Als am 17. August 2018 um 20.45 Uhr die DFB-Pokal-Erstrundenpartie zwischen dem FC 05 Schweinfurt und dem FC Schalke 04 (0:2) angepfiffen wurde, platzte das Willy-Sachs-Stadion mit 15060 Zuschauern förmlich aus allen Nähten. Am 13. September 2020 (Anpfiff 15.30 Uhr) sind Wettbewerb und Paarung die selben - die Rahmenbedingungen jedoch komplett andere. Die Corona-Krise lässt einen gewohnten Spielbetrieb nachwievor nicht zu. Alles deutet darauf hin, dass die Partie in Gelsenkirchen ausgetragen wird - ohne Zuschauer.
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FC-05-Geschäftsstellenleiter Wladimir Slintchenko verweist zwar auf den 6. September, den Tag der Pokal-Meldefrist, an dem der Bayerische Fußball-Verband seinen zweiten DFB-Pokal-Starter neben dem BFV-Pokalsieger offiziell melden wird, sagt aber unter Berufung darauf, dass dies der FC 05 Schweinfurt sein wird: "Wir planen natürlich das Spiel im Hintergrund mit allen Beteiligten. Und diese Planungen gehen dahin, dass wir das Heimrecht abtreten werden wegen des hohen personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwands", der sich bei den fehlenden Zuschauereinnahmen für den Verein nicht rechne. Im Raum steht allein für den Hebebühnenkran, der für die TV-Übertragung notwendig ist, ein mittlerer fünfstelliger Betrag.
Schalke übernimmt die Reise-Spesen
Also Schalke-Arena statt Willy-Sachs-Stadion. Aufgrund der Erkenntnisse aus einem Webinar des Deutschen Fußball-Bundes zur Umsetzung des Pokal-Hygienekonzepts waren sich Slintchenko, 05-Präsident Markus Wolf ("sollte das Vorhaben noch scheitern, wären wir trotzdem in der Lage, das Spiel irgendwie zu stemmen") und weitere Verantwortliche schnell einig, dass eine Austragung in Schweinfurt wirtschaftlich schwer verantwortbar ist. Gegner Schalke 04 habe signalisiert, wie einige andere Profiklubs bei ihren Amateur-Gegnern auch, einem Tausch des Heimrechts zuzustimmen. Und die Kosten der Schweinfurter für Anfahrt und Unterbringung einer DFB-Empfehlung gemäß zu übernehmen - man spart sich dafür ja die Spesen, die man bei einer Reise nach Unterfranken gehabt hätte.
Bereits sieben weitere Amateurklubs, für die der Vergleich mit einem Profiklub gemeinhin publikumträchtiges Highlight der Saison, bisweilen gar der Klub-Historie ist, haben ihr Heimrecht an den Favoriten abgetreten. So verzichten auf das Heimrecht bislang aus der vierten und fünften Liga der FC Düren (gegen den FC Bayern München), die VSG Altglienicke (FC Köln), der MTV Eintracht Celle (FC Augsburg), der FV Engers 07 (VfL Bochum), der TSV Havelse (FSV Mainz 05), Eintracht Norderstedt (Bayer 04 Leverkusen) und der FC Oberneuland (Borussia Mönchengladbach). Der DFB hat in dieser Ausnahmesituation seinen Segen längst gegeben.
Ob für den FC 05 Schweinfurt mit oder ohne Zuschauer, mit oder ohne Heimrecht, die Chancen besser oder schlechter stehen, ist reine Spekulation. Die Zahlen sprechen indes dafür, dass der Außenseiter nicht komplett chancenlos ins Rennen geht. Der Regionalligist hat sieben Testspiele absolviert, davon sechs, unter anderem auch gegen Mannschaften aus anderen Regionalliga-Staffeln, gewonnen und bei nur einem Unentschieden (0:0 gegen das Bayernliga-Spitzenteam Seligenporten) 42:2 Tore erzielt. Schalke 04 hat dreimal getestet und sich dabei nach dem 5:1 gegen Zweitligist VfL Osnabrück gegen die Drittligisten SC Verl (4:5) und KFC Uerdingen (1:3) blamiert. Am Freitagnachmittag gab es noch ein 1:0 gegen den griechischen Erstligisten Aris Saloniki, bei abermals schwacher Vorstellung.
Während die Gelsenkirchener wegen der Corona-bedingten Absage des Spiels gegen Viktoria Köln wenigstens noch einen Vorbereitungstermin im Kalender stehen haben, wären die Schweinfurter froh, noch einen Test an Land ziehen zu können. Der müsste jedoch gegen einen DFB-Pokal-Teilnehmer oder ein Team aus der 1. bis 3. Liga stattfinden, denn nur diese Mannschaften werden regelmäßig auf Corona getestet. Vielleicht, so 05-Trainer Tobias Strobl, ergebe sich noch etwas gegen einen Drittligisten.
Vier Corona-Tests in zwei Wochen
Derweil läuft die Corona-Testungsphase bei den Schweinfurtern. Am Donnerstag letzter Woche fand der erste von vier Tests statt, der letzte Abstrich wird 48 Stunden vor dem Schalke-Spiel genommen. Bis dahin wird unter striktem Ausschluss der Öffentlichkeit trainiert, "und wir haben den Spielern gesagt, dass sie nur noch so oft wie unbedingt nötig zum Einkaufen gehen sollen", so Strobl. Getestet werden neben der Mannschaft(Strobl: "der Doc kommt zum Trainingsplatz, so dass dies zentral möglich ist") auch das Trainerteam und alle Geschäftsstellenmitarbeiter. Die Ergebnisse werden dann umgehend nach Bayreuth geschickt, in ein Labor, das mit dem DFB zusammenarbeitet. Zwei Tage später erhält der Verein die Ergebnisse.
So ganz ohne Applaus von der Tribüne werden die Spieler des FC 05 am 13. September dann nicht auskommen müssen. Ähnlich dem Verfahren zuletzt in der Champions League erhalten auch die Gäste (beim Ausweichen auf Schalke ja die Schweinfurter) ein kleines Kartenkontingent für Angehörige beziehungsweise Mitarbeiter. Beim FC 05 geht man von etwa 15 Tickets aus.