Wohin er auch kam in dieser Woche, mit wem immer er sprach, um dieses Thema kam er nicht herum. Jeden Morgen im Café in Bad Königshofen wurde er darauf angesprochen. Auch am Dienstagabend, beim Spiel gegen die Würzburger Kickers. "Alleine da bestimmt 50 Mal", sagt Peter Grunau. Die vergessene Schuhbox. Eine Geschichte, die nicht so bald in Vergessenheit geraten wird.
"Das war mein Fehler", denkt Grunau zurück an Karsamstag. Der TSV Aubstadt war in der Fußball-Regionalliga Bayern auswärts beim FC Memmingen gefordert. Frühmorgens stand der Mannschaftsbus vor dem Sportheim in Aubstadt zur Abfahrt bereit. Zu Grunaus Aufgaben als Betreuer gehört es, die Ausrüstung der Spieler in den Bus zu verladen. Dieses Mal fehlte eine Kiste. Die, in der Schuhe der Fußballer gesammelt und mitgenommen werden.
Peter Grunau gefällt es, Teil des Teams um die Fußballer des TSV Aubstadt zu sein
Peter Grunau ist 66 Jahre alt und Rentner. Er stammt aus Sondheim/Grabfeld, lebt seit einigen Jahren in Bad Königshofen. Als er noch in Aubstadt wohnte, begann er, sich ehrenamtlich beim TSV zu engagieren. Er half mit, wo er gebraucht wurde, unterstützte vornehmlich den damaligen Betreuer Ottmar Schulz. Teil des Teams um die Fußballer zu sein, gefiel Grunau. "Ich habe mir gedacht, da bleibe ich dabei. Irgendwann hat es dann geheißen: Der Peter ist dabei, der kümmert sich."
Um die Zeit, als der TSV Aubstadt den Sprung aus der Landesliga Nord in die Bayernliga Nord schaffte, wuchs der Aufgabenbereich von Peter Grunau. Dann kamen gesundheitliche Probleme. Ein Herzinfarkt, als er sich in Trappstadt ein Fußballspiel ansah. Ein zweiter bei der Arbeit in Bad Neustadt. Mitte 2014 war das. Zehn Gefäßoperationen folgten.
Bis es ihm besser ging, verging einige Zeit. "Ich habe fast drei Jahre pausiert", erzählt Grunau. Er steht vor dem Kabinentrakt des Vereinsheims des TSV Aubstadt. Dem Ort, an dem er "70 bis 80 Prozent" seiner Zeit verbringt. Er ist Betreuer bei den Regionalliga-Fußballern. Zeugwart könnte man Grunau auch nennen. Er ist dafür verantwortlich, dass alles passt mit der Ausrüstung.
Ihre Schuhe müssen die Spieler selbst putzen
Der Abpfiff droben auf dem Spielfeld ist für Peter Grunau der Anpfiff drunten in den Katakomben. "Nach dem Spiel wird gleich gewaschen", erklärt er. Am nächsten Tag hängt er die Klamotten auf. Dazu zählen nicht nur Trikots, Hosen und Stutzen, sondern beispielsweise auch die T-Shirts, die die Spieler zum Aufwärmen tragen.
"Den Trockner nutze ich nicht so gerne. Ich finde, er schadet der Beflockung." Anschließend räumt Grunau die Sachen in die Fächer der Spieler ein. Er kümmert sich um fast alles. Nur eines macht er nicht. Das hat er von Anfang an klargestellt: "Die Schuhe müssen die Spieler selbst putzen."
Es ist kurz nach 13 Uhr am Karsamstag. Im Stadion in Memmingen sucht Patrick Hofmann das Gespräch mit Peter Grunau. Der Mittelfelsspieler habe gefragt, ob die Kiste mit den Schuhen schon in der Kabine sei, sagt Grunau. Ist sie nicht. Also schaut er im Bus nach. Da ist sie ebenfalls nicht. "Auweia. Ich habe die Schuhbox vergessen", setzt bei Grunau die bittere Erkenntnis ein.
Grunau nimmt das Missgeschick ziemlich mit. Rast- und ruhelos streift er auf der Tribüne des Memminger Stadions von links nach rechts, von rechts nach links. Zwischendurch nimmt er auf der Treppe des Mannschaftsbusses Platz. Er braucht diesen zurückgezogenen Moment der Ruhe, um seine Gedanken zu ordnen.
In der Zwischenzeit kaufen andere aus dem TSV-Tross in einem Sportgeschäft in Memmingen elf Paar neue Fußballschuhe. Steffen Behr trägt eines davon und erzielt kurz nach der Pause den 1:0-Siegtreffer für seine Mannschaft. Das Resultat tut auch Peter Grunau gut: "Die Heimfahrt war recht entspannt. Ich saß wie immer im Bus in der dritten Reihe und habe das Memminger Stadionheft durchgeblättert."
Am nächsten Tag, als sich die Mannschaft zum Training wiedertraf, trat Peter Grunau in den Spielerkreis. "Ich habe gesagt, dass mir leidtut, was passiert ist, und dass es nicht wieder vorkommen soll. Es war mir äußert peinlich. Alle, Trainer und Spieler, haben es akzeptiert." Intern war die Sache damit ausgestanden. "Es ist passiert und lässt sich sowieso nicht mehr ändern. Schlimmer wäre es gewesen, wenn wir das Spiel in Memmingen verloren hätten", sagt Peter Grunau und ergänzt: "Ich kann inzwischen selbst darüber lachen." Das wird Peter Grunau in Zukunft wohl noch oft müssen.
Kabarettist Fredi Breunig wird die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten lassen
Kabarettist Fredi Breunig – er war nach Memmingen mitgefahren und bekam vor Ort alles mit – habe ihn schon gewarnt, sagt Peter Grunau. Er werde die Geschichte bei seinen Auftritten verwenden. Sie wird also garantiert nicht in Vergessenheit geraten.