Der Winter ist für Radsportlerinnen und Radsportler nicht gerade eine beliebte Jahreszeit. Wenn die Tage kürzer werden, die Temperaturen in den Keller gehen und die Niederschläge zunehmen, gehört schon viel Disziplin dazu, sich trotzdem aufs Rad zu schwingen und sich den eisigen Wind ins Gesicht wehen zu lassen. Dass das Radfahren aber auch bei ungemütlichen äußeren Bedingungen Spaß machen kann, hat die Nordheimerin Svenja Betz in den letzten Monaten erfahren. Nach dem Ende ihrerersten Profi-Saison im Straßenradsport konnte die 26-Jährige ihre Beine nämlich nicht lange hochlegen. Und so entdeckte sie eher zufällig eine Teildisziplin des Radsports, die für die kalte Jahreszeit geradezu prädestiniert ist: Radcross.
Tragen des Rades gehört zum Radcross dazu
"Ich bin sehr naturverbunden und mir gefällt es, im Dreck und Matsch zu fahren", gibt die Nordheimerin zu. Radcross, auch Cyclocross oder Querfeldeinfahren genannt, wird fast ausschließlich im Herbst und Winter auf teils unbefestigten Wegen ausgetragen. "Da ich auch gerne Mountainbike fahre, wollte ich Radcross im letzten Winter schon ausprobieren, aber dann kam wieder einmal Corona dazwischen", sagt Betz. Im Gegensatz zum Mountainbikesport wird beim Radcross auf speziellen Rennrädern - mit breiteren Reifen - gefahren, die keine Feder haben. "Auch die Strecken sind technisch nicht ganz so anspruchsvoll und die Renndistanz meist deutlich kürzer", erklärt Betz.
Gefordert werden die Sportlerinnen und Sportler in den meist gut 40 Minuten dauernden Rennen aber trotzdem. Gefahren werden mehrere kurze Runden, in denen einige Hindernisse zu bewältigen sind. Das können sandige Passagen, Treppen, Hürden oder tiefe Matschlöcher sein. "Wenn da die Fahrerinnen und Fahrer ein paar Mal durchgefahren sind, verändert sich die Strecke während des Rennens oft auch noch einmal", so Betz. Auch kurze knackige Anstiege, die einen zum Absteigen zwingen, sind keine Seltenheit. Das Bild einer Fahrerin, die ihr Rad schultert und den schlammigen Berg hinauf trägt, gehört zu dieser Sportart auf jeden Fall dazu.
Svenja Betz gelingt beim ersten Cross-Rennen gleich ein Sieg
"Im November bin ich das erste Mal ein Cross-Rennen in Erfurt gefahren, das ich sogar direkt gewonnen habe", sagt Betz. Die neue Disziplin machte ihr so viel Spaß, dass sie am Tag darauf spontan gleich ein zweites Mal startete. Eigentlich gar nicht geplant war ihr Start bei der deutschen Cyclocross-Meisterschaft in Luckenwalde. "Da aber sehr viele Rennen Corona-bedingt abgesagt wurden, wollte ich einfach alles fahren, was ging." Also machte sich die Nordheimerin zusammen mit ihrer Mutter Anke Anfang Januar auf den Weg nach Brandenburg.
"Als ich das erste Mal auf dem Kurs gefahren bin, dachte ich mir: Was mache ich hier nur? Das ist doch viel zu technisch und schwierig", erinnert sich Betz. Nach den ersten Runden lernte sie jedoch relativ schnell, wie die technischen Passagen zu fahren waren und beendete das Rennen letztlich auf dem siebten Platz. "Das Ergebnis war zweitrangig und auch wenn der Spaß im Vordergrund stand, so war es letztlich doch ein gutes Training für die anstehende Straßensaison - vor allem in Sachen Bikehandling und schnelle Antritte." Zu verschmerzen war da auch eine lästige Aufgabe am Tag danach: das Putzen des kompletten Autos, in dem das Rad transportiert worden war.
Vorfreude auf das Trainingslager in Spanien
Das wird ihr in der nächsten Zeit erst einmal erspart bleiben, denn im Februar beginnt für die 26-Jährige die Vorbereitung auf ihre zweite Profi-Saison im Straßenradsport. Mit ihrem belgischen Team "Illi-Bikes Cycling", ehemals Rupelcleaning, will sie bei den Frühjahrsklassikern in Belgien für Aufsehen sorgen. "Die erste Saison war zum Warmwerden und Kennenlernen. Ich bin gespannt, ob ich mich noch etwas weiter entwickeln kann", sagt Betz. Trotz ihres Abstechers zum Radcross sei die Vorbereitung im Winter nicht optimal gewesen. "Ich hatte in den letzten Monaten ein Praxissemester an einem Gymnasium in Münster. Sport und Schule unter einen Hut zu bekommen, war nicht immer einfach. Daher konnte ich auch nicht ganz so viel trainieren."
Das kann sie dann Ende Februar nachholen, wenn sie mit ihrem Team erstmals ein Trainingslager in Spanien absolvieren wird. "Ich freue mich schon richtig auf die kommenden Wochen und Monate. Zu großen Druck mache ich mir nicht, denn der Radsport ist immer noch nur ein Hobby, mit dem ich kein Geld verdiene", macht Betz deutlich.