Die Menschen, die sich in einem Dorfverein engagieren, verbindet in der Regel zumindest eines: ihre Leidenschaft, ja vielleicht sogar ihre Liebe zum Verein. Das ist bei der DJK Rimpar nicht anders. Bei so viel Emotionen kann es auch mal emotional zugehen.
So hat in der vergangenen Woche ein Interview von Josef Schömig mit dieser Redaktion reichlich Resonanz rund um die Handballer ausgelöst. Schömig ist seit 20 Jahren Co-Trainer der ersten Männermannschaft, der heutigen Wölfe. Der Zweitligist ist wirtschaftlich vom Rest der Abteilung im e.V. getrennt und in einer GmbH organisiert. Schömig hatte seine Gedanken zur Entwicklung seines Heimatvereins geäußert, in dem er eine "Entfremdung" spürt.
Die Entwicklung geht dahin, dass bei den Wölfen nach und nach die Eigengewächse in den sportlichen Ruhestand gehen, die für die in der Bundesliga einmalige Aufstiegsgeschichte prägend waren. Vakante Positionen wurden zuletzt mit immer mehr Verpflichtungen von anderen Klubs besetzt. Schömig fürchtet einen Mangel an regionalen Identifikationsfiguren und hatte für eine "zielgerichtetere Jugendarbeit" plädiert, um die Basis des Zweitliga-Teams mit hiesigem Nachwuchs zu stärken.
Er bedauere die Wirkung seiner Worte, sagt er ein paar Tage später. "Ich wollte niemanden verletzen oder diskreditieren, sondern zum Dialog anregen. Ich habe großen Respekt vor dem Engagement aller bei uns, in der Jugendarbeit und auch überall sonst", betont der 56-Jährige, nachdem seine geäußerten Gedanken nicht bei allen Vereinsmitgliedern auf Zustimmung gestoßen waren.
So veröffentlichte die Abteilungsleitung des e.V. als Reaktion auf das Interview ein offizielles Statement, in dem es unter anderem heißt: "Leider lassen sich goldene Generationen nicht wie Tomatenpflanzen züchten." Und weiter: "Verwunderlich ist, auf der einen Seite zu kritisieren, dass sich alles entfremdet, auf der anderen aber die ehrenamtliche Arbeit anderer nicht anzuerkennen."
Wie Abteilungsleiter Bastian Krenz gegenüber dieser Redaktion erklärt, hätten sich einige Ehrenamtler von Schömig angegriffen gefühlt. Auch er selbst "war ein bisschen von der Aussage irritiert, dass es angeblich keinen Jugendkoordinator mehr bei uns gibt, seit Jan Redmann weg ist. Dabei mache ich das seither."
Anders als in Bundesliga-Vereinen mit Jugendzertifikat ist der Jugendkoordinator in Rimpar allerdings nicht hauptamtlich bei der GmbH angestellt. "Ich behaupte, dass das, was wir hier ehrenamtlich leisten, den Anforderungen trotzdem sehr gut gerecht wird", sagt Krenz. "Wir sind in der Jugendarbeit sicher nicht auf dem Niveau des HC Erlangen, aber danach reichen uns in Bayern nicht allzu viele Vereine das Wasser."
Erstligist Erlangen ist am professionellsten aufgestellt. Mit Finn Speck besitzt ein DJK-Talent Doppelspielrecht für beide Klubs, Julius Siegler - jüngerer Bruder von Wölfe-Spieler Lukas - hat der HCE zu sich in die Jugend-Bundesliga gelockt. Dafür will sich auch Rimpar qualifizieren, was bisher nicht gelungen ist. Alle drei männlichen Teams der A-, B- und C-Jugend sind in der Bayernliga vertreten, Letztere wurde 2020 sogar erstmals bayerischer Meister. Jede Mannschaft arbeitet laut Krenz mit zwei bis drei festen Trainern, einem Athletikcoach und Physiotherapeuten.
Erfolgreiche Talentsichtungen
Anders als Schömig glaubt Krenz nicht, dass es in Unterfranken genügend junge Handballer gibt, die das Zeug für die Zweite Liga haben und zur DJK kommen wollen. Daher veranstaltet der Verein immer wieder Talentsichtungen. "Unser familiäres Konzept kommt dabei gut an", bemerkt der 28-Jährige. So gut, dass sechs Schüler aus anderen Teilen Bayerns nach Würzburg gezogen sind und dort in Internaten wohnen, um sich in der Wölfe-Schmiede ausbilden zu lassen - darunter der langjährige Kaderspieler Lukas Beran vom TSV Friedberg und Nicolas Drabek vom HSC 2000 Coburg. Elf weitere Schüler besuchen derzeit die Sportklassen am Deutschhaus-Gymnasium, die ihnen zusätzliches Handballtraining in Rimpar ermöglichen.
"Es stimmt, dass die Einheimischen immer weniger bei uns werden, aber mir ist das relativ egal", bezieht Krenz klar Position. "Ich bin überzeugt davon, dass unsere hiesigen Talente davon profitieren, mit anderen hochklassigen Handballern zu spielen. Nur mit Rimparern könnten wir nicht auf diesem Niveau auf Dauer nicht bestehen."
Die Zweite Liga zu halten und Spieler auszubilden, unabhängig von ihrer Herkunft - das sei das übergeordnete gemeinsame Ziel von GmbH und e.V., erklärt Krenz. "Und wenn alle ein, zwei, drei Jahre einer den Sprung zu den Wölfen schafft, dann ist das gut." In jüngerer Vergangenheit gelang das nur Felix Karle.
Wer nicht an Retromanie leide, habe den Gang der Dinge voraussehen können, meint Krenz. Er findet ihn "nicht besorgniserregend": "Die Entwicklung ist alternativlos und normal in diesem Geschäft - so normal, wie Bundesliga-Handball nach fast acht Jahren in Rimpar geworden ist. Wir müssen uns damit abfinden, dass wir das Spiel mitspielen müssen, wenn wir weiter in dieser Liga spielen wollen."
Worin Krenz Schömig zustimmt
In ein paar Punkten stimmt Krenz Schömig aber auch zu. "Natürlich führt die Corona-Situation zu mehr Distanz untereinander. Leugnen kann man auch nicht, dass unser Dorfverein den Charakter seiner einmaligen Geschichte und die damit verbundene Euphorie verloren hat. Und dass sein Charme dadurch weniger wird. Aber unsere Seele haben wir nicht verloren, denn das sind die Menschen in unserem Verein."
Dazu gehören an vordersten Fronten sie beide, Krenz und Schömig - mit all ihrer Leidenschaft und ihrer Liebe zur DJK Rimpar. Emotionen, die eigentlich (ver)einen, auch wenn es mal emotional zugeht.