Spielertrainer sind nichts Neues im Fußball – und doch erfreuen sie sich immer größerer Beliebtheit. Waren es zu Beginn der Saison 2013/14 noch mindestens elf spielende Coaches in der Bezirksliga Ost sowie den Schweinfurter Kreisligen, sind es vor der aktuellen Runde zumindest mal 25 gewesen. Zwei mehr gab's zuletzt nur in der coronabedingt abgebrochenen Saison, die sich von 2019 bis 2021 erstreckte. Waren es früher meist gute, alte, erfahrene Fußballer, die zum Ende ihrer Laufbahn schon einmal die Taktiktafel schwangen, während sie noch ein bisschen mitkickten und beispielsweise als Libero Ordnung auf den Platz brachten, wird heute viel mehr gefordert.
Einer von denen, die mehr gefordert sind, ist Florian Hetzel. Der 32-Jährige, nach der Jugend lange Innenverteidiger beim FC 05 Schweinfurt, entschied sich mit 25 für die Tätigkeit als spielender Assistent beim damaligen Kreisligisten TSV Forst unter Trainer Udo Romeis, obwohl er die Schweinfurter in Liga vier kurz zuvor noch als Kapitän aufs Feld geführt hatte.
Videoanalysen als Schlüssel zum Erfolg
Bereut hat Hetzel den für Außenstehende drastisch anmutenden Schritt bis heute nicht. Nicht, als er mit 28 der Nachfolger von Romeis wurde – und auch nicht an diesem nasskalten Dezember-Tag, an dem er am Sportheim des TSV Grettstadt steht, für den er seit Juli 2020 als Spielertrainer tätig ist. Dass das mit mehr als ein bisschen Kicken verbunden ist, zeigt sich schnell, als der Angestellte einer Spedition das Smartphone hervorzieht. Darauf: Eine App, mit der man am Spielsystem basteln kann.
Sie nutzt er, obwohl sich der Mann, der mittlerweile meist im Mittelfeld zu finden ist, mit Block und Stift bestens auskennt und in dieser Hinsicht auch noch ein bisschen traditionell ist: Schon zu Schweinfurter Zeiten machte sich Hetzel Notizen, weil ihn der Trainerjob reizte. "Ich konnte ja von einigen erfahrenen Trainern lernen und hab mir dann zu Hause tatsächlich Sachen aufgeschrieben. Viererkette, Dreierkette oder wie man im Spiel umstellt", erklärt der Familienvater lachend, als er in der Kabine sitzt, wo noch immer die Leibchen hängen, obwohl die Winterpause coronabedingt frühzeitig eingeläutet wurde.
Wer sich wann diese Leibchen überstreift und was das dann für das Spiel des Kreisligisten zu bedeuten hat, spricht der frühere Verteidiger im Übrigen auch mit den Spielern durch – Dinge, die so manch älterer Coach nicht machen würde, vielleicht sogar aus Angst vor einem Autoritätsverlust. "Es macht mir unglaublich Spaß, mit der Mannschaft was zu erarbeiten und man die eigene Idee zwar vorgibt, aber auch die Spielersicht erfährt."
Und das funktioniert? "In meinen Augen schon. Früher war's ja so: Der Trainer hat etwas vorgegeben und wer das nicht gemacht hat, hat nicht gespielt. Das geht heutzutage nicht mehr. Kommunikation ist so wichtig. Die Jungs kennen sich ja auch aus und haben unter Umständen schon ein Jahrzehnt im Männerbereich gespielt. Man kann dann ja beispielsweise zwei Wege vorstellen und den Spieler fragen, was er davon hält. Natürlich stehe ich dann noch drüber, aber man muss flexibel sein."
Der Vater als "Kritiker"
Braucht's die autoritären Coaches dann gar nicht mehr? Hetzel favorisiert den Mix, gibt aber auch zu, dass er sich öfter Trainer gewünscht hätte, die "mehr darüber geredet" hätten, "um einfach den Austausch zu haben. Früher war es auch so, dass man da eher mit dem Mannschaftsrat als den Jüngeren gesprochen hat. Wenn doch mal jemand zu weit geht, kann man sich einen Spieler ja auch mal zur Seite nehmen."
Zur Seite genommen wird Hetzel übrigens auch noch – von seinem Vater Klaus, der bei Spielen "immer dabei" ist. "Der sagt mir dann auch schon mal, dass ich schlecht gespielt hab", erklärt Hetzel grinsend, der am Sportgelände übrigens auch Kameras aufstellt, um Videoanalysen zu machen, die er im Nachgang an Spieler verschickt, die bei der Besprechung nicht da sein konnten. "Es bringt auf unserem Level echt viel, es den Spielern zu zeigen, wann sie besser losgelaufen wären – oder so. Ich hab', glaube ich, aber doch eine gute Auffassungsgabe, dass ich in der Kabine in der Pause noch weiß, was wann auf dem Feld passiert ist und wo der Fehler war."
Sich an die Linie zu stellen, um einen anderen Überblick zu haben, kommt für Hetzel, der in der Jugend übrigens auch mal beim Würzburger FV war, nicht in Frage. "Ich brauche es, auf dem Feld zu stehen. Ich will auch immer noch kicken, kann aber auch einschätzen, wie gut ich während des Spiels als Spieler war." Den Schritt zurück nach oben will der frühere Viertliga-Stammspieler nicht unbedingt mehr wagen. "Natürlich würde es mich manchmal schon reizen, zu wissen, wie ich jetzt in der Landesliga spielen würde. Von der Regionalliga bin ich meilenweit weg. Das versuche ich auch immer meiner Frau Annette zu erklären, die sehnt sich eher danach, weil sie beim FC 05 ja lange Ehrenamtliche war", gibt Hetzel zu, ehe er in der Kabine des Kreisligisten noch ein bisschen aufräumt. So wird er wohl noch länger Spielertrainer bleiben – mit einer App, viel Kommunikation und nicht nur Erfahrung.