Als der Sport-Club Schweinfurt mit den Sparten Ringen, Gewichtheben und Artistik im 1900 gegründet wurde, hat dort noch niemand an Tischtennis gedacht. Heute – 120 Jahre später – ist diese Ballsportart die einzige im Verein, in der es an der Deutschhöfer Straße noch um Punkte, Sieg und Niederlage geht. Die Fußballer? Verloren vor zwei Jahren ihren Kunstrasenplatz und damit ihre Existenzgrundlage, auch wenn sie woanders noch in Spielgemeinschaften weiterleben. Die traditionsreichen Kampf- und Kraftsportabteilungen des Vereins? Haben sich alle aufgelöst. Faust- und Korbball? Lange verschwunden. Die Wanderfreunde? Gibt es noch, sie laufen aber mit- und nicht gegeneinander. Die Probleme stehen fast schon exemplarisch für die Sorgen vieler anderer, meist kleiner Klubs.
Tischtennis-Abteilungsleiter Wolfgang Wolz steht in der größeren der beiden kleinen Hallen des SC 1900 Schweinfurt unweit des Marienbachs. Die andere, später hinzugekommene, können die Vereinsmitglieder nicht mehr nutzen. Das aber ist ein Luxusproblem. "Wir haben unsere zweite Halle dauerhaft an die Stadt Schweinfurt vermietet. Die Einnahmen halten uns jetzt über Wasser", berichtet Wolz.
Mittagsbetreuung in der Sporthalle
Die Schiller-Grundschule ist nur einen Steinwurf entfernt. Für deren Schüler ist die Sportstätte für die Mittagsbetreuung umgewandelt worden. Das Essen kommt vom Pakistani, der die vereinseigene Gaststätte betreibt. Auch das ist für Wolz ein Glücksfall. "Es ist sehr wertvoll, wenn man nach den Spielen oder dem Training direkt nebenan noch zusammensitzen kann und etwas zu Essen bekommt", sagt der 67-Jährige.
Der Zusammenhalt wird in der Abteilung großgeschrieben. Er dürfte auch über diese anhaltende Corona-Pandemie hinweghelfen, obgleich der Altersdurchschnitt der 15 aktiven Spieler hoch ist. "Die Jüngsten sind in den 30ern. Der älteste ist schon 74 Jahre", erzählt Wolz. Hinzu kommen aktuell immerhin sechs Jugendliche.
Ihre Blütezeit hatte die 1957 gegründete Abteilung vor 20 bis 25 Jahren. Eine Saison lang nahmen sogar vier Männer-Mannschaften am Spielbetrieb teil. Der Nachwuchs wurde bayerischer Schülermeister und stieg 2001 in die Unterfrankenliga auf. Später musste die Jugend komplett aufgelöst werden. "Der Neustart vor zweieinhalb Jahren war holprig. Wir mussten mitten in der Runde die Reißleine ziehen, weil sich einige nicht in den Dienst des Teams gestellt haben", sagt Wolz.
Die Lücke füllten schließlich drei Jugendliche von der nahen TG Schweinfurt, da es dort keine Mannschaft im Spielbetrieb gab. "Ich habe Kontakt zum dortigen Abteilungsleiter Wolfgang Then aufgenommen und angeboten, dass deren Jungs bei uns Wettkampf spielen können. Das lief alles unkompliziert. So konnten wir hier wieder nach und nach etwas aufbauen."
Der diplomierte Chemiker und Vater zweier erwachsener Kinder hat als Student für die DJK SB Regensburg in der damaligen Regionalliga gespielt und sich schon seinerzeit als Trainer engagiert. "Ich habe schon immer großen Wert auf das Doppel gelegt, weil das für mich einfach den Teamgedanken im Tischtennis ausmacht." Insofern ist es kein Wunder, dass der Sport-Club regelmäßig in dieser Disziplin auftrumpft.
Die Doppelstärke des SC 1900
Wolz selbst ist in der vergangenen Saison gemeinsam mit Carsten Licht in 16 Partien kein einziges Mal als Verlierer von der Platte gegangen. Das war nach dem Aufstieg in die Bezirksliga Südost der Garant für den Klassenerhalt. Dass diese Saison wegen der Corona-Pandemie ohne Doppel startete, hatte die Schweinfurter hart getroffen. Doch mittlerweile ist die Runde ohnehin abgebrochen und annulliert worden.
Seit dem erneuten Lockdown können auch die SC-Tischtennisler, die mit Michael Knappke auch den Vereinsvorsitzenden stellen, nicht mehr trainieren. "Dabei haben wir eine eigene Halle, ein Hygienekonzept und sogar eine mehrstufige Luftabsauganlage", berichtet Wolz und zeigt auf die Steuerung in der Hallenwand. Er ist guter Dinge, dass die Abteilung auch diese Krise überstehen wird. "Selbst unsere Älteren würden sofort wiederkommen, sobald es möglich ist. Der soziale Aspekt wiegt einfach schwerer als das Restrisiko einer Ansteckung."
Mehr Sorgen bereiten Wolz da schon jüngere Spieler. Bei einigen besitze der Tischtennis keinen allzu hohen Stellenwert mehr; sie würden daher nur auf ein paar Einsätze im Jahr kommen. "Dadurch wechseln die Aufstellungen häufig. Das ist nicht gut", weiß der gebürtige Schweinfurter, der einst beim FC 05 mit diesem Sport begonnen hat, ehe er weiterzog, als sich die Abteilung auflöste.
In den vergangenen Monaten war dem früheren Laborleiter bei Schaeffler sehr daran gelegen, den Kontakt zu den anderen Vereinsmitgliedern nicht abreißen zu lassen, gerade auch zum Nachwuchs. Es gebe Infos über Signal-Chatgruppen, Telefonate oder auch mal ein direktes Gespräch mit Abstand und Maske. "An die Jugend verteile ich auch immer mal wieder kleine Challenges", so Wolz.
Kooperation mit der Schiller-Grundschule
Von den Schweinfurter Sportwochen in den Sommerferien hat die Abteilung generell Abstand abgenommen. "Es kamen zwar viele Kinder. Aber irgendwie hatte man den Eindruck, dass sie bei uns nur geparkt worden sind. Jedenfalls ist letztlich niemand übrig geblieben, der mit dem Tischtennis angefangen hat. Dafür war uns der ganze Aufwand irgendwann zu hoch", konstatiert Wolz. Stattdessen habe man kürzlich eine Sportkooperation mit der Schiller-Grundschule für deren Schüler gestartet. "Bei 45 Minuten in der Woche lässt sich natürlich so schnell kein Tischtennis lernen. Aber vielleicht wecken wir bei dem einen oder anderen die Lust, mal zum regulären Training vorbeizuschauen."
Grammatikalisch heißt es immer noch das Tischtennis.
Die Treue zum Vereinssport, zum regelmäßigen Training und die Bereitschaft zur gewissenhaften Teilnahme an Punktespielen hat bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren leider sehr nachgelassen. Die Corona-Pandemie beschleunigt diesen negativen Trend.