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Reyersbach
3300 Höhenmeter hoch und wieder runter: Rhöner Extremsportler besteigt einen der Gipfel der Alpen in 24 Stunden
Frank Kreuzau aus Reyersbach erzählt von der Besteigung des 4545 Meter hohen Doms in der Schweiz. Welche Herausforderung der Extremsportler dafür meistern musste.
Frank Kreuzau aus Reyersbach hat den einen der höchsten Gipfel der Alpen erklommen.
Foto: Selfie Frank Kreuzau | Frank Kreuzau aus Reyersbach hat den einen der höchsten Gipfel der Alpen erklommen.
Klaus-Dieter Hahn
 |  aktualisiert: 01.09.2024 02:35 Uhr

"Vor zehn Jahren war ich schon nach einem Zwei-Kilometer-Lauf fix und fertig", sagt Frank Kreuzau aus Reyersbach. Heute läuft der Extremsportler schon einmal von März bis Mai 600 Kilometer und bezwingt dabei 12.000 Höhenmeter. Und das alles als Vorbereitung auf den vorläufigen Höhepunkt des Jahres: das Besteigen des höchsten Schweizer Bergs und einen der höchsten Gipfel der Alpen, den Dom mit seinen 4545 Metern. Eine sehr anspruchsvolle, hochalpine Tour mit Klettersteig.

Sechs Stunden steil bergauf, über Gletscher, 1800 Höhenmeter. "Es war hart. Der Guide hat ein schnelles Tempo vorgelegt", so Kreuzau. Als er dann doch ganz oben am Gipfelkreuz stand, waren die Blasen an den Füßen, der strapaziöse Aufstieg und die dünne Luft doch rasch vergessen. Ein herrliches Glücksgefühl angesichts eines atemberaubenden Fernblicks über 18 Viertausender und im Wissen, wieder einmal erfolgreich seine Grenzen ausgetestet zu haben.

Dieser Drang nach immer neuen, größeren Herausforderungen für seinen Körper wohnt nun schon seit einigen Jahren in ihm inne. Als 42-Jähriger hatte er, der als Jugendlicher zehn Jahre lang Ringkampf in Zella-Mehlis betrieben hatte, seine Liebe zum Laufen entdeckt. 2014 war er erstmals beim "Braveheart Battle" in Münnerstadt an den Start gegangen, nimmt seitdem unter seinem Anmeldenamen "Besengau-Kämpfer" regelmäßig an Hindernisläufen bei Schnee, Regen und Matsch, Ultra-Trail-Läufen in ganz Europa teil und macht dazu noch im Winter Extrem-Skilangläufe, wie die 100 Kilometer am Stück über den Rennsteig. So war er unter anderem beim 100-Kilometer-Megamarsch über 24 Stunden in der Lüneburger Heide ebenso dabei wie bei den jährlichen Trail-Marathons im österreichischen Salzburg, die als Qualifikationsläufe zur "UTMB World Series", der jährlich ausgetragenen internationalen Cup-Wertung von Ultra-Trail-Läufen, zählen.

Laufen ist Kreuzaus neue große Leidenschaft

Laufen ist Kreuzaus neue große Leidenschaft. Am liebsten nachts und wenn es kalt und regnerisch ist. Am 1. März startet er sein Lauftraining. Heuer ging es dazu bereits zwecks Vorbereitung und Gewöhnung ans Laufen in der Dunkelheit sonntags immer um 5 Uhr früh los – die Dom-Besteigung startete nämlich auch mitten in der Nacht. Über den Kreuzberg, Arnsberg, Himmeldunkberg lief er zum Schwedenwall und von dort dann wieder nach Hause. "Das ist eine reine Kopfsache. Man muss sich schon mental überwinden", erklärt der Handwerker den Sonntag nicht zum Ausschlafen nutzt.

Doch wie wertvoll das Training letztlich war, hat sich bei der Dom-Tour erwiesen. "Ohne diese Vorbereitung hätte ich diese bislang schwierigste und anspruchsvollste Gletschertour nie geschafft", lautet sein Fazit. Schließlich ist er binnen 24 Stunden 3300 Meter hoch und 3300 Meter nach unten gegangen. Ausgangspunkt war Randa im Mattertal unweit von Zermatt und dem Matterhorn.

Erschöpft, aber glücklich: Frank Kreuzau genießt die Verschnaufpause auf dem Gletscher.
Foto: Selfie Frank Kreuzau | Erschöpft, aber glücklich: Frank Kreuzau genießt die Verschnaufpause auf dem Gletscher.

Von dort ging es mit dem Guide – wegen der äußerst anspruchsvollen Hochalpin-Tour ist nur eine Zweier-Seilschaft möglich – über die mit 494 Meter längste Hängebrücke der Welt, die "Charles-Kuonen-Hängebrücke", vier Stunden lang 1500 Höhenmeter hoch auf die "Domhütte". Bereits um drei Uhr startete das Duo den Anstieg auf den Dom. Dabei mussten noch einmal 1800 Meter mit Steigeisen über den Gletscher überwunden werden. Im Dunkeln wurde auf dem Weg zum Festi-Joch eine erste Felswand der Kategorie III durchklettert.

"Zehn Schritte gehen und dann erstmal anhalten und Luft holen"

Mit 30- bis 40-prozentiger Steigung ging es dann weiter, wobei später die Steigeisen angeschnallt wurden. Schließlich musste der Festi-Gletscher mit sogar 60-prozentiger Steigung bezwungen werden. Bis auf 4100 Meter ging es stetig bergauf. "Die Kraft war noch da, aber die Luft wurde immer dünner und das Atmen fiel immer schwerer", beschreibt Kreuzau. Vor allem das letzte Stück sei enorm steil und eine echte Herausforderung gewesen.

"Zehn Schritte gehen und dann erstmal anhalten und Luft holen", so kämpften sich die beiden den letzten Kilometer und 450 Höhenmetern zum Gipfel. "Dabei ging es ans Limit", sagt Kreuzau. Nach sechs Stunden Aufstieg kamen sie am Gipfelkreuz an. "Ein grandioser Ausblick, einfach unbeschreiblich. Es ist wie nach einem Ultra-Trail-Marathon ins Ziel einzulaufen", beschreibt der Reyersbacher seine Gefühle.

"Ab 3500 Höhenmetern musste ich eingestehen, dass ich das falsche Schuhwerk anhatte. Blasen so groß wie Hühnereier. Aber: Schmerz vergeht, Stolz bleibt", so seine Devise. "Es ist ein erhebender Moment, im Schnee auf dem Dach der Schweiz zu stehen und ringsum die mächtigen Berggipfel, die unberührte Natur zu sehen", sagt Kreuzau. Nicht ohne war auch der Abstieg, denn dabei mussten einige Fels- und Gletscherspalten überwunden werden. Unten wartete dann ein kalorienreiches Abendessen auf den Gipfelbezwinger, das Kreuzaus Frau Nadine zubereitet hatte. Trotz der Strapazen, der vielen Blasen – er wird weitere Herausforderungen bei den Ultra-Trail- und Hindernisläufen und seinen Gletschertouren suchen. Er vertraut auf seine mentale Stärke, denn "der Geist ist zu 80 Prozent für den Erfolg verantwortlich."

Der Artikel wurde aktualisiert. In der ersten Version war vermerkt, dass es sich beim Dom um den dritthöchsten Gipfel der Alpen handelt. Nach unseren Recherchen dürfte es sich aber um den siebthöchsten Berg der Alpen handeln. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

 
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  • Ulrich Schlosser
    Eines hat Herr Kreuzau allerdings nicht erwähnt - jeden Donnerstag wurde er von seinen Reyersbacher Stammtischbrüdern im Spezialtraining auf die Herausforderung vorbereitet! Gut gemacht, lieber Frank!
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