
Stefan König spielt Fußball. Irgendwie immer schon. Mit 42 Jahren inzwischen bei den Senioren des SV Schraudenbach/Mühlhausen in der Bezirksliga. Gerade erst hat seine Mannschaft den Klassenerhalt geschafft. König ist Spielmacher. Aber nicht auf dem Platz. Und genau genommen, fehlt da noch ein "e". König ist Spielemacher. Er erfindet Brettspiele. Das neueste heißt "Goal Getter" und dreht sich rund um den Fußball.
"Wir waren nie die Spiele-Familie", erinnert sich Stefan König an seine Kindheit. "Unser Vater hat mit uns Fußball gespielt und gut war's." Wer den fußballverrückten Papa Heinrich kennt, der lange Zeit für die Amateure des FC Bayern München gespielt hat, kann es sich vorstellen. Stefan, einer von drei nicht minder fußballverrückten Söhnen, faszinierten neben der Kickerei dagegen immer auch Karten, Bretter und Würfel. "Ich habe nur selten das Spiel gefunden, das mich begeistert."
Also eines erfinden? Vor 13 Jahren war's soweit: Mit dem Ratespiel "Codes" ging es los, "Goal Getter" ist Spiel Nummer 18. Nebenher schrieb Stefan König drei regionale Krimibücher der Reihe "Roten Burg" und ein Kinder-Bilderbuch als Auftragsarbeit für die Band Spessarträuber. Trotzdem bezeichnet sich der studierte Betriebswirt, der Vollzeit im elterlichen Sportartikel-Geschäft in Werneck arbeitet, weder als Spieleerfinder noch als Buchautor: "Ich mache das in meiner Freizeit, weil's mir Spaß macht." Und weil er seine Kreativität ausleben "muss. Wichtiger als Profit ist für mich, etwas selbst Kreiertes in der Hand halten. Sagen zu können: Ja, das ist von mir."
Online schon mal auf Platz 54 in der Verkaufsrangliste deutscher Brettspiele
Dabei hat der aus dem Wernecker Gemeindeteil Mühlhausen stammende Stefan König schon kommerziellen Erfolg gehabt: Das Trinkspiel "Kneipentour" hat sich 5000 Mal verkauft, lag beim Online-Versandhändler Amazon, der einzigen Erwerbsquelle neben Sport König, zwischenzeitlich auf Platz 54 der Kategorie Brettspiele. Der "Landwirt", ein Strategiespiel, ging 3000 Mal über die virtuelle Verkaufstheke. Reich macht das nicht, "ich nehme die Gewinne als Investition für die Umsetzung der nächsten Idee". Die, so König, "ein Alleinstellungsmerkmal haben muss. Wenn du sagst 'ich mach was, das so ähnlich ist wie xy', hast du schon verloren."
Die Idee zu "Goal Getter" liegt in Königs Kindheit: Da war diese Taktik-Tafel seines Vaters mit den vielen Magnet-Pins. "Ich habe gedacht, das Ding sei ein Spiel." Später habe er "echte" Gesellschaftsspiele zum Thema Fußball gesehen. Stück für Stück reiften eigene Vorstellungen. Die erste Variante vor einigen Jahren hieß "Torjäger" - mit wenig zufriedenstellendem Resultat. 2022 war "Goal Getter" fertig.
Das schwierigste im Entwicklungsprozess seiner Spiele: "Eine Spielanleitung zu schreiben. Das ist wie eine mathematische Gleichung. Es gibt eine Regel, nach der funktioniert alles. Wenn sich mehrere Schritte überschneiden, Züge nicht zusammen passen, geht die Gleichung nicht auf." Da könne man noch so lange an einer Anleitung tüfteln - ausschließen ließen sich Fehler nie hundertprozentig. Irgendwann komme womöglich irgendwer irgendwo an irgendeine Spielsituation, die sich nicht nach der Regel auflösen lässt. "Der Horror für Spieleentwickler."
Da hätten die großen Verlage mit entsprechend üppig Personal Vorteile. Viele Augen sehen eben mehr. Eine Spielidee an so einen Branchenriesen zu verkaufen, sei für König keine Option: "Da wird kaum mal eine berücksichtigt. Es gibt 400 Neuerscheinungen pro Jahr auf dem deutschen Markt. Die Zahl der Ideen ist um ein Vielfaches höher." Und: Er hält eben gerne ein eigenes Produkt in der Hand.
Ein bisschen Würfeln, ein bisschen Taktik - und ein bisschen Quartett
2000 Stück ließ König, der das komplette Design von Brett und Karten selbst entwickelt, von Ludo Fact aus Jettingen-Scheppach produzieren. Einer Firma, die pro Tag 70.000 Puzzles und Gesellschaftsspiele fertigt, die großen Verlage beliefert und quasi Monopolist in Deutschland ist. "Goal Getter" ist ein taktisches Brettspiel für Zwei. "Über verkürzte Spielzeiten oder den Einsatz zweier Bretter, lassen sich aber auch Turniere spielen." Durch Würfel und Richtungskarten wird der "Ball" (ein Plastikkegel) übers Feld getrieben. Mittels Spielerkarten, für die (aus lizenzrechtlichen Gründen verfremdete) prominente Profis sowie Freunde und Familienmitglieder Pate standen, werden Zweikämpfe geführt.

Ähnlich einem Quartett werden Eigenschaften wie Kopfball, Schnelligkeit, Kraft und Technik verglichen. Beim Torschuss gibt es ein ähnliches Duell mit dem Torwart. Im sogenannten Experten-Modus stellen sich die Spieler ihre Mannschaft nach taktischen Gesichtspunkten ("die Schnellen nach vorne, die Kräftigen nach hinten") zusammen. "Man kann das clever spielen. Ich bin eher der Typ, der drauf los würfelt und dann schaut, was kommt." Ideen, das Spiel aufzupäppeln, kommen König reichlich. So plant er in einer nächsten Version, das Ganze mit einem Managerspiel zu kombinieren. Oder auf Wunsch individuelle Spielerkarten-Päckchen anfertigen zu lassen.
Promi-Faktor: TV-Moderator Joko Winterscheidt spielt "Goal Getter"
Davor müssen ab noch rund 1800 Exemplare verkauft werden, deren Preis bei 25 Euro liegt. Denn 2022, räumt König ein, sei kein gutes Jahr für Fußball-Merchandise und -Gimmicks abseits des Vereinsfußballs gewesen. Was auch am Vorrunden-Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der WM gelegen habe. "Ich erhoffe mir einen Push durch Europameisterschaft 2024 in Deutschland. Es wäre schon nett, wenn die Nationalmannschaft mal in die Gänge kommt und eine Euphorie auslöst."
Dass Joko Winterscheidt, TV-Moderator und ein Teil des Duos Joko und Klaas, bereits "Goal-Getter"-Spieler ist, freut Stefan König. Dass EM-Fieber oder Promibonus für einen Hype um sein Brettspiel sorgen könnten, ist für ihn ähnlich unwirklich wie eine Trittbrettfahrt beispielsweise beim Deutschen Fußball-Bund oder beim FC Bayern München. "Klar könnte man ein zigfaches absetzen, wenn da der DFB- oder FCB-Button drauf ist und das Spiel auf deren Internet-Seite vertrieben würde. Aber: Wenn überhaupt, dann wollen die reichlich was vom Kuchen abhaben." Und wie gesagt: Da war noch das mit dem "in der Hand halten".