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Radsport
4193 Kilometer in 14 Tagen: Der Würzburger Joschka Völkel hat ein Radrennen von Roubaix nach Istanbul absolviert
Nächte im Freien, wenig Schlaf und eine kaputte Luftpumpe. Das Transcontinental Race No. 10 war für den Studenten in vielerlei Hinsicht extrem.
Joschka Völkel hat sein erstes Ultra-Cycling-Rennen überhaupt direkt gemeistert. Mehr als 4000 Kilometer war er unterwegs.
Foto: Arnau Lumeras | Joschka Völkel hat sein erstes Ultra-Cycling-Rennen überhaupt direkt gemeistert. Mehr als 4000 Kilometer war er unterwegs.
Lukas Eisenhut
 |  aktualisiert: 30.10.2024 02:45 Uhr

In seinem Tagebuch finden sich die Einträge "Von Auto getroffen: 1" und "Hundebisse: 1". 4193 Kilometer ist er auf seinem Rad unterwegs gewesen, 14 Tage, sechs Stunden und zwei Minuten hat er gebraucht. Der gebürtige Würzburger Joschka Völkel hat in diesem Sommer das Transcontinental Race No. 10 absolviert. Ein Ultra-Cycling-Rennen von Roubaix nach Istanbul.

Einige Wochen später sitzt Völkel über Video zugeschaltet vor seinem Computer bei sich zu Hause in Regensburg, wo er mittlerweile wegen seines Studiums wohnt. Inzwischen sei er wieder im Alltag angekommen, sagt er.

Die rund zwei Wochen vom 21. Juli an waren alles andere als normal. Denn die hat Völkel größtenteils auf seinem Rad verbracht. Hat dabei neun Nächte im Freien geschlafen und mehr als zehn Länder durchquert. Zum Extremsport ist er über das Bikepacking gekommen. "Ich habe die letzten paar Jahre meinen Urlaub dafür genutzt, mit dem Rad unterwegs zu sein. Da wurden die Strecken immer weiter", berichtet der 27-Jährige. "Warum also nicht mal eine vorgegebene Strecke fahren?"

Joschka Völkel hat knapp 40.000 Höhenmeter überwunden

Entschieden hat er sich gleich für das Transcontinental Race No. 10. 16 Tage hatten die Teilnehmenden Zeit für die Strecke. Start- und Zielpunkt waren vorgegeben. Dazu vier Checkpoints mit angeschlossenen Parcours. Den Rest der Strecke durften die Sportlerinnen und Sportler – mit Ausnahme von vom Veranstalter gesperrten Abschnitten – frei wählen.

Etwa 50 Stunden habe Völkel in die Routenplanung gesteckt, sagt er. Dabei verschiedene Apps verwendet, um auch die Begebenheiten zu analysieren. "Ich habe mich für relativ viel Asphalt entschieden und bin dafür lieber mal ein paar Kilometer mehr gefahren." Und er habe bei der Planung der Strecke versucht, möglichst viele Höhenmeter zu vermeiden. Am Ende waren es dennoch 39.420. 

Fahrerinnen und Fahrer müssen sich um alles selbst kümmern

Grundprinzip des Rennens sei, sich um alles selbst zu kümmern, erklärt Völkel. Verpflegung, Schlafmöglichkeiten, Material. Das bedeutet auch, dass die Startenden keine Hilfe annehmen dürfen, die nicht frei zugänglich ist. In Supermärkten einzukaufen oder ein Hotel zu buchen, sei kein Problem, sagt Völkel. "Aber wenn ich beispielsweise einen Freund im Kosovo gehabt hätte, bei dem ich hätte schlafen können, wäre das verboten gewesen. Denn diese Möglichkeit hätte nicht jeder gehabt."

Beim Thema Schlaf habe er seinen ersten Fehler gemacht, erzählt der Radsportler: "Da ich bei Rennen noch keine Erfahrung hatte, hatte ich mir vorgenommen, jede Nacht wenigstens ein bisschen zu schlafen." Ein Problem. Denn dadurch, dass Völkel schon in Nacht eins schlief, schaffte er zu Beginn nicht genügend Kilometer, um in einen Rhythmus zu kommen, der es ihm erlaubte, in der Früh loszufahren und abends in ein Hotel einzuchecken. Er musste schließlich jeden Tag sein Pensum schaffen und kam daher zu spät in den Hotels an.

In Bushäuschen wie diesem hat Joschka Völkel während des Rennens öfter übernachtet.
Foto: Joschka Völkel | In Bushäuschen wie diesem hat Joschka Völkel während des Rennens öfter übernachtet.

Also schlief er die ersten fünf Nächte draußen. Er hatte eine Isomatte und einen Schlafsack dabei, hat sich Bushäuschen oder Kirchen gesucht. Im Durchschnitt hat er während des Rennens pro Nacht drei Stunden und 45 Minuten geschlafen.

Eine kaputte Luftpumpe wird zum Problem

Als weitere Probleme nennt Völkel Knieprobleme und eine kaputte Luftpumpe. Die sorgte dafür, dass er mitten in Griechenland plötzlich da stand und seinen ersten platten Reifen nicht reparieren konnte. Also schob er sein Fahrrad knapp zehn Kilometer hin zu einer Tankstelle – die geschlossen war.

Völkel verbrachte die Nacht auf der öffentlichen Toilette und wartete, bis am nächsten Morgen der Tankwart kam. In der nächsten Stadt hat er gleich zwei Luftpumpen gekauft. Zur Sicherheit.

Viele Teilnehmende mussten das Rennen abbrechen

Die körperliche Belastung während des Rennens sei gar nicht mal so hoch gewesen, sagt Völkel. "Weil die Anstrengung nur Grundlagenbelastung ist." Und so lange mit sich allein zu sein, habe er auch schon bei seinen Bikepacking-Touren genießen können.

330 Starterinnen und Starter seien insgesamt dabei gewesen, berichtet Völkel. Nur 38 Prozent haben es in der vorgegebenen Maximalzeit ins Ziel geschafft, einige seien später angekommen, "fast der Großteil der Leute hatte mechanische oder körperliche Probleme".

Joschka Völkel während einer Pause auf seiner Tour
Foto: Joschka Völkel | Joschka Völkel während einer Pause auf seiner Tour

Während des Rennens hat ein ZDF-Team Völkel auf Teilabschnitten begleitet und unter anderem über ihn eine Dokumentation gedreht, die am 27. Oktober um 17.15 Uhr ausgestrahlt wird.

"Ich bin schon ein bisschen angefixt, muss ich sagen", berichtet Völkel zum Abschluss lachend. Das Projekt dieses Jahr sei so groß gewesen, auch aufgrund der halbjährigen Vorbereitung, dass er das nicht im kommenden Jahr direkt nochmal machen könne. "Aber es gibt ja auch kleinere Rennen, die etwa 1000 Kilometer lang sind und bei denen man drei, vier Tage unterwegs ist. Da habe ich mir für nächstes Jahr schon ein paar rausgesucht."

 
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