Auf der gut vierstündigen Heimfahrt aus München wird der eine oder andere Spieler des TSV Aubstadt am Samstagabend sicher auch mal einen zufriedenen Blick auf die Tabelle der Fußball-Regionalliga Bayern geworfen haben. Immerhin sind die Aubstädter nach dem verdienten 3:1-(1:0)-Erfolg beim Tabellenletzten Türkgücü München mittlerweile auf Rang acht angekommen, was kurz vor der Winterpause zugleich die beste Platzierung der laufenden Saison bedeutet. Entspanntes Tabellenmittelfeld statt nervenaufreibender Abstiegskampf also? Mitnichten! Die beiden Letzten Türkgücü München und Eintracht Bamberg verlieren zwar so langsam den Anschluss ans rettende Ufer, davor aber liegt das Feld weiterhin eng zusammen.
Vladyslav Vertiei steht erstmals seit Anfang August wieder im Tor
Acht Punkte beträgt aktuell der Vorsprung des TSV Aubstadt auf den ersten Abstiegs-Relegationsplatz, doch einige hinter den Grabfeldern platzierte Teams haben noch ein oder sogar zwei Nachholspiele in der Hinterhand. Umso wichtiger war am Samstagnachmittag der Aubstädter Dreier beim Schlusslicht im Münchner Dantestadion, das gut eine Stunde vor Spielbeginn noch von den letzten Schneeresten befreit worden war. "Unterm Strich ging es heute einzig und allein darum, das Spiel zu gewinnen. Das Wie spielte dabei keine Rolle", sagte nach dem Schlusspfiff ein erleichterter und zufriedener TSV-Trainer Julian Grell.
Der ist in dieser Saison immer wieder einmal für eine Überraschung gut und bot, zum Teil notgedrungen durch die vielen verletzungsbedingten Ausfällen, zuletzt gleich einige Spieler auf für sie eher ungewohnten Positionen auf. Bestes Beispiel ist der gelernte Mittelstürmer Marco Nickel, der Ende Oktober gegen den FC Eintracht Bamberg plötzlich in der Innenverteidigung aufgetaucht war und zuletzt den Abräumer in defensiven Mittelfeld gab. Dass der 25-Jährige auch im verschneiten München auf dieser Position überzeugte, kam nicht überraschend. Ganz im Gegensatz zum Wechsel auf der Torwartposition, wo Vladyslav Vertiei erstmals seit dem dritten Spieltag wieder den Vorzug vor Max Böhnke erhielt.
"Wir wollten vor solch einem wichtigen Spiel ganz einfach noch einmal ein paar Spitzen setzen, um die Sinne zu schärfen", erklärte Grell den Torwarttausch. Bereits vor dem Hinspiel hatte der TSV-Coach die Torhüter gewechselt, damals von Vertiei zu Böhnke. Hauptdarsteller im altehrwürdigen Dantestadion waren letztlich aber andere. Allen voran Max Grimm, der bereits beim 2:1-Hinspielsieg der Matchwinner war und auch diesmal als Dosenöffner fungierte. Gerade einmal zwölf Minuten waren gespielt, da zog der 21-Jährige aus fast 30 Metern einfach mal ab und erwischte den zu weit vor seinem Tor stehenden Iason Drobny, Sohn des Ex-Bundesligatorhüters Jaroslav Drobny, auf dem falschen Fuß.
In den folgenden Minuten hätten die zunächst stark aufspielenden Gäste das Spiel bereits frühzeitig entscheiden können, doch Pitter stand allein vor dem Tor knapp im Abseits (14.), ein Kopfball von Loris Maier landete nur auf dem Tor (16.) und Luke Hemmerich, der diesmal auf dem rechten Flügel aufgeboten wurde, scheiterte nach einer starken Balleroberung an Drobny (21.). "Wir haben sehr gut begonnen und hätten in dieser Phase zwingend das zweite Tor machen müssen, um Ruhe reinzubekommen", sah es Grell.
Da das 2:0 zunächst aber ausblieb, verloren die Aubstädter wie schon zuletzt gegen Illertissen und Fürth II nach und nach etwas die Kontrolle. "Ab der 25. Minute haben wir Probleme bekommen", sagte Grell. Woran das lag? "Im Fußball können oft Kleinigkeiten ein Spiel zum Kippen bringen. Ich habe vor einiger Zeit eine Doku gesehen, wo Javier Martinez erklärt, wie der FC Bayern 2013 das Champions-League-Finale gegen Dortmund durch kleine Zweikämpfe auf seine Seite gezogen hat."
Der Pfosten verhindert kurz nach der Pause den Ausgleich
So war es auch am Samstag in München, wo der Tabellenletzte Mitte der ersten Halbzeit plötzlich die Mehrzahl der Zweikämpfe gewann und so wieder an seine Chance glaubte. Auch nach dem Seitenwechsel taten sich die Aubstädter weiter schwer und bettelten fast ein bisschen um den Ausgleich. Richtig Glück hatte der TSV in der 57. Minute, als Vertiei an einem Flankenball vorbeiflog und Emre Tunc nur den Pfosten traf. Das 1:1 lag in der Luft, doch auf einmal jubelten die Aubstädter. Grimm hatte bei einem der selten gewordenen Konter Tempo aufgenommen und den mitgelaufenen Pitter bedient, der sich diese Chance nicht nehmen ließ und das wichtige 2:0 erzielte (61.).
"Das Tor kam genau zum richtigen Zeitpunkt, denn ansonsten wäre es hinten raus wahrscheinlich schiefgegangen", meinte auch Grell. Da Nickel nach einer Ecke knapp zehn Minuten später per Kopf den dritten Treffer nachlegte, brannte am Ende aber nichts mehr an. "Unterm Strich haben wir sicherlich verdient gewonnen", sagte Grell. Sollten es die Platzbedingungen zulassen, haben die Aubstädter am kommenden Samstag (14 Uhr) die Chance, mit einem weiteren Dreier zu Hause gegen Aufsteiger Schwaben Augsburg noch vor der Winterpause die 30-Punkte-Marke zu knacken.
Fußball: Regionalliga Bayern, Männer
Türkgücü München - TSV Aubstadt 1:3 (0:1)
München: Drobny - Kurija (67. Imsak), Hoppe, Lindner, Dzemailiji - Bekaj (86. Roßbach) - Tunc, Hutterer (81. Reich), Tosun - Gerstmayer, Abrangao (58. Nasuhi-Noah).
Aubstadt: Vertiei - Heinze, Mrozek, Behr, Stahl (83. Koch) - Nickel - Hemmerich, Hatman (63. Ott), Maier, Pitter (86. Falaye) - Grimm (89. Degelman).
Schiedsrichter: Elias Tiedeken (Neusäß). Zuschauende: 214. Tore: 0:1 Max Grimm (12.), 0:2 Timo Pitter (62.), 0:3 Marco Nickel (70.), 1:3 Ünal Tosun (81.). Rot: Steven Roßbach (90. + 1, grobes Foulspiel, Türkgücü).