Unverhofft kommt oft. Der Schweinfurter Profi-Boxer Raphael Rogers kämpft an diesem Freitag, 31. Mai, in Oberhausen um den vakante Gürtel in der deutschen Meisterschaft des BDB (Bund Deutscher Berufsboxer) im Supermittelgewicht. Der 37-Jährige hat kurzfristig die Herausforderung angenommen.
Es ist keine zwei Wochen her, als Rogers aus dem Lager des Boxers Serhat Parlak als Gegner für den Kampf um die deutsche Meisterschaft angefragt wurde, völlig überraschend. Parlaks ursprünglich geplanter Gegner sagte ab.
"Die suchen ein leichtes Opfer", sagt Rogers, der nun am Freitagabend im Rahmen der Boxgala "Ugro Gladiators VI" im Ebertbad Oberhausen den Titelkampf gegen den Lokalmatadoren bestreiten wird. "Ich habe nichts zu verlieren", ergänzt der Schweinfurter angriffslustig. Der Druck liege beim Gegner.
Kontrahenten mit fast identischen Profi-Statistiken
Die Statistiken beider Kontrahenten im Profibereich sind fast identisch. Parlak gewann alle seine fünf Kämpfe, zwei davon vorzeitig. Auch Rogers gewann seine ersten fünf Kämpfe, ebenfalls zwei davon durch Knockout, allerdings verlor er letztes Jahr in Mexiko gegen Luis Zurita (nach Punkten) erstmals einen Profikampf. Im Amateur- und Jugendbereich hatte der 24 Jahre alte Parlak im Vergleich zu Spätzünder Rogers ein paar mehr Erfolge vorzuweisen.
"Ich war noch nie so gelassen vor einem Kampf", sagt Rogers trotz der kurzen Vorbereitungszeit. "Ich bin bereit. Ich weiß, er wird mich unterschätzen und maßlos Probleme kriegen."
Trainer über Rogers: "Er hat eine natürliche Gewalt"
In Rogers Ecke stehen wird als sein Trainer der Forchheimer Tuncay Kasim. Der erfahrene Coach schätzt die Chancen für seinen Schützling auf 50:50 ein. "Die Tagesform wird entscheiden". Trotz der Underdog-Rolle traut er Rogers auch den Sieg zu. Erstmals muss, so der Kampf denn nicht vorzeitig endet, der Schweinfurter über die Distanz von zehn Runden gehen. Für Rogers sprechen unter anderem seine harte Schlagkraft und sein Wille, erklärt Kasim. "Er hat eine natürliche Gewalt, die hat nicht jeder."
Dabei schien die inmitten der Corona-Pandemie, ab Winter 2020 gestartete Profikarriere des früheren Landesliga-Fußballers des SV Euerbach/Kützberg schon wieder an Fahrt verloren zu haben. Nach seinem Aus 2022 beim Münchner Boxstall Leos Box Gym von Ex-Weltmeister Leven Cukur reiste er im Frühjahr 2023 in Eigenregie für ein zweimonatiges Trainigscamp nach Mexiko. "Dort habe ich gelernt, ins eiskalte Wasser zu springen und zu überleben", blickt Rogers zurück. Die Erfahrung möchte er auch mit in den Ring in Oberhausen nehmen. "Ich werde meinen Gegner mit in die tiefen Gewässer nehmen. Dann schauen wir mal, wie gut er schwimmen kann."
Bald in einer Reihe mit Sven Ottke und Markus Beyer?
Im Falle eines Sieges würde sich der Schweinfurter in die Reihe von prominenten Namen einstiger Titelträger wie Sven Ottke oder Markus Beyer einreihen. "Er muss die Gelegenheit beim Schopfe packen", sagt sein Trainer. "Natürlich ist es ein Himmelfahrtskommando, aber durch so etwas schreibst du Geschichte."
Rogers blickt dem Abend in Oberhausen dennoch ohne Druck entgegen. Es ist die Liebe zum Boxen, die ihn in den Ring treibt, erklärt er. "Der Titel bedeutet mir nichts", betont er sogar. "Er würde mir nur etwas bedeuten, weil ich ihn dann meiner Familie, der Stadt und allen, die an mich geglaubt habe, schenken könnte."