Für Sandro Wagner war es schon ein seltsamer Weg, den er von Sonntag bis Donnerstag gegangen ist: Vom Mikrofon weg als ZDF-Kommentator beim EM-Endspiel in London, über das Trainingsgelände in Unterhaching zum letzten Schliff für die ihm kurz zuvor anvertraute junge Mannschaft der SpVgg Unterhaching, bis ins Grabfeld zum Saisoneröffnungsspiel.
Natürlich, sagte der Ex-Nationalspieler beim Trainergespräch nach dem Schlusspfiff des Regionalliga-Eröffnungsspiels zwischen dem TSV Aubstadt und seiner SpVgg Unterhaching (0:0), habe er vorher gewusst, wo Aubstadt liegt, "wenn auch noch nicht lange", und jeden TSV-Spieler habe er über alle verfügbaren Videos kennengelernt, "von einigen sogar die Geschwister". Woher, das wolle er hier nicht verraten, "erst beim Rückspiel in Haching".
Beifall vom Publikum
Dann aber wurde er sofort wieder seriös wie am Kommentatoren-Mikro: "Danke an das faire Aubstädter Publikum, das meiner jungen Mannschaft einen herrlichen Rahmen geboten hat." Den ersten Beifall hatte er schon mal. "Wir haben uns sicherlich mehr vorgenommen als das, was wir gezeigt haben. Wir hatten keine guten Torabschlüsse und bei mehreren sehr guten Chancen des Gegners auch mal das Glück auf unserer Seite. Aber noch mal: Ich hatte von 18 Spielern elf aus der U19 dabei. Deshalb war es für die Entwicklung unserer neuen Mannschaft ganz, ganz wichtig, dass wir nicht verloren haben."
Die Demut, von der er vor dem Spiel sprach, hielt sich bis in diese Pressekonferenz auf dem Platz hinterher: "Dafür bin ich sehr dankbar." Wie das mit dem "sehr viel Bock nach Aubstadt zu fahren" sei, darauf bezog er sich allerdings nicht mehr. Und ob er das Glas eher halb voll oder halb leer sehe, sagte er im Brustton der Überzeugung und als ob diese Frage überflüssig sei: "Halb voll natürlich. Für mich immer halb voll, nicht nur wegen dieses Spiels hier, mein ganzes Leben ist das so."
Kleinhenz gratuliert seinen Spielern
Was blieb Victor Kleinhenz, dem Trainer des TSV Aubstadt, denn auch anderes übrig, als in dieselbe Kerbe zu schlagen: "Für mich natürlich auch halb voll." Nebenbei: Was den Optimisten und Positivdenker betrifft, sind sich die beiden schon sehr ähnlich. Die Leistung seiner Mannschaft indes fand Kleinhenz "bärenstark. An der Verwertung von Torchancen müssen wir noch arbeiten. Dem Gegner haben wir dafür ganz wenig bis gar keine zugelassen."
Noch deutlicher wurde er mit dem, was er seinen Jungs im Spielerkreis zu sagen hatte: "Ich denke, wir sind uns alle einig. Das war ein exzellenter Auftritt, zu dem wir uns gratulieren müssen. Ich glaube, vorher hätten wir das 0:0 unterschrieben gegen eine Mannschaft mit dieser Qualität. Jetzt im Nachhinein nehmen wir es halt mit. Aber wir müssen aufpassen, es wäre mehr drin gewesen."
Solche Spiele könnten auch mal in die ganz andere Richtung gehen. "Wir haben aber eine sehr gute Mischung gefunden zwischen dem Zug zum Tor und trotzdem den kühlen Kopf bewahren. Das haben alle, die drin waren, die reingekommen sind und auch die draußen richtig gut gemacht. Jetzt geht es drum, dass wir das realistisch einschätzen. In dieser Liga bestehen wir nur, wenn wir in jedem Spiel dasselbe Engagement, dieselbe Spannung und Konzentration an den Tag legen."