
Den Verantwortlichen der Stadt Schweinfurt könnte etwas bange werden, wenn sie daran denken, dass sie beim Prolog und beim Start der ersten Etappe der diesjährigen Deutschland Tour alles richtig machen müssen. Schließlich haben sie einen Ruf zu verlieren. Denn als die Radtour das bisher letzte Mal in Schweinfurt zu Gast war, präsentierte sich die Kugellagerstadt bestens.
Damals wurde Schweinfurt von den Organisierenden zum besten der acht Etappenorte erklärt. In den Kategorien Zuschaueraufkommen, Organisationsstandard, Vermarktung und Gastfreundschaft erzielte Schweinfurt in der Summe die meisten Punkte. Als Anerkennung erhielt die Stadt ein vom damaligen Sprinterstar Erik Zabel unterschriebenes Ehrentrikot.

Ob dieses Leibchen heute noch große Ehre versprüht? Da darf man geteilter Meinung sein. Immerhin hatte der vielfache Tour-de-France-Etappensieger 2013 eingeräumt, längere Zeit gedopt zu haben. Gut, in Schweinfurt war das damals noch nicht bekannt. Aber es war gerade die Doping-Hochzeit im Radzirkus. Das spürte man bei der Deutschland Tour vor 18 Jahren.

Wenige Wochen zuvor war der Doping-Skandal mit dem spanischen Arzt Eufemiano Fuentes ans Licht gekommen. Deutschlands ehemaliger Held Jan Ullrich und weitere Spitzenfahrer wurden daraufhin von der Frankreich-Rundfahrt ausgeschlossen. Bei diesem heißen Thema reagierten dann auch die Fahrer der Deutschland Tour im August ziemlich verärgert.
Spätestens, nachdem ein Fernsehteam kurz vor dem Auftakt-Rennen einige Profis provokant gefragt hatte: "Heute schon gedopt?" Gerald Ciolek, der Sieger der Schweinfurt-Etappe, nannte das Verhalten eine "Frechheit" – er meinte damit übrigens die Medien und nicht die Eigenblut-Doper!

Vieles lag damals im Schatten, wie eben Zabels unrühmliche Vergangenheit oder jene von Stefan Schumacher. Der bereits wegen Dopings verdächtigte Profi vom Team Gerolsteiner fuhr in Schweinfurt ins gepunktete Berg-Trikot, wozu ihm der damalige Bürgermeister Otto Wirth auf der Bühne gratulierte. 2009 wurde er schließlich überführt und gesperrt, später gestand auch er seine EPO-Sünden.
20.000 Zuschauende in Schweinfurt
Das tat der Euphorie keinen Abbruch. In Schweinfurt kamen 20.000 Zuschauende an die Strecke, die Stimmung auf der Zielgeraden beim Massensprint war bestens. Weil die Stadt einen tollen Eindruck hinterließ, wollte die D-Tour eigentlich kurze Zeit später zurückkehren. Dazu kam es jedoch nicht, weil die Rundfahrt 2008 aufgrund der Doping-Auswirkungen eingestellt wurde.
Nach deren Reaktivierung und nunmehr langen 18 Jahren Wartezeit ist es jetzt wieder so weit in Schweinfurt. Und diesmal scheint es offenbar fairer im Radsport zuzugehen.


