
Die Muskeln von Michael Pörtner schmerzen noch ein wenig. Doch das tut seiner guten Stimmung keinen Abbruch. Schließlich hat er ein großes Ziel erreicht: Am 27. Oktober hat er in Frankfurt seinen ersten Marathon absolviert.
Für ihn war die Absolvierung des Laufs allerdings nicht nur eine rein sportliche Angelegenheit. 2014 wurde bei ihm Hodenkrebs festgestellt.Pörtner besiegte die Krankheit. Für ihn war das ein Wendepunkt. Denn ab da begann er mit dem Laufen. "Mir wurde mit der Heilung sozusagen ein neues Leben geschenkt", ist der Heustreuer noch heute dankbar. "Vorher hatte ich absolut keine Lauferfahrung, nach einer Vorbereitungszeit von 18 Monaten war ich soweit, dass ich einen Marathon laufen konnte", ist Pörtner stolz.
"Die Atmosphäre war großartig. Gemeinsam mit 26 000 Teilnehmern ging es durch die Häuserschluchten Frankfurts", ist der Heustreuer immer noch begeistert. Ohne zwei Menschen hätte er diese Leistung nicht geschafft. "Unterstützt wurde ich von meiner Frau Katja und unserem Sohn Hannes". Sie begleiteten ihn nicht nur nach Frankfurt. Sie ließen es sich auch nicht nehmen, ihn an der Strecke anzufeuern. Pörtner erinnert sich genau: Bei Kilometer 36 standen die beiden und gaben ihm noch einmal den nötigen Auftrieb, den Lauf zu beenden.
Eine Stadt im Marathonfieber
Die Stimmung war gigantisch, sagt Pörtner: "Tausende Zuschauer jubelten am Straßenrand, man hatte das Gefühl, als wäre die ganze Stadt im Marathonfieber. Von diesem wurde man spätestens dann auch prompt infiziert".
Natürlich brauchte er dafür ein spezifisches Training. Dieses erarbeitete er sich autodidaktisch, er recherchierte viel im Internet. Rund drei Monate trainierte er ausschließlich für den Marathon. Innerhalb der letzten Wochen absolvierte er sechs lange Läufe über eine Distanz von 30 bis 35 Kilometern. Das sei nicht nur kräfte-, sondern auch zeitraubend gewesen. Hinzu kamen etliche Intervalleinheiten und kürzere Läufe. Besonders den Puls und die Geschwindigkeit hatte Pörtner dabei im Blick. Unterstützung erhielt er bei den Vorbereitungen von mehreren Seiten. Zum einen gaben ihm seine Frau und sein Kind mentalen Rückhalt, zum anderen unterstützen ihn seine Eltern Gabi und Reinhard Pörtner. "Ohne meine Familie hätte ich den Marathon nicht geschafft", ist sich Michael Pörtner sicher.
Respekt für die Hobbyläufer
Gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn reiste er am Vortag nach Frankfurt. Dort besuchte er die Marathonmesse und holte sich seine Startunterlagen ab. Hier hatte er auch eine interessante Begegnung: Er war bei einem Live-Interview von Jan Frodeno vor Ort, der unter anderem in diesem Jahr den Ironman in Hawaii gewonnen hatte. "Frodeno zollte den Hobbyläufern seinen Respekt, die ja aus eigenem Antrieb trainieren müssen. Das hat mir Auftrieb gegeben", sagt Pörtner. Und auch die Aufregung stieg - wurde ihm doch jetzt erst so richtig bewusst, dass er auf den Marathon so lange und sehr hart trainiert hat.

Dementsprechend unruhig war die Nacht vor dem großen Event. Als Michael Pörtner endlich an der Startlinie im Pulk der Läufer stand, empfand er große Dankbarkeit. "Diesen Moment in voller Gesundheit erleben zu dürfen, war für mich ein Geschenk. Vor genau fünf Jahren hatte ich die Diagnose Hodenkrebs erhalten und jetzt durfte ich gesund hier in Frankfurt dabei sein". Doch zum Nachdenken blieb nicht viel Zeit. Auf den ersten drei Kilometern gelang es Pörtner zunächst nicht, seinen Rhythmus zu finden. Zu groß war das Teilnehmerfeld. "Ab Kilometer vier wurde das dann aber besser", so Pörtner. Er achtete auf Puls und Geschwindigkeit, die ersten Kilometer gingen leicht von der Hand.
Wenn der "Mann mit dem Hammer" zuschlägt
Doch ab Kilometer 33 schlug der berühmte "Mann mit dem Hammer" zu – der Lauf wurde zunehmend härter und sehr anstrengend. "Wenn die Beine schwer werden und schmerzen, dann fragt man sich schon, warum man sich das antut. Mit positiven Gedanken versuchte ich mich zu motivieren, was auch klappte", erinnert sich der Heustreuer. Viele Läufer hätten in Frankfurt zu diesem Zeitpunkt aufgegeben, für ihn war es keine Option. Umso emotionaler sei für ihn der Zieleinlauf über den roten Teppich in der Frankfurter Festhalle gewesen. "Ein unvergesslicher Moment", so Pörtner. In 3 Stunden, 43 Minuten und 41 Sekunden hatte er den Marathon geschafft und dabei sein eigenes Ziel erreicht, unter vier Stunden zu bleiben. Umgerechnet bedeutete dies ein Schnitt von 11,28 Kilometern pro Stunde oder 5:19 Minuten pro Kilometer. Eine Teilnahmemedaille sowie in T-Shirt mit seiner Zeit haben seitdem in der Wohnung in Heustreu einen Ehrenplatz. "Ich bin überzeugt, dass das Projekt Marathon für viele ein machbares Ziel ist, das mit viel Ehrgeiz absolut realisierbar ist. Mentale Stärke ist hier sicherlich ebenso wichtig wie körperliche Fitness", meint Michael Pörtner.

Doch jetzt heißt es für ihn erst einmal auszuruhen, bevor er sich einem neuen Projekt widmet. Der Marathon hat ihm auf jeden Fall in die Augen geöffnet. "Ich kann da nur dem Zitat Emil Zátopeks zustimmen, der sagte 'Wenn du laufen willst, lauf eine Meile. Wenn du eine andere Welt kennenlernen willst, lauf einen Marathon.'"