
Es war ein unvergesslicher Moment für Sha Mahmood Noor Zahi: die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele mit 10.500 Athletinnen und Athleten am 26. Juli in Paris. Die teilnehmenden Nationen glitten in Booten über die Seine. Der 33-jährige afghanische Meister im 100-Meter-Sprint führte als Fahnenträger in Landestracht das sechsköpfige Team seiner Heimat an. Und lief dann einen neuen Landesrekord: 10,64 Sekunden.
Nach Olympia stieg Sha Mahmood Noor Zahi in Paris in ein Flugzeug nach Frankfurt und beantragte Asyl in Deutschland. Seit knapp drei Monaten lebt der 33-Jährige nun im Ankerzentrum bei Schweinfurt, wo sein Asylantrag bearbeitet wird. Er hofft, dass er als Flüchtling eine Anerkennung bekommt. Und dass er in Deutschland seinen Traum von einer Profikarriere als Sportler verwirklichen kann.
Leichtathlet aus Afghanistan möchte professionell trainieren
Die besten Sprinter der Welt laufen die 100 Meter in unter 10 Sekunden. In Paris holte der US-Amerikaner Noha Lyles im Finale mit 9,76 Sekunden Gold. Sha Mahmood Noor Zahi war in der Vorrunde ausgeschieden.
Doch der 33-Jährige sagt: "Ich könnte auch unter 10 Sekunden laufen." Er sei schon immer schnell gewesen und habe viele nationale Wettkämpfe in Afghanistan gewonnen. Dass Schnelligkeit alleine nicht ausreicht, das weiß Sha Mahmood Noor Zahi. Wer an die Spitze will, braucht gezieltes Training.

In Afghanistan hat Sha Mahmood Noor Zahi das nicht. Seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 sei professionelles Training auch für Männer schwierig geworden, sagt er. Frauen ist Sport generell verboten. Die drei Athletinnen, die im afghanischen Olympia-Team in Paris dabei waren, leben und trainieren im Exil.
Sha Mahmood Noor Zahi sucht einen Sportverein und einen Trainer
Auch Sha Mahmood Noor Zahi lebte zuletzt nicht mehr in Afghanistan. Auf die Olympischen Spiele bereitete er sich im Iran vor, im Nachbarland seien die Trainingsbedingungen etwas besser gewesen. In der Anfangszeit habe er vom Nationalen Olympischen Komitee noch finanzielle Unterstützung erhalten, sagt der Sprinter. Später habe er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Einen Trainer habe er nicht, er sei auf sich alleine gestellt gewesen.

Auch in Deutschland muss sich der 33-Jährige sportlich erst einmal alleine durchkämpfen. Zum Training geht er täglich ins benachbarte Schweinfurter Sachs-Stadion und dreht drei, vier Stunden lang seine Runden. Gerne würde er in einem Sportverein trainieren, am besten mit Lauftrainer.
Erste internationale Erfahrungen bei den Olympischen Spielen in Tokio
Schon als Kind habe er von der Sportlerkarriere geträumt, sagt Sha Mahmood Noor Zahi. Und von einem Leben in Deutschland. Er kommt aus der Provinz Farah, mit dem Laufen fing er 2014 nach der Highschool an. "Einen Coach hatte ich nie", erzählt er. Aber die Taekwondo- und Karate-Trainer hätten ihm sehr geholfen.
Erste internationale Erfahrungen sammelte der Sportler 2020, als er bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio dank einer Wildcard im 100-Meter-Lauf starten konnte. Er war bei einem Testlauf in Kabul die 100 Meter unter 11 Sekunden gelaufen. Afghanischer Rekord, deshalb durfte er bei Olympia starten. In Tokio schied er mit 11,04 Sekunden zwar schon in der Vorrunde aus, wurde zu Hause aber wie ein Held gefeiert und gab sogar ein Interview im afghanischen Fernsehen.

"Im Vergleich zu den anderen Athleten war es unfair", antwortete er damals der Moderatorin auf die Frage, ob er gut vorbereitet gewesen sei. Sha Mahmood Noor Zahi war erst ein Jahr vor Beginn der Spiele in das olympische Team berufen worden und hatte zuvor nie einen "Coach". Man habe ihn dann für drei Monate in ein Trainingslager des Nationalen Olympischen Komitees in den Iran geschickt, danach 15 Tage zum Training nach Japan. "Athleten anderer Länder verbringen vier Jahre in Trainingslagern", sagt der 33-Jährige. Und sie hätten wesentlich bessere Ausrüstung.
Nächstes Ziel: Olympische Spiele 2028 in Los Angeles
Er sei in Tokio trotzdem gut vorbereitet gewesen, blickt der Sportler zurück. Beim Wettkampf habe er sich dann leider nach 50 Metern das Bein verstaucht, "sonst hätte ich definitiv einen Rekord unter 11 Sekunden aufstellen können".
Im Jahr darauf schaffte es Sha Mahmood Noor Zahi bei den Islamic Solidarity Games in Konya bis ins Halbfinale über 100 und 200 Meter. 2023 schied er bei den Asienspielen in Hangzhou über 100 und 200 Meter jeweils in der Vorrunde aus.
Und jetzt? In Deutschland möchte der 33-jährige Läufer aus Afghanistan professionell trainieren, um bis zu den nächsten Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles seine Leistung auf Weltklasseniveau zu steigern. Sein Ziel: "Ich will die 100 Meter unter 10 Sekunden laufen."

Pläne für die Zeit nach seiner aktiven Karriere hat Sha Mahmood Noor Zahi auch: "Sport ist meine große Leidenschaft", die wolle er später als Trainer an junge Talente in Deutschland weitergeben. Aber erst einmal sucht er jetzt selbst noch einen Coach.
Katrin Weber
Das ist aber kein Grund für einen Asylantrag.
Er wird ja nicht politisch verfolgt oder bedroht.
Da hat Frau Scherendorn absolut recht.