bringt. Weil er sie selbst erfahren hat.
Meißner hat über die Jahre immer wieder Geld für Fifa-Points investiert, um sich Spielerpakete kaufen zu können. Übernommen oder verschuldet hat er sich zwar nie – er spricht von "einem Fuffi jedes Jahr" – doch hat auch er das erlebt, weshalb FUT immer wieder in der Kritik steht: die Glücksspielmechanismen des Modus. Spielerpakete zu öffnen, könne man definitiv mit Glücksspiel vergleichen. "Man holt sich den Nervenkitzel, weil man drüber nachdenkt, wie viele Packs man mit dem Geld jetzt öffnen kann", sagt er. Da könne man schon süchtig werden.
Freunde haben zum Teil deutlich mehr ausgegeben
Er selbst hatte das Glück, dass ihm das nicht passiert ist. Doch er erzählt, dass er in seinem Freundeskreis mitbekommen habe, dass andere deutlich mehr Geld ausgegeben haben als er. Er habe nur deren Teams gesehen und gewusst: Das geht ohne Fifa Points nicht.
Erfolgreich, erzählt er am Telefon, seien seine eigenen Versuche nicht gewesen. "Das Geld hätte ich auch jemand anderem geben können, da wäre es besser aufgehoben gewesen", sagt er. "Das war sehr, sehr deprimierend." Die Gefahr: "Danach denkt man sich, man könnte ja noch ein Pack öffnen und dann ziehe man einen wertvollen Spieler." Irgendwann müsse "ja mal einer kommen. Aber dem ist nicht so", sagt er schmunzelnd. "Und wenn du einen ziehst, denkst du, du hast jetzt das Glück und kannst weitermachen." Ein Teufelskreis.
Fifa Ultimate Team schon in der Schule ein Thema
Meißner erzählt von seiner Schulzeit. Dass die Teams auch damals schon Thema gewesen seien. Und auch heutzutage sei das noch oft so. Vor allem wenn es darum geht, wer welche Spieler in seinen Paketen gehabt habe. Habe ein Freund einen guten Spieler bekommen, wollte man selber auch einen ziehen. "Ich glaube schon, dass sich das gegenseitig hochschaukelt und man dadurch angespornt wird", sagt Meißner.
Um Minderjährige vor den Gefahren zu schützen, so betont er, müsse es striktere Regeln geben. "Wenn man jung ist, macht man Sachen, die man nicht zweimal überlegt", sagt er. "Ich finde schon, dass Electronic Arts in der Pflicht ist, darauf einzugehen." Andererseits wisse er auch um das wirtschaftliche Interesse des Spieleherstellers. Das zeige sich gerade im aktuellen Teil Fifa 22. Dort ist es nun auch unter der Woche möglich, spezielle Spielerpakete zu kaufen. Früher ging das nur an vereinzelten Wochenenden. Die Spezial-Pakete sind teurer, bieten aber zeitgleich eine höhere – wenn auch weiterhin geringe – Chance auf seltene Spieler. "Das ist nochmal verlockender", sagt Meißner.
Eltern müssen Bescheid wissen
Eine beliebte Bezahl-Methode auf Konsolen sind Paysafecards. Diese gibt es beispielsweise an Tankstellen. Sie sind mit Guthaben-Karten für Handys vergleichbar. Wer möchte, kauft für einen bestimmten Betrag eine Paysafecard und gibt den darauf enthaltenen Code auf seiner Konsole ein, um das Guthaben auf seinen Account zu laden. Angesprochen auf die Karten lacht Meißner. "Da hat man mal nen Zwanni investiert", sagt er.
Es sei ihm nicht bewusst, ob er dabei mal nach einem Ausweis gefragt wurde. "Das wird viel zu selten gemacht", kritisiert er. Online sei das Dasselbe. "Wenn du Fifa Points kaufen willst, nimmst du zur Not die Karte von einem Kumpel oder von den Eltern. Dann hast du deine Points auch sofort."
Eltern einen Rat zu geben, sei schwierig, betont Meißner. Aber er sagt, sie müssen "im Endeffekt wissen, was die Kinder machen". Sie wüssten wahrscheinlich, dass die Kinder Fifa spielen. Aber nicht, dass sie Geld investieren. "Die Eltern müssen wissen, dass die Kinder Fifa Points mit Echtgeld kaufen können. Dann können sie es auch besser kontrollieren."