
"Ich hoffe, dass die uns erst überhaupt finden und nicht am Stadion aufkreuzen. Wobei: Es wäre irgendwie schon lustig, wenn die Münchner zehn Minuten Verspätung hätten." Dienstagabend, kurz vor 19 Uhr. Turner-Coach Adrian Gahn grinst über das ganze Gesicht. Wie ein kleines Kind, das gerade den sehnlichst gewünschten, übergroßen Plüsch-Teddy bekommen hat. Der Turner-Teddy heißt allerdings 1860 München. Der Drittligist ist am Donnerstag ab 18.30 Uhr auf der Maibacher Höhe zu Gast – zum Spiel ihres Lebens, wie die Turner immer wieder betonen. Für sie ist das mehr als ein Toto-Pokal-Erstrunden-Duell auf Verbandsebene. Sehr viel mehr.
Das merkt man daran, dass Sportleiter Ernst Gehling eigentlich nur noch mit dem Handy am Ohr zu sehen ist. Und wenn es gerade mal nicht bimmelt, koordiniert das leidenschaftliche FTS-Urgestein den Einsatz der rund 140 Helfer. Die packten bereitwillig an, als beispielsweise ein Geräteschuppen weg musste – nun würde er mitten im Sechzig-Fanblock stehen. Zustände, die man am beschaulichen Kleinflürleinsweg zuletzt nicht gewohnt war. Auch der Einsatz von Bauzäunen, die die verschiedenen Fangruppen trennen sollen, ist nicht alltäglich. "Eigentlich sind wir schon fast fertig", meint der 63-Jährige und lässt seinen Blick über den Sportplatz schweifen.
Trainer Gahn will alle Spieler integrieren
Mit "wir" können Adrian Gahn und sein Co-Trainer Thilo Hetterich nicht gemeint sein. Denn für sie stehen noch ein paar recht unangenehme Aufgaben an: Du spielst, du nicht – du sitzt auf der Bank. Man kann es sich ganz einfach machen. Nur eben nicht vor einem Pflichtspiel gegen einen Drittligisten. "Thilo und ich sind schon draufgekommen, dass wir in dieser Saison noch gar kein Landesliga-Spiel bestritten haben." Gahn lacht, um dann doch wieder ganz schnell abzuwinken. "Nein, da gibt es jetzt andere Prioritäten. Wir wollen schon die beste Mannschaft aufs Feld schicken und werden keinen Beton anrühren. Dafür sind wir nicht bekannt. "
Für die, die es nicht in den Kader schaffen, gibt es trotzdem beste Plätze – auf der Bank, notfalls "halt als Physiotherapeut". Was auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen sarkastisch klingen mag, ist Teil des so oft zitierten "Turner-Geists", den Gahn und Gehling nach einem zwischenzeitlichen Abrutschen in die Kreisliga wieder allgegenwärtig gemacht haben. "Jeder hat da einen Anteil daran und soll dabei sein."
Ernst Gehling hofft auf ein friedliches Fußball-Fest
Mittendrin statt nur dabei ist Ernst Gehling. Der Mann, der dieses Highlight bei der Pokal-Auslosung in Bad Wiessee erst möglich gemacht hatte. Seinen Spielerpass wird der langjährige Sechzig-Fan trotzdem nicht aus der Karteileichen-Kiste holen. "Daran hab ich noch keine einzige Sekunde gedacht." Während Gahn und Hetterich schon bei der Mannschaft sind, um sie auf das Duell gegen die nach der 0:4-Klatsche in der Liga gegen Waldhof Mannheim kriselnden Landeshauptstädter vorzubereiten, kreisen Gehlings Gedanken um die Situation der Anwohner, die vor, während und nach dem Spiel ungewohnt harte Einschnitte hinnehmen müssen. Der Kleinflürleinsweg wird nämlich gesperrt. "Ich kann mich da wirklich nur noch einmal entschuldigen. Gegen 22 Uhr müsste der Spuk dann auch vorbei sein. Ich appelliere auch an alle Zuschauer, ihren Beitrag zu leisten, dass das Ganze zu einem friedlichen Fußball-Fest wird – und auch einzuschreiten, wenn der Nebenmann über die Stränge schlagen will."
Dass das Spiel nicht im recht nahen Willy-Sachs-Stadion, sondern auf der "Höh'" stattfindet, war der Wunsch vieler Turner – auch der von Trainer Gahn, der selbst viele Jahre lang im FTS-Trikot dem Ball hinterherjagte. "Das ist einfach unsere Heimat. Hier haben wir tolle Schlachten geschlagen und schwere Zeiten durchlebt. Da wäre es einfach nicht schön, wenn dann im Sportheim Bilder eines solchen Spiels hängen, die dann im Hintergrund das Willy-Sachs-Stadion zeigen."
Dass das Spiel überhaupt auf dem Turner-Hauptfeld stattfinden darf, "ist den Verantwortlichen der Polizei, der Stadt, der Sicherheitsdienste und des bayerischen Fußball-Verbands zu verdanken. Die haben uns immer gesagt, was wir noch tun müssen und Tipps gegeben, auf welche Dinge wir achten sollen", meint Gehling. Ob es denn alles auch reibungslos klappt? "Das wird spannend."