Ein Unglück kommt selten allein – dieses uralte Sprichwort beschreibt schon das alte Testament, und beim TSV Aubstadt bestätigt es sich im bisherigen Saisonverlauf. Die Unglücksmomente prasseln in den letzten Wochen auf die Mannschaft von Trainer Julian Grell nieder und kommen hinzu zum Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Ertrag, Leistung und Ergebnis. So blieben allein in den vergangenen vier Spielen durch späte bis sehr späte Gegentore in der Nachspielzeit nicht weniger als sieben Punkte liegen.
Hinzu kommen Verletzungspech, ein Eigentor, Latten- und Pfostenschüsse sowie verschossene Elfer, die alle den Rahmen von normalen Fußballspielen sprengen. Besonders in den letzten zwei Begegnungen mit den Hochbegabten-Teams des 1. FC Nürnberg und Bayern München zeigte die neu zusammengestellte TSV-Mannschaft ein Potenzial, das ihr manche zu dem Zeitpunkt noch gar nicht zugetraut hätten.
Wenn nach dem Abpfiff in München der Bayern-Trainer Holger Seitz seine Mannschaft über den grünen Klee lobte und ihr "eine großartige Mentalität" bestätigte, so schwappte dieses Lob ein Stück weit auch auf die Aubstädter rüber, die das 2:2 aber wie eine Niederlage fühlten. Klar, wenn man diesen immer noch ungeschlagenen Gegner bis zur 87. Minute mit 2:0 doch fast am Boden und entzaubert hatte.
Mit einer mutigen Leistung bei gehobener Regionalliga-Qualität sich nicht einigelte und nicht nur wehrte, sondern gut mitspielte und voll dagegenhielt. Mit drei weiteren guten Möglichkeiten (Hemmerich 32., Trunk 36., Pitter 41.) und trotz weniger Ballbesitzes noch höher hätte führen können. Zum ersten Mal mit zwei Toren Vorsprung vorne lag – ehe das Drama wieder Fahrt aufnahm und – durch ein Eigentor – die Sensation dahin war, die alte Leier wieder Gestalt annahm.
Julian Grell will, dass sich die Mannschaft belohnt
Nach so einem Dilemma muss ein Trainer erst mal die rechten Worte vor der TV-Kamera und im Mannschaftskreis finden, damit seine Spieler die Köpfe oben halten. Seit Wochen trägt Grell den Satz wie ein Mantra vor sich her: "Wir müssen uns endlich belohnen für unsere Leistung und unsere Art Fußball zu spielen." Dann geht's wieder rein in den Bus auf die lange Heimreise, wo ein jeder das soeben Erlebte auf seine Art verarbeitet.
Und dann folgen wieder drei Trainingseinheiten, in denen diese vermeintlich wild zusammengestellte Interessengemeinschaft eine solche Einheit bildet, Spaß daran hat, sich zu quälen und positiv auf die nächste Aufgabe einzustimmen. Ein Paradebeispiel für eine Doku, wie sich eine Mannschaft an der Nahtstelle zwischen Amateur- und Profifußball dem Schicksal entgegenstemmt.
Klappt es gegen einen vermeintlich einfacheren Gegner?
Nun hat der TSV gegen die ersten Vier der Tabelle, Schweinfurt, Burghausen, Illertissen, und Bayern München II, weitestgehend gut mitgespielt und nur einen Punkt geholt. Es mutet fast etwas oberflächlich an, das stets auf den Nenner "Qualitätsunterschied" zu bringen, weil da noch andere Kräfte am Werk sind. Nun geht es diesen Samstag (14 Uhr) daheim gegen einen vermeintlich leichten Gegner, den SV Viktoria Aschaffenburg, Tabellensechzehnter mit einem Punkt weniger. Ein Patient, der ähnliche Symptome aufweist.
Die Gäste sind die Minimalisten der Liga, haben mit sieben Toren acht Punkte geholt. Beide tragen ihr Motto vor sich her: Die "Viktoria" vom Untermain, den Sieg im Vereinsnamen – seit der Vereinsgründung. Und aus dem Milzgrund die "Macht im Grabfeld" – seit dem Aufstieg in die BOL.
Sieger kann Anschluss herstellen
In diesem Kellerduell geht es nach einem Viertel der Saison für beide bereits um sehr viel. Wer verliert, steckt erst mal hinten fest. Oder positiv ausgedrückt: Wer gewinnt, kann sich ein Stück weit ans hintere Mittelfeld anhängen. Mental hat Grell mit seiner Truppe im Nachhinein auch gearbeitet. "Schönreden und Ausreden gibt's sowieso nicht bei uns. Jeder Einzelne hat sich kritisch hinterfragt und bewusst gemacht, wie wieder so was passieren konnte. Ob man bis zum Letzten verteidigt hat oder dieses Foul machen musste." Es bleibe aber festzustellen, dass es eine positive Leistung war. Dort, in München, habe noch keiner bis zur 93. Minute geführt.
Sonst habe es aber kein Nachkarten gegeben. "Unsere volle Konzentration lag auf diesem nächsten Spiel, aber mit der nötigen Lockerheit und dem nötigen Spaß am Fußball. Bei allem Ernst der Situation müssen wir uns die Lockerheit erhalten", weiß Grell. Und man schaute, wie man die drei Stammspieler Creighton Braun (Kreuzbandriss), Jens Trunk und Marcel Volkmuth (beide fünfte Gelbe Karte), alle drei von der Abteilung Sicherheit nach hinten und Arbeiten nach vorne, ersetzen kann.
"Wer sich aufdrängt, sich in guter Verfassung zeigt. Wir sind gerade auf diesen Positionen am stärksten bestückt, von der Qualität mehrerer Spieler absolut überzeugt und gut aufgestellt. Wir blicken positiv nach vorne und freuen uns auf das Spiel. Aber wir wollen den Sieg, das ist das Wichtigste", betont Grell.