Weil der 1. FC Nürnberg am Samstag ein Heimspiel hat, findet die Regionalliga-Begegnung des FCN II gegen den TSV Aubstadt am Sonntag um 14 Uhr auf der Sportanlage Valznerweiher statt. Bringt es einen Vorteil für die Abschter, dass sie im Liga-Rhythmus den spielfreien Clubberern eine Partie voraus sind? Solche Spekulationen mag TSV-Trainer Julian Grell ebenso wenig wie jene vor dem Spiel bei Türkgücü München vor einer Woche. Er und seine Mannschaft waren denn auch gut beraten, nicht auf einen vermeintlich schwachen, weil neu formierten Gegner zu setzen. Sie holten den ersten Dreier im neuen Jahr (1:0) und machten sich den Rücken frei für eine sorgenfreie Restrunde von noch 13 Spielen. Als Tabellendritter "nach hinten den Abstand vergrößern und nach vorne verringern" sei das neu definierte Ziel, so der Torschütze Timo Pitter. Was die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte des TSV Aubstadt ergäbe.
Es scheint, als seien sich die Spieler dessen bewusst, so wie sie in München, 25 Minuten nach Eintreffen des Mannschaftsbusses, Anstoß machten und trotz des Handicaps unbeeindruckt loslegten. Grell hat für viele Stellschrauben eine Lieblingsvokabel. Wenn er von "Stabilität" spricht, ist das keine einfach so daher gesagte Floskel, die immer passt oder die er von Größen der Trainerzunft abgekupfert hat. Er füllt sie in Interviews und Teambesprechungen vor und nach dem Spiel glaubhaft mit Inhalt, was die Physis, Mentalität und Taktik betrifft. Und er lebt sie als Typ vor, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht, im Flow nicht abhebt und in der Niederlage nicht untergeht.
Dass ein Teil seines Spielerkaders schon alle sieben Regionalliga-Begegnungen gegen den "kleinen Club" mitgemacht hat, kommt ihm in doppelter Hinsicht zugute. Er hat eine gestandene, eingespielte Truppe im besten Durchschnittsalter (25,4). Die wiederum ist sich aufgrund der direkten Bilanz (ein Sieg, zwei Unentschieden, vier Niederlagen) der Stärke des Gegners bewusst. Trainer Andy Wolf (41), als Spieler beim FCN, Werder Bremen und dem AS Monaco aktiv, steht ein 25-Mann-Kader (21,2) mit Perspektivspielern für die erste Mannschaft zwischen 19 und 23 Jahren zur Verfügung. Irgendwie der Jugend geschuldet ist aber doch, dass seine Truppe das Hinspiel in der Schlussphase mit 1:2 verloren hat. Und dass sie als Tabellenneunter mit 14 Punkten hinter dem TSV liegt.
Die Trainer Andy Wolf und Julian Grell im Vergleich
An der Balance scheint es zu mangeln. Schließlich waren bisher Julian Kania, Nummer eins der Torjägerliste (15) und Pedro Narciso Muteba, Nummer zwei (12), das Top-Sturm-Duo der Liga. Der drittstärkste Angriff (45) hat die drittschlechteste Abwehr (42) hinter sich. Muteba, beim Club ausgebildet, wechselte in der Winterpause zum TSV 1860 München. Bemerkenswert ist der Vergleich der beiden Trainer Wolf und Grell. Beide sind bei dem Verein angestellt, bei dem sie am längsten und erfolgreichsten spielten. Wolf stieg mit dem Club 2004 in die Bundesliga auf und wurde 2007 DFB-Pokalsieger. Grell wirkte beim TSV beim Durchmarsch von der Landesliga bis zur Regionalliga mit. Aber: Wolf war Defensiv-Arbeiter. Seine jetzige Truppe brilliert durch Offensiv-Kraft. Grell war Sturmspitze und Torjäger. Sein Mantra lautet, "aus einer sicheren Abwehr heraus" zum Erfolg und der heißt bisher zweitbeste Abwehr. 0,7 Gegentore pro Spiel sind sein Beweismaterial.
Welche Schlüsse zieht er daraus? "Im Umkehrschluss heißt das, dass sie offensiv unheimlich viel Qualität haben. Diese versuchen wir durch eine stabile Defensive aus dem Spiel zu nehmen. Und selber müssen wir vor dem gegnerischen Tor mehr Willen zeigen und versuchen, mit der ersten Chance auch mal in Führung zu gehen, was uns mehr Sicherheit gäbe. Das im Hinspiel war ein reiner Abnutzungskampf." Ob man wieder mit dem 3-4-3-System spiele: "Angefangen haben wir ja mit Viererkette, jetzt meistens Dreierkette. Entscheidend ist aber nicht das System, sondern wie wir es mit Leben füllen. Für mich ist immer die Ausgangslage, dass wir defensiv stabil sind und darauf aufbauend offensiv Akzente setzen. Jeder muss mit zurück arbeiten und nach vorne mit anlaufen, egal bei welchem System auch immer."
Natürlich kehren auch einige ehemalige Clubberer an ihre Ausbildungsstätte zurück wie Leo Langhans, Tim Hüttl oder Philipp Harlaß. Ben Müller radelt ja noch durch Australien. Grell schwärmt geradezu von der Stimmung im Kader: "Es macht schon Spaß, diese Mentalität der Jungs zu sehen und mit ihnen arbeiten zu dürfen. Wir wollen aus einem guten Re-Start eine sehr gute Rest-Runde machen."