
Gerade mal knapp 20 Stunden ist die Zweitliga-Partie zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem 1. FC Kaiserslautern (0:0) vorbei, da ist Jan Reichert schon wieder im Einsatz. Nur ist die Kulisse diesmal eine andere: Hatte der 23-jährige Torhüter am Freitagabend noch vor knapp 38.000 Menschen die Null für den Club gehalten, sitzt er am Samstagnachmittag vor rund 80 Menschen im Vereinsheim der DJK Schwemmelsbach (Lkr. Schweinfurt). Der FCN hatte in Zusammenarbeit mit dem dortigen Fanklub "Wiesengrund" und der DJK das Fantreffen organisiert.
Dem Anlass entsprechend ist der Raum in Rot und Schwarz geschmückt, an den Wänden hängen Trikots und Flaggen der Nürnberger. Unter den Gästen sind zahlreiche Kinder, viele von ihnen tragen Club-Trikots. Zusammen mit dem Fanbeauftragten Jaron "Shlomo" Hartmann und Christian Wolf, Vorsitzender der Jahn-Wölfe '92 Güntersleben, einem FCN-Schalke-Fanklub, sitzt der gebürtige Schweinfurter gut gelaunt am Tisch vor den Gästen.
Die Fragen der Fans variieren stark. Mal möchte jemand wissen, welche Fußballschuhe Reichert trägt oder wer der Kabinenclown beim Club ist, mal geht es um die Ziele der Mannschaft für die laufende Saison oder sein Verhältnis zu Trainer Miroslav Klose.
"Wir sind alle sehr, sehr glücklich über die Entscheidung, dass Miro im Sommer unser Trainer geworden ist", sagt der Torwart, der auch schon beim FC Schweinfurt 05 gespielt hat. "Wir haben mit einem Weltmeister einen Trainer an der Seitenlinie, der für den Fußball brennt und jeden Tag im Training alles dafür gibt." Klose sei "sehr akribisch", arbeite mit seinem Trainerteam "sehr, sehr gut" und bereite die Mannschaft "perfekt auf die Spiele vor". Menschlich sei der Ex-Stürmer ohnehin "top" und "sehr, sehr herzlich".
Der Torwart spricht noch nicht vom Ziel Bundesliga-Aufstieg
Und wo geht es hin für den Club in dieser Saison? Die Nürnberger haben sich zuletzt deutlich gesteigert – das 4:0 gegen Fürth im Frankenderby, ein 8:3 gegen Jahn Regensburg und selbst ein 1:1 beim Hamburger SV – und stehen inzwischen nicht mehr weit entfernt von den Aufstiegsplätzen in der Tabelle. Dürfen die Cluberer etwa auf den Aufstieg hoffen?

"Wir sind in die Saison gegangen und haben gesagt, wir wollen so viele Punkte holen wie möglich", dämpft Reichert die Erwartungen, der während der Veranstaltung mehrfach die Clubfans und deren Unterstützung lobt. Das Ziel sei trotz der jüngsten Erfolg aber immer noch das gleiche: "Wir träumen nicht von Sachen, die in großer Ferner liegen."
Einladung zur Nationalmannschaft "ein unglaublicher Moment"
Im Sommer hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann Jan Reichert zur Unterstützung im Training zur Nationalmannschaft eingeladen. "Das war für mich ein unglaublicher Moment", sagt der Torwart. Er habe erst gar nicht gewusst, wie ihm geschehe: "Man kann sich gar nicht vorstellen, was das in einem auslöst." Manuel Neuer, sein großes Vorbild, zu treffen, habe ihn beeindruckt: "Manuel war gefühlt drei Meter groß. Er hat eine unglaubliche Aura."

Und dann stellt ein Kind die Frage aller Fragen: "Was war deine erste Lieblingsmannschaft als Kind?" Reichert atmet durch und grinst, auch Fanbetreuer Hartmann hat da ein Lachen auf den Lippen. "Sag's nicht", rät er dem Keeper neckisch. Doch der antwortet entgegen dem nicht ernst gemeinten Rat: "Der 1. FC Nürnberg." Die Anwesenden lachen. Und später will dann noch ein Junge prüfend wissen, ob Reichert denn als Kind auch mal in Nürnberg im Stadion gewesen sei. Der grinst wieder und sagt lachend: "Zu den Topspielen war ich da!"