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Triathlon
Michael Pörtner ist jetzt selbst ein Teil des Ironman-Mythos
Vom Sportmuffel zum Ironman: Vor sieben Jahren hat Michael Pörtner den Krebs besiegt und danach den Sport für sich entdeckt. In Thun hat er jüngst seinen ersten Ironman-Triathlon gefinisht. Was treibt ihn an?
You are an Ironman: Michael Pörtner (im Bild) beim Zieleinlauf in Thun. 
Foto: FinisherPix | You are an Ironman: Michael Pörtner (im Bild) beim Zieleinlauf in Thun. 
Björn Hein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:50 Uhr

3,8 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren in den Schweizer Alpen und 42,195 Kilometer Laufen. Für manche wäre das ein Silvestervorsatz, den man, verteilt über das Jahr, angehen könnte. Nicht so für Michael Pörtner (37) aus Heustreu im Landkreis Rhön-Grabfeld. Er bewältigte diese enorme Kraftanstrengung in 13 Stunden und 25 Minuten beim Ironman-Triathlon in Thun in der Schweiz. "Es war einfach überwältigend", erinnert er sich zurück, "nach all den Vorbereitungen und Strapazen beim Einlauf ins Ziel diese Worte aus dem Lautsprecher zu hören: Michael, you are an Ironman".

Für seine Premiere hatte er sich mit dem Rennen in der Schweiz gleich eine unglaubliche Herausforderung herausgesucht. So galt es in den Bergen beim Radfahren 2200 Höhenmeter zu überwinden. Und das Schwimmen im See bei 18,4 Grad kostete schon beim Einstieg Überwindung, wie Pörtner bemerkt. Dass er das Ziel, als Finisher einzulaufen, jemals erreichen würde: Damit hätte der Heustreuer niemals gerechnet. "Ich war schon immer vom Mythos Ironman begeistert und habe die Athleten bewundert, die derartige Leistungen erbringen können", sagt er. Noch vor einigen Jahren hätte er wohl darüber gelacht, wenn ihm einer gesagt hätte, dass er einmal einen Triathlon absolvieren werde.

Auf dem heimischen Laufband übt Michael Pörtner, wenn das Wetter schlecht ist.
Foto: Björn Hein | Auf dem heimischen Laufband übt Michael Pörtner, wenn das Wetter schlecht ist.

Nach einer Krebserkrankung begann er erst im Jahr 2018 als "absoluter Nichtsportler", wie er betont, mit dem Laufen. Pörtner kann sich noch genau an den Schicksalsschlag erinnern, 2014 war das. Als er vom Arzt hörte, dass er Hodenkrebs habe, war das für ihn ein traumatischer Moment. Er fürchtete, dass das sein Todesurteil sein könnte. Am selben Tag wurde er damals noch operiert, eine stationäre Chemotherapie im Krankenhaus schloss sich an. Aber: Michael Pörtner gab schon damals nie auf. Mit großer Unterstützung seiner Frau Katja und seines Sohnes Hannes kämpfte er sich ins Leben zurück.

Nachdem er erkannt hatte, was für ein großes Geschenk das Leben ist, änderte er sein Verhalten radikal. Er gab das Rauchen auf und wurde sportlich aktiv. Mit dem Training kam er auch auf den Geschmack. Im Mai 2019 absolvierte er in Würzburg seinen ersten Halbmarathon, im Oktober 2019 in Frankfurt seinen ersten Marathon. Die olympische Distanz (1670 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und zehn Kilometer Laufen) meisterte er erstmals beim Mainfranken-Triathlon in Kitzingen. Und nun der Langdistanz-Wettbewerb in der Schweiz. Eigentlich unüblich, da für Neulinge ein solch schwieriger Einstieg nicht empfohlen wird.

Den Hochzeitstag verbringt Michael Pörtner auf dem Rad

Doch zuvor hieß es trainieren. "An unmittelbaren Trainingsvorbereitungen für den Triathlon bin ich rund 4800 Kilometer Fahrrad gefahren, 1500 Kilometer gelaufen und war zwei- bis dreimal die Woche schwimmen", beschreibt er das Programm der vergangenen neun Monate. Rund zehn bis zwölf Stunden in der Woche habe er im Schnitt trainiert, "es waren aber auch Wochen mit maximal 21 Stunden dabei", sagt er. 

Auch am Hochzeitstag saß Michael Pörtner (im Bild) auf dem Rad.
Foto: Björn Hein | Auch am Hochzeitstag saß Michael Pörtner (im Bild) auf dem Rad.

Glücklicherweise erfuhr er von seiner Familie und seinen Eltern große Rückendeckung. Doch nicht nur körperlich war die Vorbereitung oft schwer. An einen Tag erinnert er sich noch sehr genau. "Meine härteste Trainingseinheit war an meinem Hochzeitstag. Es standen 180 Kilometer Radfahren auf dem Programm, draußen nieselte es. Ich rief meinen Trainer Wolfgang Müller an, ob er einen Tipp habe, wie ich mich motivieren könnte. Er sagte nur: Michael, du willst im Ziel die Worte hören: you are an Ironman. Nur das ist deine Motivation. Und meine Frau Katja hat mich hier unterstützt und mich zum Trainieren ermutigt", so Michael Pörtner.

Neben dem Laufen entwickelte sich das Schwimmen zu seiner Paradedisziplin: Eigentlich war sie zuerst Pörtners Sorgenkind, vor eineinhalb Jahren konnte er noch überhaupt nicht Kraulen. "Nach fünf Metern bin ich fast abgesoffen", sagt Pörtner, obwohl er natürlich schwimmen kann. Aber richtiges Kraulen will gelernt sein. Im Triamare in Bad Neustadt sah er erst einmal den Schwimmern des VfL Sportfreunde zu, wobei ihm Jannik Heptner ins Auge fiel, der eine grandiose Technik hatte.

Das Kraulen kann man auch gut in den heimischen Gewässern üben. Beim Wettbewerb vor Ort ist man im Freien.
Foto: Björn Hein | Das Kraulen kann man auch gut in den heimischen Gewässern üben. Beim Wettbewerb vor Ort ist man im Freien.

"Ich habe ihn einfach angesprochen und er meinte, dass er mir die Technik beibringen könnte." Nach zahlreichen Trainingseinheiten im Schwimmbad übte Pörtner zur unmittelbaren Vorbereitung auf das Rennen im Ellertshäuser See. "Freiwassertraining ist sehr wichtig, da man hier nur begrenzte Sicht hat und den Grund nicht sieht. Manche bekommen da Panik", sagt Pörtner. 

"Team Michael" war in Thun vor Ort

Natürlich sind passende Trainingspläne unerlässlich. Sein Trainer, Wolfgang Müller vom Life Gesundheitstraining in Bad Neustadt, arbeitete sie individuell aus. Große Unterstützung in Sachen Triathlon-Rad erhielt Pörtner von einem Team um Michael Hippeli, der früher selbst Ironman-Triathlons absolvierte und inzwischen in Nordheim/Rhön einen Cube-Store betreibt. In die Schweiz zum Rennen begleiteten ihn seine Frau Katja und sein Sohn Hannes, ausgestattet mit eigens angefertigten T-Shirts, auf denen "Team Michael" stand.

Ohne mentale Unterstützung geht es nicht. Mit diesem T-Shirt feuerten seine Frau uns sein Sohn Michael Pörtner bei seinem ersten Triathlon an.
Foto: Björn Hein | Ohne mentale Unterstützung geht es nicht. Mit diesem T-Shirt feuerten seine Frau uns sein Sohn Michael Pörtner bei seinem ersten Triathlon an.

Doch perfekte Planung ist das eine. Kurz vor dem Rennen setzte bei Pörtner das Lampenfieber ein. "Vor dem Renntag war ich unheimlich aufgeregt, ich konnte in der Nacht nicht schlafen." Zu seiner Frau sagte er: "Ich weiß nicht, woher ich die Kraft nehmen soll, das durchzustehen." Sie aber habe ihn immer wieder bestätigt: "Du schaffst das." Lang war die Nacht sowieso nicht, um 3.50 Uhr hieß es Aufstehen. "Start war um 7 Uhr, wir hatten eine Außentemperatur von zwölf Grad. Ich konnte mir an diesem Morgen nicht vorstellen, dass ich diesen Tag überstehen werde und habe mich gefragt, was ich hier eigentlich mache", kamen ihm Zweifel. Er überwand sich und stieg ins eiskalte Wasser. "Nach zehn Minuten im Wasser und als die Sonne über die Alpen spitzte, legte sich meine Nervosität und ich konnte gleichmäßig meine Kraulzüge ausführen", so Pörtner.

Der ersehnte Satz: "Michael, you are an Ironman"

Unterwegs kamen bei ihm immer wieder die Emotionen hoch: Der Weg, den Michael Pörtner bis hierhin zurückgelegt hatte, war lang und steinig. Sein Körper steckte die Strapazen gut weg, alles lief an dem Tag rund. An der Wegstrecke feuerten ihn seine Frau und sein Sohn an, das gab ihm noch einmal zusätzlichen Antrieb. Höhepunkt waren 13 Stunden und 25 Minuten nach dem Start die erlösenden Worte des Stadionsprechers im Ziel: "Michael, you are an Ironman."

Michael Pörtner hat es geschafft. Er hat seinen ersten Triathlon in Thun in der Schweiz bewältigt.
Foto: Björn Hein | Michael Pörtner hat es geschafft. Er hat seinen ersten Triathlon in Thun in der Schweiz bewältigt.

Michael Pörtner hat seine nächsten Ziele schon im Kopf. 2022 je ein Triathlon auf olympischer und Mittel-Distanz, der Frankfurt-Marathon und dann 2023 die Langdistanz beim Ironman in Hamburg. Ein Leben ohne Sport kann sich Michael Pörtner nicht mehr vorstellen. Und da gilt es manchmal auch, Dinge zu wagen, die man für nicht möglich hält. Michael Pörtners Motto? Ein Zitat des Boxers Muhammad Ali: "Wer nicht mutig genug ist, Risiken einzugehen, wird es im Leben zu nichts bringen."

 
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