
Die Abwehrbilanz ist seit einigen Wochen das Pfund, mit dem die Würzburger Kickers im Bemühen um den Anschluss an die Tabellenspitze der Fußball-Regionalliga wuchern. Nachdem Trainer Martin Lanig auf eine Dreierkette umgestellt hatte, hat sich das Team spürbar stabilisiert.
Auch im Heimspiel an diesem Samstag (14 Uhr) gegen den FV Illertissen, der am Dienstag nach zuvor vier Niederlagen in Folge mit einem 1:0 gegen Viktoria Aschaffenburg seinen Negativlauf beendet hat, soll das defensive Grundgerüst wieder stehen. Im Mittelpunkt steht dabei ein Neuzugang aus dem Sommer, der zwischenzeitlich schon fast vergessen schien.
Noah Awassi ist auf der Suche nach seinem Fußall-Glück schon ganz schön herumgekommen. Angefangen hat der gebürtige Dresdner bei der SG Dynamo in seiner Heimatstadt. Die Würzburger Kickers sind inzwischen die neunte Station in der Laufbahn des 26-Jährigen. In den Regionalligen Nordost, West und Südwest kickte er bereits, aber auch dreimal, für die Sportfreunde Lotte, in der 3. Liga in Deutschland und außerdem in den 2. Ligen in Österreich und in Belgien. "Ich bin ambitioniert", sagt Awassi über sich selbst. Und deshalb habe er sich im Sommer auch dazu entschieden, vom FSV Frankfurt an den Dallenberg zu wechseln.
Bei den Kickers also rechnete er sich Chancen aus, den Sprung nach oben zu schaffen. Dass nun aber sein Ex-Klub aus Frankfurt die Süd-West-Staffel der Regionalligen aufmischt und überraschend an der Tabellenspitze steht, war vor einigen Monaten so nicht zu erwarten. "Ich gönne es denen", sagt Awassi: "Das Trainerteam und die Spieler, das sind gute Typen. Aber so schlecht läuft es bei uns ja auch nicht." Eine Aussage, die vor ein paar Wochen noch ziemlich gewagt gewesen wäre. Die Stimmung hat sich gewandelt.

Auch bei Awassi selbst. Der war nämlich lange Zeit außen vor. Kaum hatte die Saison angefangen, zwang ein Syndesmoseanriss den Abwehrspieler zum Zuschauen. Es wirkt, als habe das Kapitel Würzburger Kickers für Awassi gerade jetzt erst richtig begonnen. Denn nachdem Vize-Kapitän Daniel Hägele seinerseits mit einem Muskelfaserriss ausfällt, ist Awassi der zentrale Mann in der Dreierabwehrkette. Plötzlich ist seine Erfahrung gefragt. Die Abwehr zu organisieren, das Team lautstark anzuleiten, das sei eine Rolle, die ihm gefalle, sagt Awassi nach dem Training auf dem Rasen an der Sieboldshöhe.
Noah Awassi will sich immer verbessern
1,91 Meter ist Awassi groß. An ihm kommt man nicht so leicht vorbei. "Ich bin sehr ehrgeizig und suche immer nach kleinen Möglichkeiten, mich noch zu verbessern", sagt er. Ein Beispiel ist die Ernährung. Während der Saison esse er nur vegetarisch: "Ich spüre, dass mir das gut tut." Das, glaubt der Abwehrspieler, müsse aber nicht für jeden gelten. "Jeder Spieler muss das selbst für sich herausfinden." Awassi grinst, wenn er darüber spricht. Der 26-Jährige formuliert seine Aussagen klar und deutlich, wirkt dabei wie ein Spieler, der den Anspruch hat, eine Mannschaft zu führen: "Die Energie, das Feuer weitergeben, das es braucht. Das kann ich, glaube ich, ganz gut."
Schon auf dem Trainingsplatz fällt auf: Im Kickers-Team ist es in den letzten Wochen lauter geworden. Es ist mehr Leben drin im Team. "Natürlich hat uns auch die Systemumstellung hin zu einer Dreierkette Sicherheit und Stabilität gegeben. Aber die ganze Mannschaft hat inzwischen einen Spirit entwickelt, das Tor mit aller Macht zu verteidigen. Jeder arbeitet nach hinten, jeder gibt alles, um Gegentore zu verhindern", findet Awassi. Und so herrscht wieder etwas mehr Zuversicht, auch wenn das 1:1 in Fürth am Dienstag ein kleiner Rückschlag war.
Lanig trifft den richtigen Ton
Gegen Illertissen soll nun wieder die Null stehen, denn, sagt Awassi: "Vorne sind wir sowieso immer für ein Tor gut. Wir sind nicht leicht zu besiegen." Das war, wenn man speziell an die letzten Spiele unter Ex-Coach Markus Zschiesche zurückdenkt, in dieser Saison nicht immer so. Insgesamt habe sich das Team unter Lanig stabilisiert, auch weil der Trainer den richtigen Ton treffe und durch seine Bundesliga-Karriere bereits eine große Autorität besitze, berichtet der Aushilfs-Abwehrchef: "Wenn er etwas sagt, können wir uns das bedenkenlos zu Herzen nehmen. Er hat auf einem ganz anderen Niveau gespielt."
Am Samstag wird Awassi wieder in der Defensivzentrale dirigieren. Vize-Kapitän Hägele ist bei seinen individuellen Trainingseinheiten zwar bereits schmerzfrei. Ein Einsatz käme für ihn aber noch zu früh. Ansonsten kann Lanig aus dem Vollen schöpfen. Auch Abwehrmann Ebrahim Farahnak und Torjäger Benjamin Girth, die nach dem Spiel in Fürth leicht angeschlagen waren, sind wohl einsatzbereit.