Es sind die beiden wichtigsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte: Am Samstag (13 Uhr, live auf www.mainpost.de und im BR Fernsehen) empfängt der FC 05 Schweinfurt den TSV Havelse, eine Woche später geht's zum Rückspiel nach Garbsen vor den Toren Hannovers. Wer sich in diesen beiden Relegationsspielen zwischen dem bayerischen Amateurmeister und dem Vertreter der Regionalliga Nord durchsetzt, spielt ab Juli in der Dritten Liga.
Gelänge es den Nullfünfern, wäre dies die Rückkehr in den Profifußball 19 Jahre nach dem Zweitliga-Abstieg 2002. Die einer schon 2012 vorhergesagt hatte, wenngleich bereits für 2018: Rüdiger Mauder, seinerzeit Trainer der Bayernliga-Meisterschaft. Der Trainer 2021 heißt Tobias Strobl und kann das Kunststück vollbringen mit einer Mannschaft, die sich nach dem nicht ganz zufriedenstellenden Saisonverlauf bis zum Abbruch in den Titel-Play-offs runderneuert und bärenstark präsentiert hatte. "Wir haben uns diese Ausgangsposition extrem hart erarbeitet. Wir sehen das für uns als positiven Druck", ist der 33-Jährigen felsenfest davon überzeugt, dass seine Spieler mit dieser Alles-oder-nichts-Situation umgehen können.
Was hat der FC 05 aus den Play-off-Spielen gelernt?
Zwischen dem 18. Mai, dem Tag des ersten Play-off-Spiel gegen Bayreuth, und dem 12. Juni liegen knapp vier Wochen. In denen sich der FC 05 in seiner Außendarstellung verändert hat. Die letzten Eindrücke in der Regionalliga waren vor der ersten Corona-Pause im März 2020 eine 1:2-Niederlage in Heimstetten, vor der zweiten und finalen im Oktober eine 0:2-Niederlage in Aschaffenburg. Und jetzt diese Wucht in den drei Spielen, in denen es um die Wurst ging. "Selbstverständlichkeit" nennt Strobl das, was sich die Mannschaft angeeignet habe. "Die Selbstverständlichkeit, zu erkennen, dass es in diesen Endspielen immer Phasen gibt, in denen man leiden muss, sich davon aber nicht aus der Bahn werfen lassen darf. Das ist eine Qualität, die nur ganz wenige Mannschaften haben."
Welche Rolle spielen die Oldies Jabiri, Adlung und Billick?
"Gerade die Qualität von Daniel Adlung hat uns weit nach vorn gebracht", sagt Strobl. Die Präsenz des 287-maligen Zweitliga-Spielers, der 2009 auch zum Wolfsburger Meister-Kader gehörte, im Mittelfeld ist enorm - physisch wie psychisch. Ein Leader. "Er war sieben Tage hier, da hatten wir unser erstes Gespräch. Ich war geflasht. Wir haben uns alle in ihn verliebt. Er ist deutscher Meister und trägt jetzt in Schweinfurt Tore oder Wasserkästen." Ein Teamplayer. Der 33-Jährige habe die Gier, seine Karriere mit der Dritten Liga abzuschließen. Ähnliches steht Adam Jabiri im Sinn. Der 37-jährige Torjäger hat zuletzt in sechs Spielen sechs Mal getroffen und ist heiß auf den Aufstieg: "Es würde mich so stolz machen: Ich wäre dann mit beiden großen Vereinen meiner Heimat in den Profifußball gekommen" - zuletzt 2015 mit den Würzburger Kickers. An der Seite von Lukas Billick (33). Der Innenverteidiger sei, so der Coach, in Hopp-oder-top-Spielen ein "Faktor, den man nie vergessen darf".
Mit welcher Mannschaft läuft der FC 05 auf?
Die Spieler, die sich in den Play-offs durchgesetzt haben, sind auch in der Relegation erste Wahl. Besonders die zweimal identische Elf aus den Bayreuth-Spielen. "Da wird es wenig Überraschungen geben", so Strobl. "Man stelle sich vor, ich rochiere hier auf sechs Positionen und es geht schief: Dann würde mir ziemlich krass der Hintern aufgerissen werden." Im Detail sieht das so aus: Luis Zwick (Tor), Thomas Haas, Lukas Billick, Nico Rinderknecht, David Grözinger (Abwehr), Kevin Fery, Kristian Böhnlein (defensives Mittelfeld), Amar Suljic, Daniel Adlung, Martin Thomann (offensives Mittelfeld) und Adam Jabiri (Angriff).
Was ist das Filetstück der Schweinfurter Mannschaft?
Auch wenn sich die Nullfünfer homogen präsentieren: Den größten Leistungssprung hat die Defensive gemacht. Auch dank dreier Zugänge seit Sommer 2020. Das Außenverteidiger-Paar Grözinger (links) und Haas (rechts) sucht in der Regionalliga seinesgleichen. Kaum ein Gegner kommt auf die Grundlinie durch. Zentral erkennt Rinderknecht Spielsituationen gedankenschnell. Der FC 05 verteidigt mutig, nach vorn gerichtet. "Ich hatte noch nie eine Abwehrreihe, bei der ich mir in allen Phasen so sicher war", so Strobl - der mit dem Trio Philp, Kleineheismann, Krätschmer verletzungs- und wechselbedingt drei Verteidiger von Format verloren hatte.
Wie hat sich der FC 05 in den letzten Tagen vorbereitet?
Die Schweinfurter befinden sich seit Mitte Mai im Dienstag-Samstag-Spielrhythmus. Da ergibt sich die Trainingstaktung fast von alleine. Und wurde doch seit Mittwoch abgeändert. Training schon um 13 Uhr - der frühen Anstoßzeit in der Relegation geschuldet. Strobl: "Wir wollten sehen, wie die Jungs um diese Zeit ankommen. Abgemagert und hungernd? Oder mit dem Bettkissen im Gesicht? Nein, ernsthaft: Wir haben die Simulation vorgegeben, die Jungs sind intelligent genug, den richtigen Rhythmus zu finden" - deswegen habe man beispielsweise auf ein gemeinsames Frühstück vor dem Spiel verzichtet.
Wie schaut es beim TSV Havelse aus?
Zwei Personalien bewegen den Verein, der in der zweigeteilten Regionalliga Nord zum Zeitpunkt des Abbruchs auf Platz zwei der Süd-Staffel gelegen hatte: Trainer Jan Zimmermann wird nach der Relegation zum benachbarten Zweitligisten Hannover 96 wechseln - und Torjäger Yannik Jaeschke, der in den absolvierten neun Punktspielen sechs Mal getroffen hatte, wird verletzt ausfallen. Sein Ersatz: der 21-jährige Fynn Lakenmacher. Dessen Bilanz: 78 Spielminuten, null Tore. Strobl hat dennoch Respekt vor dem Gegner: "Das ist eine erfahrene Männer-Truppe."
Warum setzt sich der FC 05 in den beiden Spielen durch?
"Weil wir eine Gemeinschaft haben. Nicht nur auf dem Platz, sondern im gesamten Umfeld", sagt Strobl. "Es ist ein Mit- und Füreinander." Er meint auch die Fan-Szene, in den letzten Jahren nicht immer homogen. Dass rund 50 Fans die Mannschaft in Zeiten von Corona-Beschränkungen nach Bayreuth oder Aschaffenburg begleiten, um von außerhalb des Stadions anzufeuern, sei nicht selbstverständlich. "Jeder im Verein will das Maximale für den Erfolg beitragen. Das ist unser Faustpfand. Und deswegen werden wir hochgehen."